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Kristijonas Donelaitis und seine „Metai” – eine Rezeptionsgeschichte

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1 Einleitung<br />

haben. Die junge patriotische Schriftstellerin lieferte dem Staat literari-<br />

sche Figuren, die sich kritisch mit der Assimilierung des litauischen Vol-<br />

kes auseinandersetzen <strong>und</strong> für den Erhalt des Litauertums kämpfen. Zu<br />

<strong>eine</strong>r umfassenden Vereinnahmung von <strong>Kristijonas</strong> <strong>Donelaitis</strong> durch die<br />

litauische Politik während der Unabhängigkeit ist es nicht gekommen, ob-<br />

wohl sein Werk den Literaturkritikern aus der Zwischenkriegszeit durchaus<br />

Spielraum für patriotische Deutungen hätte bieten können.<br />

Nach der Machtergreifung Hitlers in Deutschland wurde <strong>Donelaitis</strong> für<br />

viele litauische Literaturkritiker des linken Flügels zum Politikum, allen<br />

voran Kostas Korsakas. Größtenteils wurden Schriften linksorientierter Li-<br />

tauer in Sowjetrussland publiziert, wo sich auch der litauische Literatur-<br />

kritiker Korsakas vorübergehend aufhielt. Die politische Situation unter-<br />

schied sich stark von der im unabhängigen Litauen. Mit Hilfe von Donelai-<br />

tis’ Werk wurde heftig gegen die Deutschen als Kolonisatoren <strong>und</strong> gegen<br />

Nazideutschland polemisiert. Diese Tendenz in der <strong>Donelaitis</strong>-Rezeption<br />

hielt in Sowjetlitauen bis in die 1950-er, 1960-er Jahre an.<br />

In der Sowjetzeit avancierte <strong>Donelaitis</strong> zum Gemeingut des sowjetlitaui-<br />

schen, ja sogar des gesamten sowjetischen Volkes. Marxistische Ideologie<br />

ließ sich unter der Maske des Kulturellen anhand von <strong>Donelaitis</strong>’ Werkin-<br />

terpretation vermitteln. Die Rezeption präsentiert sich in der Presse <strong>und</strong><br />

in der wissenschaftlichen Literatur als <strong>eine</strong> stark indoktrinierte <strong>und</strong> verzer-<br />

rende Darstellung von <strong>Donelaitis</strong> als Person <strong>und</strong> <strong>s<strong>eine</strong></strong>m Werk. <strong>Donelaitis</strong><br />

als Vorreiter auf dem Weg zum Sozialismus wurde für die litauischen Ar-<br />

beiter <strong>und</strong> Bauern zum Paradebeispiel <strong>eine</strong>s Aufständigen. Literaturkriti-<br />

ker wie Kostas Korsakas <strong>und</strong> Leonas Gineitis, die als <strong>Donelaitis</strong>-Liebhaber<br />

bekannt waren, trugen maßgeblich zur Verzerrung des <strong>Donelaitis</strong>-Bildes<br />

bei.<br />

In den 1970-er <strong>und</strong> 1980-er Jahren ebbt das Interesse des Feuilletons an<br />

<strong>Donelaitis</strong> ab. Nach 1990 überwiegen akademische Werkinterpretationen,<br />

die die allgem<strong>eine</strong> Öffentlichkeit nicht mehr erreichen. Vergleicht man<br />

<strong>Donelaitis</strong>’ Jahresbibliographien der 1960-er Jahre mit denen der 1980-er<br />

<strong>und</strong> 1990-er Jahre, so konstatiert man <strong>eine</strong> fast dreifache Menge an feuille-<br />

tonistischen Artikeln in den 1960-er Jahren. <strong>Donelaitis</strong> wurde besonders in<br />

den Folgejahren des Zweiten Weltkrieges von den sowjetischen Politikern<br />

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