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Titel und Vorspann-1 - Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

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72<br />

Genossen mit den fertigen Bildern, je zwei an den Längswänden <strong>und</strong> ein Bild an der<br />

Stirnseite des Raumes. Mit einfachen <strong>und</strong> prägnanten Figurengruppen illustrierte er die<br />

Schriftzeilen: Wacht auf, Verdammte dieser Erde; Trotz alledem, es lebe die<br />

Weltrevolution; Heilig die letzte Schlacht; Im Osten wächst das Licht; Schon steigen an<br />

die Sklavenscharen <strong>und</strong> ihre alte Fessel bricht.<br />

Völker reflektierte in diesem Zyklus ausdrucksstark das politische Zeitgeschehen. Er<br />

knüpfte damit inhaltlich an die ebenfalls aus fünf Arbeiten bestehende Blattfolge<br />

„Schicksale“ von 1919 an. Formal sind die Arbeiten allerdings nicht zu vergleichen. Auf<br />

den wenige Jahre zuvor entstandenen Pinselzeichnungen stellte er Einzelfiguren gegen<br />

Massenszenen in einem dekorativen Schwingen <strong>und</strong> Wogen der Linien, so dass sich erst<br />

bei längerer Betrachtung der Inhalt der Blätter erschloss. Die Figurengruppen auf den<br />

Wandfresken des Sitzungssaales waren dagegen streng formal gebaut. Völker<br />

konzentrierte sich auf die Darstellung jeweils einer zentralen Gruppe. Die stark<br />

vereinfachten Gestalten wirkten vor allem durch den prägnanten sparsamen Gestus. Er<br />

thematisierte die in großer Armut lebende Arbeiterschaft, die Folgen von<br />

Novemberrevolution, Kapp-Putsch <strong>und</strong> der Märzkämpfe, die erhoffte<br />

Menschenallverbrüderung 472 , die junge Sowjetunion <strong>und</strong> die erträumte Weltrevolution.<br />

Durch die schlichte Bildsprache angeregt formulierte Fritz Kroh wenig später in der schon<br />

genannten Broschüre seine Vorstellungen von Kunst: „Die revolutionäre Kunst muß<br />

augenscheinlich, klar <strong>und</strong> einfach sein, so einfach, wie das Ziel der Arbeiterklasse, die<br />

kommunistisch organisierte Gesellschaft, gegenüber dem jetzigen Chaos ist.“ 473 In<br />

Völkers Bildern sah er diese neue Kunst. Zwar spricht aus dem nachfolgenden Text des<br />

Redakteurs Verständnis für das Suchen der Künstler auch nach neuen Formen, doch es<br />

blieb für ihn fragwürdig, ob „Kubisten, Expressionisten, Futuristen, Dadaisten <strong>und</strong> andere<br />

ähnliche, für die Arbeiterschaft ganz unverständliche <strong>und</strong> scheinbar wahnsinnige<br />

Richtungen“ den Beginn einer neuen Kunst anzeigen. 474<br />

Die Quellen für die <strong>Titel</strong> der Wandbilder hat bereits Ingrid Schulze weitgehend geklärt. 475<br />

So ist dem Kampflied „Internationale“ 476 die Zeile „Wacht auf, Verdammte dieser Erde“<br />

entnommen. Völker illustrierte sie durch die Gegenüberstellung zweier Figurengruppen:<br />

Einerseits eine Familie, die mit ihrer gebeugten, zusammengesunkenen Haltung<br />

Ausweglosigkeit ausdrückte <strong>und</strong> deren schmale Gesichter drastisch von Not gezeichnet<br />

472<br />

Richard Horn verwendete dieses Wort im Zusammenhang mit der Ausstattung des Parteilokals<br />

in: VB <strong>Halle</strong>, Nr. 241 vom 14.10.1920.<br />

473<br />

KROH 1922, S. 57.<br />

474<br />

Ebd., S. 56.<br />

475<br />

Vgl. SCHULZE 1989, S. 17-22.; SCHULZE 1990, S. 95-110.<br />

476<br />

Internationale: Kampflied der internationalen Arbeiterklasse, französischer Text von Eugène<br />

Pottier, deutsch von E. Luckardt; Melodie 1888 von Pierre-Chrétien Degeyter.

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