Kristijonas Donelaitis und seine „Metai” – eine Rezeptionsgeschichte
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3 <strong>Kristijonas</strong> <strong>Donelaitis</strong> - <strong>eine</strong> kontroverse Rezeption<br />
Ein Ereignis im Jahre 1926 hatte für die weitere Politik im Memelge-<br />
biet schwerwiegende Folgen. „In der Nacht zum 17. Dezember setzte die<br />
litauische Nationalistenpartei nach <strong>eine</strong>m Staatsstreich die alte Regierung<br />
ab, <strong>und</strong> Smetona übernahm die Regierungsgewalt. Gleichzeitig wurden<br />
der Belagerungs- <strong>und</strong> der Kriegszustand über ganz Litauen, auch über das<br />
Memelgebiet verhängt; der Belagerungszustand wurde nach einigen Tagen<br />
wieder aufgehoben. der Kriegszustand wurde am 20. Dezember auf Antrag<br />
des Ministerpräsidenten Voldemaras durch Staatspräsident Smetona be-<br />
stätigt [normalerweise war laut Artikel 20 des Statuts die Verhängung ei-<br />
nes Ausnahmezustandes den autonomen Behörden vorbehalten] <strong>und</strong> blieb<br />
von da an zwölf Jahre lang bestehen.”(Plieg, 1962, S.38) Das hatte zur<br />
Folge, dass Wirtschaft, Finanzen, Rechtswesen, Sprachenfrage <strong>und</strong> Schul-<br />
wesen vom Gutdünken der litauischen Regierung abhängig waren. Es kam<br />
zu Verurteilungen von Memelländern vor litauischen Gerichten, zu Ent-<br />
lassungen von Lehrern, zur Einführung des Litauischen als Schulsprache<br />
<strong>und</strong> ähnlichen Maßnahmen zur Sicherung der litauischen Autorität. „Das<br />
mit der Verhängung des Kriegszustandes am 20. Dezember 1926 in Kraft<br />
getretene litauische Staatsschutzgesetz vom 5. März 1919 zog Kapitalver-<br />
brechen vor litauische Militärgerichte.”(Plieg, 1962, S.65)<br />
Die Zwischenkriegszeit im Memelgebiet war bestimmt von Auseinander-<br />
setzungen über die Wahl des Direktoriums. Von Kaunas kam der Wunsch,<br />
Litauer an die Spitze der memelländischen Führung zu stellen, was ganz<br />
im Gegensatz zu den Bemühungen der Memelländer stand. Häufig lagen<br />
die Landtagsabgeordneten mit den litauischen Organen im Streit, was die<br />
Auslegung des Memelstatuts betraf. Smetona soll geäußert haben, dass<br />
Litauen sich durch die Memelkonvention gefesselt fühle. (vgl. Plieg, 1962)<br />
Anders sah es bei den Memelländern aus, die durch die im litauischen Staat<br />
herrschenden Gesetze <strong>eine</strong> Menge Beschränkungen erfahren mussten. Zu<br />
<strong>eine</strong>r zufriedenstellenden Einigung für beide Seiten kam es so gut wie nie.<br />
Man war nicht daran interessiert, zu <strong>eine</strong>r deutsch-litauischen Verständi-<br />
gung beizutragen, obwohl man wusste, wie kritisch die Preußisch-Litauer<br />
<strong>eine</strong>m Anschluss an Litauen gegenüberstanden.<br />
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