Kristijonas Donelaitis und seine „Metai” – eine Rezeptionsgeschichte
Kristijonas Donelaitis und seine „Metai” – eine Rezeptionsgeschichte
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3 <strong>Kristijonas</strong> <strong>Donelaitis</strong> - <strong>eine</strong> kontroverse Rezeption<br />
werden. Nesselmanns Ausgabe hingegen sei zu realistisch, wissenschaftlich.<br />
„Zu Zeiten Nesselmanns reizte <strong>Donelaitis</strong> hauptsächlich aus philologischer<br />
Sicht.” (<strong>Donelaitis</strong>, 1940) 33<br />
Die Metai beschreibt Ambrazevicius im sozialistischen Ton als „Zeugen<br />
des litauischen Lebens im 18. Jahrh<strong>und</strong>ert - aus ökonomischer, sozialer<br />
<strong>und</strong> moralischer Sicht, als Zeugen auch der psychischen Struktur der li-<br />
tauischen Bauern, ja sogar ihrer Leistungsfähigkeit.” (<strong>Donelaitis</strong>, 1940) 34<br />
Besonders hebt der Autor <strong>Donelaitis</strong>’ Leben in <strong>eine</strong>r pietistischen Atmo-<br />
sphäre hervor, welche „ Fleiß, Frömmigkeit, Enthaltsamkeit von Vergnü-<br />
gungen, ja sogar puristische Askese pflegt”. (<strong>Donelaitis</strong>, 1940) 35 Für <strong>s<strong>eine</strong></strong>n<br />
Beruf als Geistlicher war es charakteristisch, den Menschen mit Rat <strong>und</strong><br />
Tat zur Seite zu stehen, aber auch vor Ermahnungen nicht halt zu ma-<br />
chen. Diese berufliche Eigenschaft fand nach Meinung von Ambrazevičius<br />
ihren Widerhall in den Metai <strong>und</strong> das Resultat seien k<strong>eine</strong> belletristischen,<br />
sondern rhetorische, didaktische Elemente, die wir im Werk wieder finden.<br />
Wie es sein Beruf als Pastor mit sich brachte, musste <strong>Donelaitis</strong> sich<br />
sehr in die Nöte <strong>und</strong> Sorgen der Gemeindemitglieder hineinversetzen kön-<br />
nen. Auch in <strong>s<strong>eine</strong></strong>m literarischen Werk spürt Ambrazevičius <strong>Donelaitis</strong>’<br />
Empfinden für das Unglück der Bauern <strong>und</strong> ihre soziale Situation. Er<br />
fühlt mit ihnen <strong>und</strong> klagt dennoch das System, in dem sie leben nicht an.<br />
„ <strong>Donelaitis</strong> benutzt k<strong>eine</strong> aufrührerischen Worte gegen das System der<br />
Leibeigenschaft.” (<strong>Donelaitis</strong>, 1940) 36 , denn Leibeigenschaft gab es auch<br />
in anderen Gegenden. Sie war nicht spezifisch für die Region, in der Do-<br />
nelaitis <strong>und</strong> die litauischen Bauern lebten. Und doch gestaltete sich die<br />
Situation für diese Bauern anders, denn ein bedeutender Unterschied zu<br />
der Zeit war das Eintreffen vieler Kolonisten (Franzosen, Schweizer, Salz-<br />
burger etc.) im Land. Von Ambrazevičius als konservativer Mensch einge-<br />
stuft, war <strong>Donelaitis</strong> jeden Neuerungen abgeneigt <strong>und</strong> fremden Einflüssen<br />
gegenüber skeptisch, die zu <strong>s<strong>eine</strong></strong>r Zeit besonders von den Neuankömm-<br />
lingen ausgingen. Auch Passarge vermutete diesen Konservativismus bei<br />
33 lit. „Nesselmanno laikai žav˙ejosi Donelaičiui filologiškai.”<br />
34 lit. „...liudininkas 18 amžiaus lietuvnink¸u gyvenimo - ekonominio, socialinio, moralinio;<br />
liudininkas lietuvi¸u būr¸u psichin˙es struktūros, net j¸u kuriamojo paj˙egumo.”<br />
35 lit. „ugd˙e darbštum¸a, maldingum¸a, susilaikym¸a nuo pramog¸u, net puritonišk¸a askez¸e”<br />
36 lit. „<strong>Donelaitis</strong> nepakelia maištingo žodžio prieš pači¸a baudžiavos sistem¸a.”<br />
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