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Kristijonas Donelaitis und seine „Metai” – eine Rezeptionsgeschichte

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3 <strong>Kristijonas</strong> <strong>Donelaitis</strong> - <strong>eine</strong> kontroverse Rezeption<br />

būr¸u draugas, būr¸u poetas, būr¸u brolius, būr¸u gyvenimo žinovas).<br />

Der Terminus des Bauerndichers ist sowohl in der deutschen als auch der<br />

skandinavischen, polnischen <strong>und</strong> russischen Literaturgeschichtsschreibung<br />

durchaus geläufig. Er wird bereits auf die Dichtungen deutscher Schrift-<br />

steller aus dem 13. Jahrh<strong>und</strong>ert angewendet. Der Begriff Bauerndichter<br />

bezieht sich dabei auf den Bauern in der Dichtung. In den Werken wird<br />

der grobe Bauer dem höfisch erzogenen Ritter gegenübergestellt. Im 15.<br />

Jahrh<strong>und</strong>ert dann wird der Bauer verspottet. Im Schwank des 16. Jahr-<br />

h<strong>und</strong>erts folgt <strong>eine</strong> eher derb humoristische Darstellung des Bauern. Die<br />

Idyllen des 18. Jahrh<strong>und</strong>erts, z.B. von J. H. Voss, denen von einigen deut-<br />

schen Wissenschaftlern auch <strong>Donelaitis</strong>’ Metai zugeordnet wurden, geben<br />

realistische Züge aus dem bäuerlichen Leben wieder. (vgl. Schweikle <strong>und</strong><br />

Schweikle, 1990, S.43f) Die Bezeichnung des Bauerndichters wird auf Do-<br />

nelaitis sowohl aufgr<strong>und</strong> <strong>s<strong>eine</strong></strong>r Protagonisten in den Metai (den Bauern),<br />

hauptsächlich aber wegen der Auslegung <strong>s<strong>eine</strong></strong>s Werkes als von ihm für die<br />

Bauern verfasstes angewendet. Er wird also zu <strong>eine</strong>m „Dichter für die Bau-<br />

ern”. Bei der Beschreibung von <strong>Donelaitis</strong> als Bauerndichter in der zweiten<br />

Hälfte des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts unter Sowjetbedingungen erhält die Bezeich-<br />

nung <strong>eine</strong> Menge Konnotationen, die der ursprünglichen Bedeutung ab-<br />

gehen <strong>und</strong> auf den litauischen Dichter nicht zutreffen. Der Bauerndichter<br />

steht hier für den Fre<strong>und</strong> der Arbeit, den Fre<strong>und</strong> <strong>und</strong> Gleichgesinnten der<br />

Bauern, der sich für die Klasse der Bauern einsetzt <strong>und</strong> sich gegen deren<br />

Unterdrückung ausspricht. Sicher erkannte <strong>Donelaitis</strong> die Missstände sei-<br />

ner Zeit, war jedoch der Meinung, dass man sich in sein Schicksal fügen<br />

<strong>und</strong> Gott ergeben handeln solle.<br />

An wen sich die Ausrufe des Erzählers oder einzelner Personen in den<br />

Metai richten sollen ist fraglich. Natürlich ist im Werk häufig vom Bauern<br />

<strong>und</strong> von den Herren die Rede. Viele Aufforderungen sind aber auch pau-<br />

schal formuliert wie beispielsweise in den Frühlingsfreuden, wo es heisst:<br />

„Tu žmogau niekings!” (dt. du nichtiger Mensch). Hier ist ja nicht konkret<br />

der litauische Bauer gemeint. Hier geht es vielmehr um das Menschen-<br />

bild allgemein. <strong>Donelaitis</strong> wählte als Protagonisten <strong>s<strong>eine</strong></strong>s Werkes natürlich<br />

Menschen, die ihn umgaben, die ihm vertraut waren, also die Bauern (ob<br />

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