Kristijonas Donelaitis und seine „Metai” – eine Rezeptionsgeschichte
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3 <strong>Kristijonas</strong> <strong>Donelaitis</strong> - <strong>eine</strong> kontroverse Rezeption<br />
3.3.2 Kulturelle Situation während der<br />
Unabhängigkeit<br />
Aus den innen- <strong>und</strong> außenpolitischen Problemen des litauischen Staates<br />
ergab sich für die damalige Regierung ein ganz konkreter Weg in der Kul-<br />
turpolitik. Innenpolitisch aufgr<strong>und</strong> der Neugründung des litauischen Staa-<br />
tes noch instabil, versuchte man mit Hilfe der Stärkung des nationalen<br />
Bewusstseins ein Gleichgewicht herzustellen. Aus dem Selbstverständnis<br />
heraus, dass die litauische Kultur als Garant für die Daseinsform des li-<br />
tauischen Staates stand, hielt die Lituanisierung des Landes Einzug. (vgl.<br />
Mačiulis, 2005) In der offiziellen Rhetorik des politischen Regimes un-<br />
ter Smetona stand der Begriff Nationalismus/nationaler Charakter (lit.<br />
tautiškumas) im Vordergr<strong>und</strong>. „Der vom neuen politischen Regime de-<br />
klarierte nationale Charakter begann mehr zu bedeuten als <strong>eine</strong>r Ethnie<br />
zuzugehören, <strong>eine</strong>r ethnischen Tradition verhaftet zu sein oder die Sprache<br />
der vorherrschenden Ethnie zu gebrauchen [. . . ] So begann Nationalismus<br />
mehr zu bedeuten als nur die für <strong>eine</strong> Gemeinschaft typischen Merkma-<br />
le oder die Verb<strong>und</strong>enheit mit dieser Gemeinschaft: die Verb<strong>und</strong>enheit<br />
mit <strong>eine</strong>m politischen Regime, das ihn skrupellos unter dem Deckmantel<br />
der Idee der Einheit des Volkes verbirgt <strong>und</strong> sich selbst als Garant für<br />
die Dominierung der ethnischen Gemeinschaft <strong>und</strong> einzigen Bewahrer des<br />
Nationalismus hinstellt.“ (Mačiulis, 2005, S.8) 15<br />
Der Regierung in Kaunas lag der Ausbau des litauischen Bildungssys-<br />
tems besonders am Herzen. Investition in die Bildung war der Gr<strong>und</strong>stein<br />
für das Heranwachsen <strong>eine</strong>r litauisch denkenden <strong>und</strong> fühlenden Bevölke-<br />
rung.<br />
Aleksandras Merkelis ist der Meinung (vgl. Mačiulis, 2005), Antanas<br />
Smetona <strong>und</strong> <strong>s<strong>eine</strong></strong> Politik seien wenig an der Kultur orientiert <strong>und</strong> wenig<br />
am kulturellen Leben interessiert gewesen. Frei nach dem Motto laissez<br />
faire, laissez passer. Die größte finanzielle Unterstützung erfuhr das li-<br />
15 lit. „Šis naujojo politinio režimo deklaruotas tautiškumas ˙em˙e reikšti kažk¸a daugiau<br />
nei etnin¸e priklausomyb¸e, ištikimyb¸e etninei tradicijai ar vyraujančio etnoso kalbos<br />
vartojim¸a [...] Taip tautiškumas ˙em˙e reikšti ne tik etnin˙es bendruomen˙es bruožus<br />
ar ištikimyb¸e šiai bendruomenei, bet ir ištikimyb¸e politiniam režimui, pastarojo<br />
skrupulingai dangstoma tautos vienyb˙es id˙eja, pasiskelbus etnin˙es bendruomen˙es<br />
dominavimo garantu ir vieninteliu tautiškumo serg˙etoju.”<br />
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