Kristijonas Donelaitis und seine „Metai” – eine Rezeptionsgeschichte
Kristijonas Donelaitis und seine „Metai” – eine Rezeptionsgeschichte
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2 <strong>Kristijonas</strong> <strong>Donelaitis</strong> <strong>und</strong> sein Werk Metai<br />
Sei getrost, nicht bekümmert, mein Lieber, w<strong>eine</strong> nicht,<br />
völlig verzagend; Gleichgültig ist es, wie du d<strong>eine</strong>n hungrigen<br />
Magen sättigst, Wenn nur Gott dir immerdar schenkt die liebe<br />
Ges<strong>und</strong>heit.(<strong>Donelaitis</strong>, 1970, S.22, I, 529ff) 6<br />
So versucht der Erzähler den Menschen Hoffnung in <strong>eine</strong>r düsteren Zeit zu<br />
machen. „Doch wir brauchen nicht stets uns zu plagen: es kommen auch<br />
Tage | Da wir nach mancherlei Mühsal auch wieder herzlich uns freuen.”<br />
(S.18) Immer wieder lässt <strong>Donelaitis</strong> den Erzähler zur Arbeit aufrufen,<br />
denn nur die Tugenden wie Fleiß <strong>und</strong> Ordnung werden <strong>eine</strong>s Tages von<br />
Gott belohnt werden. „Aber scheut euch nur nicht, euch mehr noch als<br />
nötig zu regen; | Seht nur, die Winkel des Gartens harren schon euerer<br />
Arbeit.” (S.26) Pričkus ist der Dorfschulze, der die Vermittlung zwischen<br />
Herren <strong>und</strong> Bauern übernimmt. Er ist in <strong>Donelaitis</strong>’ Werk sowohl Figur<br />
als auch Erzähler. Auf ihn wurde von <strong>Donelaitis</strong> die Rolle des „Pfarrers”<br />
im Sinne von Moralapostel, Seelsorger <strong>und</strong> Lehrer projiziert. Priškus mag<br />
im Text für <strong>Donelaitis</strong> selbst stehen, worauf das Prediktartige in <strong>s<strong>eine</strong></strong>n<br />
Äußerungen ein Hinweis sein könnte. Er hat im Text die Funktion, den<br />
Bauern bei Bedarf ins Gewissen zu reden. <strong>Donelaitis</strong> wusste sehr wohl<br />
von den Schwächen <strong>s<strong>eine</strong></strong>r Landsleute. Sicherlich bestanden auch <strong>s<strong>eine</strong></strong><br />
Predigten aus vorwurfsvollen Äußerungen, in denen er Szenen aus dem<br />
alltäglichen Leben als Anschauung nahm.<br />
Mit anklagenden Worten beschreibt Pričkus die moralisch Verkomme-<br />
nen, die er versucht ist aufzurütteln. Er wettert gegen Untugenden wie<br />
Verschwendung, Habgier, Geiz. Er kritisiert Faulenzer, Nichtsnutze, Un-<br />
menschen <strong>und</strong> Tierquäler. So hört man ihn beispielsweise sagen:<br />
Darum schmause nicht täglich, als ob groß Hochzeit du<br />
feierst | Oder vielleicht auch auf <strong>eine</strong>m Tauffest bei Nachbarn<br />
zu gast weilst. | Labe nicht Tag für Tag mit Leckerbissen den<br />
6 lit. Original aus: <strong>Donelaitis</strong>, <strong>Kristijonas</strong>: Raštai, Vilnius: Vaga, 1977, S.121, I, 529ff<br />
(Ale nebok, gaidau! neverk permier nusimindams; | Juk viens miers, kaipo savo<br />
blog¸a sotini skilvi¸, | Kad tikt dievs sveikat¸a miel¸a tau dovanoja.)<br />
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