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Titel und Vorspann-1 - Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

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Zweisamkeit wie beispielsweise „Die Rettung“ oder „Zwei Frauen am Meer“ vermitteln<br />

allein durch die Haltung der Personen die Stimmung des Augenblicks. Einen besonderen<br />

Ausdruck von Innigkeit erreichte er in „Sitzende Frau mit Kind“. Deutungsspielräume<br />

ergeben sich für den Betrachter bei Zeichnungen wie „Tag des Gerichts“ oder „Der Tod<br />

<strong>und</strong> die Mädchen“. Die verschiedenen nächtlichen Szenen werfen Fragen nach dem<br />

Woher <strong>und</strong> Wohin der Agierenden auf. Odysseus, die Hauptgestalt homerischer Epen,<br />

wird im spannungsvollen Moment der Wiederbegegnung mit Penelope gezeigt, die auf<br />

einer anderen Zeichnung in der R<strong>und</strong>e der sie umgarnenden Freier zu sehen ist. Salome<br />

tanzt mit verhülltem Haupt vor Herodes <strong>und</strong> Judith erscheint - sich selbst fremd - mit dem<br />

Haupt des Holofernes, das Schwert noch in der Hand. Die „Dichterische Vision“ könnte<br />

direkt aus Dantes Göttlicher Komödie stammen.<br />

Völkers Darstellungen gehen oft über den unmittelbaren Gegenstand hinaus, sie sind<br />

seine Art des Nachdenkens über das Leben. Bewusst wählte er Szenen, die seine<br />

Erfahrungen, wie eng Freude <strong>und</strong> Lust mit Schmerz <strong>und</strong> Trauer verb<strong>und</strong>en sind,<br />

ausdrücken konnten. Seit Jahrh<strong>und</strong>erten sind es immer wieder dieselben Geschehnisse<br />

<strong>und</strong> Konflikte, die zu Höhen <strong>und</strong> Tiefen im Leben der Menschen führen. Aus dieser<br />

Erkenntnis <strong>und</strong> gleichzeitig erfüllt von dem Wunsch nach Harmonie <strong>und</strong> Schönheit,<br />

entstanden Blätter, die Dr. Hermann Goern 1949 so beschrieb: „Freilich wuchs auch das<br />

Andere, das Untergründige, Orphische in ihm weiter, das seiner Natur die Tiefe gibt, über<br />

der das ‚Schöne’ nur die schimmernde Oberfläche ist. Geheimnisvoll <strong>und</strong> unter<br />

magischen Kräften steht die Welt seiner Zeichnungen (ab 1946), denen man im weiten<br />

Umkreis schwer nur Vergleichbares zur Seite zu stellen vermöchte. Hier scheint sich das<br />

Tiefste auszusprechen, was der Maler vom Leben erfuhr <strong>und</strong> seiner Beziehung zu den<br />

Schicksalwaltenden kosmischen Kräften.“ 1499<br />

In diesem Kontext sind auch die je zwölf Blätter des „Phantastischen Zyklus“ <strong>und</strong> des<br />

„Zyklus Karneval“, entstanden zwischen 1955 <strong>und</strong> 1958, zu sehen. Völker verwendete auf<br />

den Kreidegründen verschiedene Farbstifte. Er veränderte durch Deckfarben mit Pinsel<br />

<strong>und</strong> Feder das Wesen der Zeichnungen. Die vom gr<strong>und</strong>ierten Papier oder Karton<br />

unterschiedlich an- <strong>und</strong> aufgenommenen Farben wurden durch zusätzliches Verwischen,<br />

Lavieren <strong>und</strong> Auskratzen verändert, um den gewünschten Ausdruck zu erlangen. Ein<br />

eigentümlicher Zauber geht von diesen Blättern aus.<br />

Clowns, irrlichternde Masken, himmlische Wesen <strong>und</strong> Dämonen bevölkern neben bizarren<br />

Tiergeschöpfen die verschiedenen Schauplätze des „Zyklus Karneval“, der zugleich ein<br />

Fest der Farben ist. Mit dem Blatt I „Der Maskenverleih“ wird der Betrachter unmittelbar in<br />

die Folgeszenen einbezogen. Frontal wendet sich eine weibliche Person an ihn, ein<br />

1499 GOERN 1949.

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