Kristijonas Donelaitis und seine „Metai” – eine Rezeptionsgeschichte
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3 <strong>Kristijonas</strong> <strong>Donelaitis</strong> - <strong>eine</strong> kontroverse Rezeption<br />
Wie Passarge bereits in <strong>s<strong>eine</strong></strong>n Reisebeschreibungen festhielt, trägt Do-<br />
nelaitis’ Werk tiefe religiöse Züge. Auch spiegelt sich in besonderem Maße<br />
<strong>s<strong>eine</strong></strong> Stellung als Geistlicher in den „Jahreszeiten” wider. Er verteilt „Licht<br />
<strong>und</strong> Schatten nach beiden Seiten (doch nicht immer gleich)” <strong>und</strong> hat den<br />
„Wunsch, <strong>s<strong>eine</strong></strong> Landsleute zu bessern <strong>und</strong> rein praktisch zu belehren. Man-<br />
che Abschnitte lesen sich fast so, als wären sie von der Kanzel vorgetragen<br />
worden.” (Donalitius, 1894, S.8)<br />
<strong>Donelaitis</strong> war nach Auffassung von Passarge ein „weit <strong>und</strong> abseits der<br />
grossen Strasse lebender littauischer Landgeistlicher”, der dem „eigent-<br />
lichen Volke angehörte” <strong>und</strong> „die litauische Volksseele” wie kein anderer<br />
verstanden habe.(vgl. Donalitius, 1894, S.15) Dass <strong>Donelaitis</strong> jedoch <strong>eine</strong>n<br />
Großteil <strong>s<strong>eine</strong></strong>r Ausbildung im entfernten Königsberg absolviert hat <strong>und</strong><br />
somit tiefe Einblicke in die Welt der geistigen Elite Ostpreußens kennen<br />
gelernt hat, scheint Passarge zu vergessen. Er möchte <strong>Donelaitis</strong> als den<br />
einfachen, dem auf dem Lande lebenden Manne nahestehenden Pfarrer<br />
vom Dorfe darstellen, der aufgr<strong>und</strong> <strong>s<strong>eine</strong></strong>r Nähe zu den Bauern, selbige<br />
durchaus gut verstand <strong>und</strong> sein Schicksal mit ihnen teilte.<br />
In dieses beschriebene Abseits, in dem <strong>Donelaitis</strong> predigte, begab sich<br />
auch der Volksk<strong>und</strong>ler Franz Oskar Tetzner, der es sich zur Aufgabe mach-<br />
te, Unterlagen über den Dichter <strong>Kristijonas</strong> <strong>Donelaitis</strong> <strong>und</strong> von ihm verfer-<br />
tigte Schriften aus verschiedenen Archiven (u.a. Tollmingkehmer Kirchen-<br />
archiv) zu sammeln <strong>und</strong> zu veröffentlichen. S<strong>eine</strong> Artikel erschienen im<br />
Zeitraum von 1896-1914 in der Altpreußischen Monatsschrift. Neben der<br />
Beschäftigung mit dem litauischen Dichter interessierte er sich auch für<br />
die litauische Folklore (er brachte 1897 <strong>eine</strong> Volksliedersammlung heraus)<br />
<strong>und</strong> das ethnographische Gebiet der Litauer in Ostpreußen.<br />
Tetzners Nachforschungen beziehen sich eher auf <strong>Donelaitis</strong>’ Leben als<br />
auf sein literarisches Werk, welches er hinterlassen hat. Ihm war es wichtig,<br />
etwas über <strong>Donelaitis</strong> als Person zu erfahren. Deshalb recherchierte er vie-<br />
lerorts nach Akten des Dichters, die ihm Aufschluss über <strong>s<strong>eine</strong></strong> Tätigkeiten<br />
<strong>und</strong> Lebensabschnitte geben konnten, vor allem aufgr<strong>und</strong> der Tatsache,<br />
dass sich Schleicher <strong>und</strong> Nesselmann in ihren <strong>Donelaitis</strong>-Ausgaben durch-<br />
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