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Dimensiuni ale limbajului n context carceral

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Vor allem, was schon angedeutet wurde, ist Max Frischs Aussage „du sollst dir kein Bildnis machen“ ,<br />

kein Gebot, kein Befehl, sondern vielmehr eine Bitte an die Menschen. Der Vergleich mit dem biblischen<br />

Gebot versucht, den Sinn Max Frischs Bitte zu erläutern und zu erklären. Es ist also in seinem Falle<br />

erforderlich den Befehlscharakter zu nuancieren, denn Max Frisch geht wenig, wenn gar nicht, mit<br />

metaphysischen Urteilen, im Sinne des Geistlichen, in seinen Schriften um. Sein Gebot ist eine Bitte und<br />

kein Befehl. Damit besteht der schweizerische Autor auf die Wichtigkeit der authentischen Erkenntnis<br />

nicht als die einzig wahre und auf keinen Fall auf die einzig mögliche, aber die einzig berechtigte für den<br />

authentischen Menschen. Was ist ein authentischer Mensch? Max Frisch definiert ihn als ein Mensch der<br />

identisch mit sich selbst ist und dem das aktive geistige Leben, der unablässige aktive Kontakt zum<br />

Wahren am wichtigsten ist, wobei das Wahre kein Invariant der Transzendenz oder Metaphyisk ist,<br />

sondern das Individuelle, das eigene Ich in all seinen Schwankungen. Die Transzendenz wird zu einer<br />

Immanenz umgewandelt, sie wird neu definiert. In Max Frischs Werk taucht dieser Grundsatz immer<br />

wieder auf, ob explizit oder implizit.<br />

Der Kern der Echtheit verstanden als Selbstwahl, Selbsterrichtung und Selbsterkenntnis ist Max Frischs<br />

allererste Bitte auf der einen Seite an sich selbst als Mensch und als Schriftsteller, auf der anderen Seite an<br />

den anderen Menschen als lebendige Leser und als Menschen schlechthin. Sich kein Bildnis zu machen<br />

heißt, in der Auslegung Max Frischs, sich davon zu währen, einen Menschen, eine Identität, das Lebendige<br />

in einen starren Rahmen einzuschließen und es implizit zu verneinen, indem man es durch die Erstarrung<br />

des Bildnisses zerstört. Was bedeutet ein Bildnis? Max Frisch erklärt:<br />

Wofür hat man sich denn gehalten? Für ein Geheimnis, das der Mensch ja<br />

immerhin ist, ein erregendes Rätsel, das auszuhalten wir müde geworden sind. Dann<br />

macht man sich ein Bildnis. Das ist das Lieblose, der Verrat. 1<br />

Ein Bildnis ist die Reduktion der Vielfätigkeit und der Lebendigkeit eines menschlichen Charakters. Wie<br />

könnte man den Menschen gerecht sein und sich kein Bildnis von ihnen schaffen? Ein Weg der dem<br />

Menschen von der erstarrenden Kraft des Bildnisses retten kann ist die Liebe.<br />

1 Frisch, Max: Tagebuch 1946-1949, Frankfurt am Main: Suhrkamp Verlag 1971, S. 32

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