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Titel und Vorspann-1 - Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg

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115<br />

Der Blick des Betrachters fällt in Schmirma zuerst auf die Kreuzigung Christi im Mittelfeld<br />

vor der Kanzel (Abb. 56). Völker knüpfte mit der frontalen Abbildung des gekreuzigten<br />

Christus, flankiert von den beiden Schächern, an Darstellungen der frühchristlichen Kunst<br />

an. Die spannungsvolle Gruppierung der Figuren durch eine Verschiebung des<br />

Bildakzentes aus der Mitte findet ihre Entsprechung in der Himmelfahrt auf der anderen<br />

Seite im Mittelfeld. Hier stellte Völker auf der rechten Bildseite die Christusfigur erhöht dar<br />

<strong>und</strong> ordnete die Menschengruppe auf der linken Seite an. Durch ein leuchtend blaues<br />

Feld werden diese beiden Deckenbilder miteinander verwoben. Das stark dominierende<br />

Himmelsblau <strong>und</strong> der Gestus des Christus als Orant auf der Himmelfahrt heben die rot<br />

gewandete Figur besonders hervor (Abb. 57). Völker stellte die Jünger <strong>und</strong> Christus im<br />

Augenblick der Entrückung dar. Auf die große Nähe zum Christus auf den Bildern<br />

Matthias Grünewalds auf dem Isenheimer Altar wies Ingrid Schulze wiederholt hin. 716 Eine<br />

Inspiration in formaler Hinsicht durch diesen Maler scheint nicht verw<strong>und</strong>erlich, da er sich<br />

zu dieser Zeit einer großen Popularität erfreute. Da Völker in seinen Arbeiten um eine<br />

prägnante Darstellung in angemessener Form rang, waren die Bilder Grünewalds, vor<br />

allem die „Kreuzigung“ <strong>und</strong> die „Auferstehung“ in ihrer Beschränkung auf das Wesentliche<br />

<strong>und</strong> die Komposition der Figuren sicherlich eine Offenbarung für den Künstler (Abb. 58).<br />

Die Kreuzigung <strong>und</strong> die Himmelfahrt in der Schmirmaer Kirche lassen zugleich Parallelen<br />

zu den nur wenig früher entstandenen Fresken im Sitzungssaal der Produktiv-<br />

Genossenschaft <strong>Halle</strong>-Merseburg erkennen. 717 So begegnete auch dort die Darstellung<br />

des Oranten auf dem Bild „Schon steigen an die Sklavenscharen <strong>und</strong> ihre alte Fessel<br />

bricht“ (Abb. 59). Und auf der Darstellung mit dem <strong>Titel</strong> „Trotz Alledem. Es lebe die<br />

Weltrevolution“ ist eine christusähnliche Figur, die W<strong>und</strong>male an Händen <strong>und</strong> Kopf<br />

vorzeigend, zu sehen.<br />

Die Christusgestalt in Schmirma ist durchgängig durch das rote Gewand charakterisiert,<br />

erhebt sich aber ansonsten nicht aus dem Kreis der anderen Personen. Dies entsprach<br />

der Vorstellung des Künstlers von der Gleichheit, dem proletarischen Christus, dem<br />

Erlöser <strong>und</strong> Verteidiger des einfachen Menschen, den er auch auf seinem 1922<br />

entstandenen Gemälde „Christus in der Gasse“ darstellte: Eine archaische Gestalt in<br />

langem roten Gewand, die zwischen engen an Häuserschluchten <strong>und</strong> Gefängnisse<br />

erinnernden Backsteinmauern auf den Betrachter zukommt <strong>und</strong> an den sich<br />

schutzbedürftig <strong>und</strong> vertrauensvoll zwei Kinder klammern, deren Hungersnot<br />

augenscheinlich ist.<br />

716 Vgl. SCHULZE 1989, S. 24 f.; SCHULZE 1991, S.122 ff., 128 ff.<br />

717 Vgl. SCHULZE, 1990-2, S. 99 ff.

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