Titel und Vorspann-1 - Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg
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Wie sehr die Probleme der damaligen Zeit in die Deckenbilder der Schmirmaer Kirche<br />
einflossen, vermittelt besonders deutlich das Abendmahl. Völker wählte zwar die<br />
durchaus übliche Gruppierung der Figuren an der Tafel, zeigte aber Christus <strong>und</strong> seine<br />
Jünger vor einem leeren Teller. Eindrücklich verwies er damit auf die vor allem in der<br />
städtischen Bevölkerung durch bittere Not geprägten frühen 1920er Jahre. Er stand<br />
sicherlich auch unter dem Eindruck der zahllosen Informationen zur drohenden<br />
Hungerkatastrophe in Russland, die im Juli 1921 Maxim Gorki <strong>und</strong> den Patriarchen von<br />
Moskau im Einvernehmen mit der Sowjetregierung zu Notrufen ins Ausland veranlassten.<br />
Zu den eher traditionell dargestellten biblischen Geschichten gehört die „Anbetung der<br />
Hirten“, die sich an den Erzählreichtum vor allem flämischer, aber auch deutscher Malerei<br />
des 15. <strong>und</strong> 16. Jahrh<strong>und</strong>erts anlehnt. Völker zeigt die heilige Familie, Maria mit dem Kind<br />
auf dem Schoß <strong>und</strong> dahinter Joseph stehend, in einem durch einen Bogen angedeuteten<br />
Stall, wo sie die Hirten empfangen. Lämmer <strong>und</strong> ein Ochse vervollständigen das noch<br />
durch Palmen ergänzte malerische Bild.<br />
Alle vier Evangelisten berichten über den „Einzug in Jerusalem“. Mit der Darstellung des<br />
auf einem Esel reitenden Christus <strong>und</strong> den Männern <strong>und</strong> Frauen mit Palmzweigen als<br />
Zeichen des Sieges folgt er geläufigen Darstellungen . Im Hintergr<strong>und</strong> verweist die felsige<br />
Landschaft zum einen auf den Berg Gethsemane <strong>und</strong> am Horizont ist bereits die erstrebte<br />
Stadt zu erkennen. Schon in der frühchristlichen Kunst wurde die Szene als Triumphzug<br />
Christi zu seinen Lebzeiten gezeigt. Hier dürfte sie zugleich als Hoffnung auf eine bessere<br />
Zeit verstanden werden.<br />
Diesem Bild folgt eine Darstellung Christi mit den Kindern, als Illustration von Matthäus<br />
Kapitel 19 „Lasset die Kindlein <strong>und</strong> wehret ihnen nicht, zu mir zu kommen“. Eine Szene,<br />
die sich vor allem durch die Gemälde Lukas Cranachs seit dem 16. Jahrh<strong>und</strong>ert großer<br />
Beliebtheit erfreute. Hinter Jesus, der die zahlreichen Kinder segnet, stehen die Jünger.<br />
Gegenüber der „Anbetung der Hirten“ ist die „Ruhe auf der Flucht“ gemalt. Ein sehr<br />
poetisches Bild, das die Familie gerahmt von Palmen zeigt. Joseph sieht auf Maria, die<br />
mit dem Kind auf dem Schoß auf einem ausgebreiteten Umhang sitzt. Davor liegt ein<br />
Hase. Soll er auf die flüchtige Zeit <strong>und</strong> das kurze Menschenleben verweisen?<br />
Dem folgt die fabulierende Gestaltung von „Christus am See Genezareth“, nach dem<br />
Bericht in Lukas, Kapitel 5. So könnte sich die Darstellung einerseits auf die Verse 1 <strong>und</strong><br />
2 beziehen: Man sieht Christus mit dem Volk links im Vordergr<strong>und</strong>, während sich dahinter<br />
eine hügelige Landschaft mit See öffnet, an dessen Ufer die Fischer die Boote befestigen.<br />
Es könnte aber auch die Umsetzung des Verses 11 sein, in dem sie die Schiffe an Land<br />
führten <strong>und</strong> ihm nachfolgten.