Kristijonas Donelaitis und seine „Metai” – eine Rezeptionsgeschichte
Kristijonas Donelaitis und seine „Metai” – eine Rezeptionsgeschichte
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3 <strong>Kristijonas</strong> <strong>Donelaitis</strong> - <strong>eine</strong> kontroverse Rezeption<br />
fremden sprachlichen Einflüsse sei <strong>Donelaitis</strong>’ Werk also kein sprachlich<br />
rein litauisches Zeugnis, dennoch spiegele es die Sprache der Bauern in<br />
Preußisch-Litauen wider <strong>und</strong> beinhalte somit viele dort vorkommenden<br />
sprachlichen Facetten. Wer bis zur Veröffentlichung dieses Artikels davon<br />
ausging, <strong>Donelaitis</strong> trüge zur Erweckung des litauischen Nationalbewusst-<br />
seins bei <strong>und</strong> sei ein ehrenwerter Vertreter des litauischen Volkes, der<br />
wurde durch Stoskeliūnas Artikel von 1939 hart geohrfeigt. Den National-<br />
patrioten wurde offenbart, dass <strong>Donelaitis</strong> zwar die Sprache der litauischen<br />
Bauern widerspiegele, dass sie aber k<strong>eine</strong>swegs rein litauisch war, sondern<br />
vielen fremden Einflüssen unterlegen war. Diese unterschiedlichen Inter-<br />
pretationen zeugen davon, dass es k<strong>eine</strong> einheitliche gesteuerte Rezeption<br />
von <strong>Donelaitis</strong> während der Unabhängigkeit gab, so wie es später in der<br />
Sowjetzeit der Fall gewesen ist.<br />
Auch wenn Stoskeliūnas sein Augenmerk größtenteils auf die sprachliche<br />
Gestaltung der Metai gerichtet hat, so beschreibt er dennoch <strong>Donelaitis</strong> als<br />
Person <strong>und</strong> Autor. Vordergründig ist dabei <strong>s<strong>eine</strong></strong> Tätigkeit als Pastor <strong>und</strong><br />
<strong>s<strong>eine</strong></strong> wahrscheinlich damit verb<strong>und</strong>ene Eigenschaft als Moralist. Hinter<br />
jedem Wort der Metai fühle man laut Stoskeliūnas den dahinterstehenden<br />
Moralisten, Pastoren <strong>und</strong> Seelenhirten. <strong>Donelaitis</strong> schuf ein moralistisches,<br />
didaktisches <strong>und</strong> auch sehr realistisches Lebenswerk, welches durch „ <strong>s<strong>eine</strong></strong><br />
Dynamik <strong>eine</strong>n der ersten Plätze in unserer Literatur einnimmt.” (Stoske-<br />
liūnas, 1939) 32<br />
Eine Einzelausgabe der Metai erschien 1940 in Kaunas im von der So-<br />
wjetunion besetzten Litauen, während des Zweiten Weltkrieges, heraus-<br />
gebracht vom Literaturkritiker J. Ambrazevičius, der wie auch Biržiška<br />
Litauen 1944 verließ <strong>und</strong> in die Vereinigten Staaten emigrierte. In sei-<br />
nem Vorwort wird <strong>Donelaitis</strong>, als einziger literarischer Vertreter <strong>s<strong>eine</strong></strong>r<br />
Zeit, als „Dichter der Bauernkultur” (lit. būr¸u kultūros poetas) gewür-<br />
digt. Ambrazevičius führt einige bereits erschienene Ausgaben der Metai<br />
an <strong>und</strong> kommt zu dem Schluss, dass Rhesas Ausgabe <strong>eine</strong> romantisch-<br />
poetische Tendenz habe. Zudem sei sie unvollständig <strong>und</strong> es fehlten 460<br />
Zeilen, laut Ambrazevičius besonders die, wo die Herren beleidigt/verletzt<br />
literatūrin˙es kalbos kultūros, tačiau brangūs mums, kaip organin˙e D. stiliaus dalis.”<br />
32 lit. „savo dinamiškumu užima vien¸a iš pirm¸uj¸u viet¸u mūs¸u literatūroj.”<br />
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