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Dimensiuni ale limbajului n context carceral

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Die Liebe ist die lebendige Kenntnisnahme der Alterität. Die Kraft ein anderer Mensch als ein<br />

unbegrenztes Wesen wahrzunehmen verschafft die Liebe allein. So beschreibt Max Frisch ihre Eigenschaften<br />

in seinem Tagebuch:<br />

das Wunderbare an der Liebe, ist dass sie uns in der Schwebe des Lebendigen<br />

hält, in der Bereitschaft , einem Menschen zu folgen in allen seinen möglichen<br />

Entfaltungen. Wir wissen, dass jeder Mensch, wenn man ihn liebt, sich wie verwandelt<br />

fühlt, wie entfaltet, und dass auch dem Liebenden sich alles entfaltet, das Nächste, das<br />

lange Bekannte. Vieles sieht er wie zum ersten M<strong>ale</strong>. Die Liebe befreit aus jeglichem<br />

Bildnis. 1<br />

Hier werden tatsächlich zwei wichtige Leitmotive in Max Frischs Werk angekündigt: die Alterität und die Liebe. Diese weitere Motive und Themen verflechten<br />

sich mit den anderen, die in seinen Romanen und Erzählungen behandelt werden, wie z. B.: die Treue zur eigenen Identität, die Authetizität des Ichs und seine<br />

Einsamkeit, die Isolation, das unaufhörliche Scheitern der Liebe und der Reise zu sich selbst, variiert in Motive wie der Identitätswechsel, der Identitätsverlust<br />

und das Rollenspiel, sei es vor der Gesellschaft, vor dem Partner oder vor sich selbst. Die Liebe, wird auch in diesen Fällen als ein Mittel zur Annahme des<br />

eigenen Ichs und der Erlösung betrachtet:<br />

Die Liebe könnte, den von allen Seiten ausgeübten Zwang zu einer<br />

Rollenexistenz sprengen, könnte den anderen er selbst sein lassen, ihm damit erst zu<br />

seiner wahren Identität verhelfen. 2<br />

Die zwischenmenschlichen Beziehungen in Frischs Schriften sind durchaus kompliziert und<br />

verwickelt. Die Beziehung des Ichs zur Alterität bekommt sehr interessante Aspekte. Die Alterität kann das<br />

befreiende Element für das eigene Ich symbolisieren oder, ganz im Gegenteil, ihn festhalten und in eine Rolle<br />

zwingen. So entstehen zwei wichtige Themen in Max Frischs Werke, u.z. die Identität als Rolle, die vor der<br />

Gesellschaft und vor der Alterität vorgespielt wird, Thematik die Max Frisch durch den Identitätswechsel<br />

aufgreift und durch den Identitätsverlust und der Wiedergewinnung zu verbessern versucht. Aus diesem<br />

Grund verstecken sich in fast alle seine Werke eigentlich philosophische Essays über das Sein des Menschen<br />

und über seine Lage als Individuum in der Welt, in Bezug auf sich selbst und auf der Alterität. Die Alterität<br />

wird als das Spiegelbild des eigenen Ichs betrachtet, worin es sich verfangen kann, wo es aber auch seine<br />

Erlösung finden kann. Die Alterität, nichtsdestoweniger, ist ein Beweis, eine Bestätigung für die eigene<br />

Existenz. Die Alterität erfüllt in diesem Sinne eine identitäts- und wirklichkeitsstiftende Funktion. Diese<br />

Aspekte finden sich vor allem in Frischs Romane wieder: Ich bin nicht Stiller, Mein Name sei Gantentbein,<br />

Homo Faber, aber auch in seinen Theaterstücken wie zum Beispiel Andorra und, in einer verfeinerten und<br />

verschärften Form, in seinen letzten Erzählungen: Montauk, Der Mensch erscheint im Holozän und Blaubart.<br />

Was bedeutet aber Identität für Max Frisch? Es bedeutet, das sich ständig Bewegende, das Lebendige, ein<br />

selbstreflexives Bewusstsein, dass das Ich ständig verformt, ein sinn- und lebensteuerndes, dynamisches<br />

Mechanismus, das ein Mensch für sich selbst gestaltet. Daher auch den fiktiven Charakter des Ichs: die<br />

Identität ist eine Konstruktion des Menschen selbst, eine bewusste Wahl zwischen eine authentische und<br />

in-authentische Existenz. Der Versuch Frischs Helden sich aus dem Bildnis zu befreien und zur<br />

1 Frisch, Max: Tagebuch 1946-1949, Frankfurt am Main: Suhrkamp Verlag, 1950. S. 31<br />

2 Müller-Salget, Klaus: Literaturwissen Max Frisch, Stuttgart: Reclam Verlag, 2001. S. 21

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