Kristijonas Donelaitis und seine „Metai” – eine Rezeptionsgeschichte
Kristijonas Donelaitis und seine „Metai” – eine Rezeptionsgeschichte
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3 <strong>Kristijonas</strong> <strong>Donelaitis</strong> - <strong>eine</strong> kontroverse Rezeption<br />
Werkes von <strong>Donelaitis</strong> kam es erst zu Beginn des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts, nach-<br />
dem Ludwig Rhesa die einzelnen „Gesänge” zu <strong>eine</strong>m Ganzen zusammen-<br />
fügte <strong>und</strong> sie unter dem Namen Das Jahr in vier Gesängen; ein ländli-<br />
ches Epos aus dem Litthauischen des (...), genannt Donalitius, in glei-<br />
chem Versmaaß ins Deutsche übertr(agen) v(on)(...), einschließlich <strong>eine</strong>r<br />
deutschen Übersetzung, im Jahre 1818 herausbrachte. Er ließ sich im Hin-<br />
blick auf die Anordnung der Passagen <strong>und</strong> die Übernahme von Textstellen<br />
viel Freiraum <strong>und</strong> erlaubte sich, entgegen der handschriftlichen Überlie-<br />
ferung <strong>und</strong> den Abschriften von J. Hohlfeldt, mit dem Frühlings„gesang”<br />
zu beginnen <strong>und</strong> dem Wintergesang zu enden. Hinzu kommt, dass Rhe-<br />
sa, wahrscheinlich aufgr<strong>und</strong> gesellschaftlicher Konventionen, 469 von 2968<br />
Verszeilen strich, <strong>Donelaitis</strong> Lexik der Romantik anpasste <strong>und</strong> die Namen<br />
der Figuren abänderte. Demzufolge ergab sich für den damaligen Leser ein<br />
von Rhesa geschaffenes Bild der Texte von <strong>Donelaitis</strong>.<br />
Die Absichten Rhesas bezüglich <strong>eine</strong>r Veröffentlichung des <strong>Donelaitis</strong>-<br />
Werkes werden im Vorwort <strong>s<strong>eine</strong></strong>r <strong>Donelaitis</strong>-Ausgabe deutlich. Zu Beginn<br />
äußert er sich zweifelnd über die Herausgabe des litauischen Schriftstellers,<br />
da er nicht einzuschätzen vermöge, in wie weit <strong>Donelaitis</strong>’ Werk in die<br />
bestehende Weltliteratur hineinpasse.<br />
„Lange war ich bei mir selbst zweifelhaft, ob dieses Natio-<br />
nalgedicht, welches ursprünglich bloß für die Bewohner von<br />
Litthauen geschrieben worden, wegen <strong>s<strong>eine</strong></strong>s örtlichen Inhalts,<br />
es auch verdiente, an das Licht hervorgezogen <strong>und</strong> den Geis-<br />
teswerken anderer Nationen an die Seite gestellt zu werden.”<br />
(Donaleitis, 1818, S.5)<br />
S<strong>eine</strong>r Meinung nach kann dieses poetische Erzeugnis nicht mit den Wer-<br />
ken <strong>eine</strong>s Homer, Virgil <strong>und</strong> Horaz gleichgesetzt werden. Vielmehr stellt<br />
Rhesa die Gesänge mit den „Originalprodukten der slawischen, germani-<br />
schen <strong>und</strong> keltischen Völkerstämme” auf <strong>eine</strong> Stufe, die vor allem „für das<br />
Vaterland ein bleibendes Interesse haben.” (Donaleitis, 1818, S.6) Rhesa<br />
sieht hier bereits die Bedeutung literarischer Werke für die Volksgruppen,<br />
in deren Sprache sie verfasst wurden. Die Metai haben nicht die Wirkung<br />
wie ein Homer oder Virgil, die weltweit gelesen werden, aber sie zeigen<br />
Wirkung in ihrer Volksgruppe, in ihrem Land.<br />
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