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Kristijonas Donelaitis und seine „Metai” – eine Rezeptionsgeschichte

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4 Zusammenfassung<br />

In der Sowjetzeit gab es nur in Ausnahmefällen Journalisten <strong>und</strong> Publi-<br />

zisten, die k<strong>eine</strong> tagespolitische oder ideologische Tendenz zeigten <strong>und</strong> sich<br />

mit <strong>Donelaitis</strong> rein literarisch oder literaturwissenschaftlich beschäftigten.<br />

Das Tagesgeschehen Sowjetlitauens wie auch anderer sowjetischer Völker<br />

war dermaßen politisiert, dass auch die Literaturgeschichte <strong>eine</strong> Politi-<br />

sierung erfuhr <strong>und</strong> alles im Sinne des sozialistischen Realismus ausgelegt<br />

wurde. Begriffe wie Dichter der Arbeit, Bauerndichter, Klassenkämpfer<br />

<strong>und</strong> Patriot sind häufig begleitende Attribute von <strong>Kristijonas</strong> <strong>Donelaitis</strong><br />

nach 1940. Zitate aus den Metai werden von den Publizisten aus dem Kon-<br />

text gerissen <strong>und</strong> in <strong>eine</strong>n neuen Sinnzusammenhang gebracht, so dass sie<br />

vortrefflich in den politischen Diskurs Sowjetlitauens passen.<br />

Bereits Lenin rief zu <strong>eine</strong>r Politisierung der sowjetischen Literatur im<br />

Sinne der proletarischen Sache auf. Literatur hatte ein politisches Organ<br />

der Arbeiterklasse zu sein, in der die Verb<strong>und</strong>enheit mit dem sozialisti-<br />

schen Vaterland, die Völkerfre<strong>und</strong>schaft <strong>und</strong> der Hass gegen die Deutschen<br />

aufgezeigt werden sollten. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges musste<br />

die litauische Bevölkerung von der Befreiung durch die Rote Armee über-<br />

zeugt werden, was mit Hilfe der Tages- <strong>und</strong> auch der wissenschaftlichen<br />

Presse geschah. Auch <strong>Donelaitis</strong> gelangte erst durch den Sieg der Sowje-<br />

tunion zu großer Ehre <strong>und</strong> Anerkennung. Er wurde Staatsangelegenheit,<br />

indem sämtliche Jubiläen zur Person von oberster Stelle angeordnet <strong>und</strong><br />

gestaltet wurden. Die geplante Ausgabe von <strong>Donelaitis</strong>’ Raštai im Jah-<br />

re 1948/49 fiel der Zensurbehörde zum Opfer, da ihr ein zu bourgeoiser<br />

Charakter angelastet wurde. Von der sowjetlitauischen Presse wird immer<br />

wieder die Intensität in der Auseinandersetzung mit <strong>Donelaitis</strong> hervorge-<br />

hoben, was damit verifiziert wird, dass dem Leser ständig neue Ausgaben<br />

der <strong>Donelaitis</strong>-Werke präsentiert werden. Übersetzungen in die Sprachen<br />

der Brudervölker entstehen, damit <strong>Donelaitis</strong> in der ganzen Sowjetunion<br />

zu Ruhm gelangt. <strong>Donelaitis</strong> ordnete sich für das litauische Volk als ihr<br />

literarischer Vertreter in die Reihe der sowjetischen Nationaldichter ein.<br />

In den Nachkriegsjahren zogen kommunistische Literaturkritiker (al-<br />

len voran Kostas Korsakas) <strong>Donelaitis</strong> als wahren Vertreter der von den<br />

Deutschen ausgebeuteten Litauer heran. S<strong>eine</strong> in den Metai beschriebenen<br />

Bauern sollten als Opfer der Germanisierungspolitik in Preußisch-Litauen<br />

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