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Vom Wesen der menschlichen Freiheit. Einleitung ... - gesamtausgabe

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196 Kausalität und <strong>Freiheit</strong> als kosmologisches Problem<br />

als Ordnung und Ablaufsrichtung wird nun auch das <strong>Wesen</strong><br />

des Zusammenhangs als solchen schärfer gefaßt. Der Zusammenhang<br />

ist ein solcher von Vorhandenem in seinem So- und<br />

An<strong>der</strong>svorhandensein und Nichtvorhandensein. Der Begriff<br />

des Geschehens ist jetzt bestimmt: Es ist kein bloßes Da und<br />

Weg isolierter Vorkommnisse, son<strong>der</strong>n in <strong>der</strong> Begebenheit liegt<br />

eine und zwar gerichtete, geregelte Rückbeziehung auf Vorangehendes,<br />

Ursache. Umgekehrt: Das Ursachesein ist in sich ein<br />

gerichtetes Verhältnis, das folgen und erfolgen läßt.<br />

c) Zweite Prüfung <strong>der</strong> Orientierung <strong>der</strong> Kausalität<br />

auf die Seinsart des Vorhandenseins am Begriff <strong>der</strong><br />

Handlung. Handlung als Folgebegriff <strong>der</strong> Verknüpfung<br />

von Ursache und Wirkung<br />

Diese Fassung <strong>der</strong> Kausalität führt nun auf einen Begriff, <strong>der</strong><br />

für das Problem des Geschehens überhaupt und das Geschehen<br />

des freien <strong>Wesen</strong>s im beson<strong>der</strong>en von Bedeutung ist; es ist <strong>der</strong><br />

Begriff <strong>der</strong> Handlung. Wir gebrauchen für diesen Namen oft<br />

und gern das griechische Wort nQa1;t~ (nQuiiEtV etwas durchsetzen)<br />

und das Praktische wie<strong>der</strong> in einer zweifachen Bedeutung:<br />

1. »Praktischer Mensch«, <strong>der</strong> Fertigkeiten besitzt und sie<br />

im gegebenen Augenblick in <strong>der</strong> rechten Weise anzuwenden<br />

versteht. 2. Praxis und Handlung, zugleich in dem betonten<br />

Sinn <strong>der</strong> sittlichen Handlung, des moralischen praktischen Verhaltens.<br />

Kant nimmt Praxis und praktisch unter an<strong>der</strong>en in<br />

diesem betonten Sinne. »Praktisch ist alles, was durch <strong>Freiheit</strong><br />

möglich ist. «17 »Plato fand seine Ideen vorzüglich in allem, was<br />

praktisch ist, d. i. auf <strong>Freiheit</strong> beruht «.18<br />

Handlung ist'demnach wesensmäßig auf <strong>Freiheit</strong> bezogen.<br />

Aber das trifft bei Kant gerade nicht zu. Praxis und Handlung<br />

decken sich ganz und gar nicht. »Handlung« ist für Kant vielmehr<br />

<strong>der</strong> Titel für Wirken überhaupt. Handlung ist gar nicht<br />

17 a.a.O., A 800, B 828.<br />

18 a.a.O., A 314, B 371.<br />

§ 20. Zwei Arten <strong>der</strong> Kausalität 197<br />

primär und einzig bezogen auf sittliches Verhalten und moralisch-unmoralisches<br />

Tun, nicht nur nicht auf vernunftgemäßes<br />

Tun, auch nicht auf seelisches Tun, vielmehr auf das Geschehen<br />

<strong>der</strong> lebendigen und vor allem unlebendJgen Natur. Man hat<br />

das in <strong>der</strong> Kantinterpretation immer wie<strong>der</strong> übersehen und<br />

Handlung von vornherein als sittliche Handlung genommen<br />

und das eben Gesagte nicht beachtet. Dieses zu beachten, ist<br />

aber nicht nur ein Erfor<strong>der</strong>nis <strong>der</strong> Anmessung an den kantischen<br />

Sprachgebrauch, son<strong>der</strong>n ist von grundsätzlicher Tragweite.<br />

Wenn Handlung soviel besagt wie Wirken überhaupt<br />

und primär orientiert ist vom Naturgeschehen her und seinem<br />

Wirkungszusammenhang, dann ist auch <strong>der</strong> Begriff <strong>der</strong> sittlichen,<br />

<strong>der</strong> freien, o<strong>der</strong> wie Kant gern sagt, <strong>der</strong> »willkürlichen«<br />

Handlung, eben als Handlung ontologisch auf das Sein im<br />

Sinne des Vorhandenseins orientiert, auf jene Seinsart, die gerade<br />

nicht das Sein des sittlich handelnden <strong>Wesen</strong>s, die Existenz<br />

des Menschen kennzeichnet. Die Existenz des Menschen bleibt<br />

dann in ihrer Seinsart grundsätzlich in einer Fehlbestimmung,<br />

o<strong>der</strong> zum mindestens in einer verhängnisvollen Unbestimmtheit,<br />

mag auch faktisch <strong>der</strong> existierende Mensch als sittliche<br />

Person, als Seiendes noch so klar und entschieden von Naturdingen<br />

und Sachen unterschieden sein. Handeln (Handlung) ist<br />

für Kant gleichbedeutend mit Wirken (Wirkung), mit dem lateinischen<br />

agere - effectus. Es ist <strong>der</strong> weitere Begriff gegenüber<br />

dem Tun - facere -, dem aber eine beson<strong>der</strong>e Art von Handlung,<br />

eine beson<strong>der</strong>e Art von Wirkung und effectus zugehört:<br />

das Werk- OpuS. 19<br />

Jedes Tun ist ein Handeln, aber nicht jedes Handeln ein<br />

Tun. >Tun< im Sinne von Herstellen, Verfertigen, Betreiben<br />

selbst wird unterschieden von >Tat< im Sinne von sittlicher<br />

Handlung, >Tat-handlung

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