Kristijonas Donelaitis und seine „Metai” – eine Rezeptionsgeschichte
Kristijonas Donelaitis und seine „Metai” – eine Rezeptionsgeschichte
Kristijonas Donelaitis und seine „Metai” – eine Rezeptionsgeschichte
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
3 <strong>Kristijonas</strong> <strong>Donelaitis</strong> - <strong>eine</strong> kontroverse Rezeption<br />
blieb nur noch der Weg zur Setzerei <strong>und</strong> schließlich durch die Hände des<br />
Korrektors. (vgl. Sabonis, 1992, S.3-6) Die Genehmigung am Buchende<br />
erschien in Form <strong>eine</strong>r Chiffre, aus der für Mitarbeiter der Zensurbehörde<br />
ersichtlich war, wann <strong>und</strong> durch wen das Buch zugelassen worden war.<br />
Das GLAVLIT differenzierte zwischen dem absoluten Verbot, dem<br />
vorzeitigen Verbot <strong>und</strong> dem Gebot, marxistische Einleitungen voranzu-<br />
stellen(vgl. Bljum, 1999, S.108ff). Werke, die unter das absolute Verbot<br />
fielen, wurden häufig mit der Begründung des Papiermangels oder aber<br />
den unzureichenden Druckerkapazitäten zurückgewiesen. Sie hatten k<strong>eine</strong><br />
Chance auf Veröffentlichung, lag doch die Kontrolle sämtlicher Papier-<br />
vorräte, der Druckereien, sprich, die gesamte Verfügungsgewalt über den<br />
Literaturbetrieb in der Hand Moskaus. Das vorzeitige Verbot beinhaltete<br />
Verbesserungen <strong>und</strong> Streichungen im Text, die der Autor zu überarbei-<br />
ten hatte, um das angepasste Werk dann nochmals der Zensurbehörde<br />
vorzulegen. Als dritte Maßnahme <strong>eine</strong> neue Veröffentlichung lesergerecht<br />
zu machen, galt die Voranstellung marxistischer Einleitungen. Dabei war<br />
für die politische Führung nicht von Bedeutung, dass sich Marx in <strong>eine</strong>r<br />
<strong>s<strong>eine</strong></strong>r frühen Thesen gegen die Zensur ausgesprochen hat <strong>und</strong> <strong>s<strong>eine</strong></strong> These<br />
nicht mit ihren zensurpolitischen Gr<strong>und</strong>lagen harmonierte. Er schrieb,<br />
dass die „eigentliche Radicalcur der Censur ihre Abschaffung” sei, „denn<br />
das Institut ist schlecht, <strong>und</strong> die Institutionen sind mächtiger als Men-<br />
schen”.(Bljum, 1999, S. 33)<br />
Audron˙e Nugarait˙e (heute Direktorin des Instituts für Journalistik der<br />
Universität Vilnius, 1978-1980 Redakteurin der Zeitschrift Tarybinis stu-<br />
dentas - dt. Sowjetischer Student) erinnert sich mit diesen Worten an den<br />
Alltag in der Redaktion der Zeitung „Tarybinis studentas”:<br />
„Zu Zeiten der Sowjetunion galten für alle Zeitungen ge-<br />
meinsame Verlagsregeln. Die Zensurbehörde ‚Glavlit’ las jede<br />
Zeitung. Wir waren auch auf den Fall vorbereitet, wenn sie<br />
<strong>eine</strong>n Artikel herausnahmen <strong>–</strong> wir hatten Reserveartikel, meis-<br />
tens ging es da um Hobbys <strong>und</strong> Freizeit. Was sollte man auch<br />
94