Vom Wesen der menschlichen Freiheit. Einleitung ... - gesamtausgabe
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256 Kausalität und <strong>Freiheit</strong> als kosmologisches Problem<br />
und das damit Gemeinte in <strong>der</strong> Kantinterpretation, beson<strong>der</strong>s<br />
des Neukantianismus, heillos mißdeutet wurde, was nicht hätte<br />
geschehen können, wenn man gerade unsere Stelle zuerst o<strong>der</strong><br />
jedenfalls entscheidend herangezogen hätte. Denn hier bespricht<br />
Kant zwar nicht die Bedeutung und Funktion <strong>der</strong> AppelZeption<br />
für die Grundlegung <strong>der</strong> allgemeinen Metaphysik.<br />
wohl aber gibt er gerade hier die allgemeinste und entscheidende<br />
Charakteristik ihres <strong>Wesen</strong>s. >Bloße Apperzeption< - damit<br />
sind gemeint »Handlungen und innere Bestimmungen, die<br />
er [<strong>der</strong> Mensch] gar nicht zum Eindrucke <strong>der</strong> Sinne zählen<br />
kann«.24 Demnach liegt in <strong>der</strong> bloßen Apperzeption als Handlung<br />
eine Kausalität, ein Folgenlassen und Bestimmen. Welcher<br />
Art? Ein Bestimmen, dessen Bestimmendes und Bestimmungen<br />
nicht zum Eindruck <strong>der</strong> Sinne gezählt werden können, d. h.<br />
was als Bestimmendes in seinem Bestimmen vom Menschen<br />
nicht als Vorgefundenes und Vorfindliches hingenommen und<br />
empfangen wird, son<strong>der</strong>n was er selbst sich gibt, was ein Sichgeben<br />
allererst entstehen und in solchem Werden allein sein<br />
läßt. >Bloße Apperzeption< besagt dann, sich sich selbst geben,<br />
und zwar »lediglich« im Dasein,25 nicht in dem, was ich an sich<br />
bin. In dem, was ich selbst bin, kann ich mich nicht erkennen.<br />
nur in dem, daß ich bin, mein Dasein in seinem Daß kann ich<br />
schlechthin erkennen. vVarum? Weil ich das >IchIch denke< in allem Denken und Bestimmen schon immer<br />
bilde, nur im Aktus dieses Bestimmens mir schlechthin gegeben<br />
bin, nicht und nie vor diesem als an sich vorhandenes Bestimmendes.<br />
Wie das <strong>Wesen</strong> des Ich, die Ichheit, bestimmt wird,<br />
dayon hängt die Beantwortung <strong>der</strong> Frage seines Erfassens und<br />
die Art <strong>der</strong> möglichen Auslegung und Mitteilung ab. 26<br />
Die bloße Apperzeption ist ein Handeln, das nicht zur Rezeptivität<br />
gezählt werden kann, son<strong>der</strong>n den Charakter eines<br />
an<strong>der</strong>en Verhältnisses <strong>der</strong> Ursache zur 'tVirkung hat. Dieses<br />
24 Kant, Kr. d. r. V., A 546, B 574.<br />
2;; V gl. a.a.O., § 25, B 157 ff., insbeson<strong>der</strong>e B 157 f. Anm.<br />
26 Vgl. ebd., Schluß d. Anm.<br />
§ 25. Die positive Auflösung <strong>der</strong> dritten Antinomie 257<br />
Handeln ist kein Bestimmtwerden durch ein an<strong>der</strong>es als solches,<br />
son<strong>der</strong>n ein Bestimmtwerden durch sich selbst als ein Bestimmen.<br />
Solches nicht rezeptives und nicht empirisches, solches intelligibles<br />
Vermögen ist die Vernunft. Daraus geht aber zugleich<br />
hervor, daß die Vernunft selbst in ihrem Vernunfts ein<br />
charakterisiert ist als ein Art von Kausalität.<br />
Woraus wird nun ersichtlich, daß die Vernunft eine Kausalität<br />
habe bzw. daß wir <strong>der</strong>gleichen an ihr vorstellen? In diesen<br />
Handlungen des >Ich denkeim allgemeinen<<br />
vorstellen heißt begrifflich vorstellen. Dieses im allgemeinen<br />
Vorgestellte, das Sollen als Regel, ist ein Begriff. Sonach<br />
ist <strong>der</strong> Begriff Grund des Bestimmens des Handeins. »Dieses<br />
Sollen nun drückt eine mögliche Handlung aus, davon <strong>der</strong><br />
Grund nichts an<strong>der</strong>es, als ein bloßer Begriff ist; da hingegen<br />
von einer bloßen Naturhandlung <strong>der</strong> Grund je<strong>der</strong>zeit eine Erscheinung<br />
sein muß. «29<br />
27 a.a.O., A 547, B '175.<br />
28 a.a.O., A 548, B 576.<br />
29 a.a.O., A 547 f., B 575 f.