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Dimensiuni ale limbajului n context carceral

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Hier möchte ich nur andeuten, dass die prädominante Figur des Feldwebels eine gewisse Einseitigkeit<br />

während des Gesprächs prägt.<br />

Durch den Dialog zieht sich der Erzähler zurück und lässt seine Figuren selber handeln. Deshalb sind<br />

die Textphänomene grundsätzlich von erstaunlicher Einfachheit: der Satzbau weißt keine<br />

Unregelmäßigkeiten, die Gliederung verweist auf eine kursive Erzählszeit, die eben die Handlungen und die<br />

Episoden chronologisch verfolgt, die eben nur an bestimmten Brennpunkten von intrusiven An<strong>ale</strong>psen ( Beko,<br />

der kurdische Ağa, 1 eine Art Dorfvorsitzender, hatte einen Sohn mit einem ähnlichen Schicksal wie der von<br />

Haso, der Erzähler führt Ahmeds Geschicht kurz ein) unterbrochen wird. Durch so eine Art Intrusion, z.B.<br />

Ahmeds 2 Geschichte, wird der Leser darauf hingewiesen, dass manche Lösungsversuche, in solchen<br />

Situationen, von Anfang an scheitern.<br />

Die absurden, gewaltvollen Taten des Feldwebels Suat zwingen den jungen Hirten selber in den<br />

Bergen zu flüchten. Dieser hochgeladene Moment, den ich als zweites Wendepunkt bezeichnen möchte,<br />

indem er der gesamten Familie mitteilt, dass er flüchten wird, enthält überhaupt keinen Dialog.<br />

Als seine Wunden einigermaßen verheilt waren, rief er eines abends seine Eltern, Fater und die Kinder herbei und<br />

erzählte ihnen mit leiser Stimme, was er zu tun würde. Sein Vorhaben war für niemanden eine Überraschung. Nur<br />

die Kinder weinten […] Niemand sagte etwas […] Hamo nahm Zöre beiseite und ging mit ihr ins Gästezimmer.<br />

So konnte Haso sich von seiner Frau verabschieden – denn in Anwesenheit der Eltern dürfte er sie nich berühren<br />

[...] Schließlich öffnete er leise die Haustüre, schaute nach rechts und links und machte sich auf die Richtung der<br />

Berge, zu den Freiheitskämpfern... 3<br />

Dieses Wendepunkt weist einige Merkm<strong>ale</strong> auf. Eine andere Form der Redewiedergabe ist eben der<br />

Redebericht. Auch wenn dieser Moment hochspannend und dramatisch ist, da Haso seine Familie verlässt,<br />

wird der Dialog nicht eingeschaltet. Eine Erklärung dafür könnte man in dem Versuch solche intime, tragische<br />

Momente durch den Redebericht zu „schützen“. Hasos Schicksal bleibt dadurch versiegelt und kann<br />

interpretiert oder verallgemeintert werden.<br />

Ein drittes Wendepunkt finden wir in einem Gespräch zwischen Suat und Fate. Die Flucht ihres Mannes wird<br />

grausame Konsequenzen auf ihr Leben haben:<br />

Die Dorfbewohner standen vor ihren Häusern und fragten sich, was jetzt passieren würde. Dass Männer<br />

mitgenommen wurden, daran hatten sie sich gewöhnt, aber dass eine Frau auf den Posten holten, das war noch nie<br />

vorgekommen... 4<br />

Die Dialogform ist expressiv und anscheinend sehr konkret. Es handelt sich um eine verb<strong>ale</strong><br />

Auseinandersetzeung, die eher an dem Sprachverständnis scheitern kann: Fate versteht kein Wort Türisch,<br />

Suat kein Wort Kurdisch. Dieses wird am Anfang des Gesprächs signalisiert „Der Kommandant stellte seine<br />

1<br />

Ağa = Großgrundbesitzer, Großbauer<br />

2<br />

Bekos Sohn<br />

3<br />

Yeşilöz, Yusuf: Reise ind die Abenddämmerung, RPV, Zürich 2004, S. 84<br />

4<br />

Y Y, R. i.d.Ab, S.89

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