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Vom Wesen der menschlichen Freiheit. Einleitung ... - gesamtausgabe

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226 Kausalität und <strong>Freiheit</strong> als kosmologisches Problem<br />

wurzelung desselben im <strong>Wesen</strong> des <strong>menschlichen</strong> Daseins zu<br />

fragen. Das bedeutet zugleich, darauf zu verzichten, kritisch zu<br />

fragen, inwiefern die von Kant herausgestellten Antinomien<br />

schlechthin notwendig sind, inwiefern sie sich lediglich aufgrund<br />

<strong>der</strong> spezifisch kantischen Ansetzung des Vernunftproblems<br />

und <strong>der</strong> Frage nach dem Menschen als notwendig ergeben.<br />

Für uns geht es allein darum, die Stelle des <strong>Freiheit</strong>sproblems<br />

innerhalb <strong>der</strong> Metaphysik, seinen metaphysischen<br />

Charakter zu sehen und diesen ersten Weg zur <strong>Freiheit</strong> mit<br />

dem zweiten zur Einheit zu bringen.<br />

Das <strong>Freiheit</strong>sproblem gehört zum Weltproblem. Die Problematik<br />

erwächst als Antinomie einer kosmologischen Idee, <strong>der</strong><br />

Vernunfterkenntnis von <strong>der</strong> absoluten Totalität <strong>der</strong> Reihe <strong>der</strong><br />

Entstehung einer Erscheinung. Die kosmologisrhe Idee <strong>der</strong><br />

<strong>Freiheit</strong> erfährt aber dadurch noch eine beson<strong>der</strong>e Bestimmung<br />

und Auszeichnung, daß die kosmologischen Ideen vor allen an<strong>der</strong>en<br />

(den psychologischen und theologischen) in bestimmter<br />

Hinsicht eine Bedeutung haben, <strong>der</strong> gemäß es nicht möglich ist,<br />

sich <strong>der</strong> Aufgabe <strong>der</strong> Auflösung ihres Wi<strong>der</strong>streits zu entziehen.<br />

Die Versuchung liegt freilich nahe. Man könnte sich darauf<br />

berufen, daß es »unverschämte Großsprecherei« und »ausschweifen<strong>der</strong><br />

Eigendünkel«31 sei, alle Fragen lösen zu wollen,<br />

und daß es angebracht sei, in diesen letzten Fragen <strong>der</strong> Vernunft<br />

sich einfach zu bescheiden. Allein, dieses Vorschützen<br />

einer undurchdringlichen Dunkelheit <strong>der</strong> letzten Fragen mag<br />

bei den psychologischen und theologischen Ideen möglich und<br />

ein Zeichen wirklicher Bescheidung und Bescheidenheit sein, mit<br />

Bezug auf die kosmologischen Ideen ist soJches Verfahren nicht<br />

angängig, d. h. die Auflösung ihres Wi<strong>der</strong>streits ist notwendig.<br />

Inwiefern? Der Gegenstand <strong>der</strong> kosmologischen Ideen ist die<br />

Totalität <strong>der</strong> Erscheinungen. Diese Vollständigkeit des Vorhandenen<br />

in seinem Vorhandensein ist zwar empirisch nicht<br />

und nie gegeben, was aber thematisch in den kosmologischen<br />

31 a.a 0., A 476, B 504.<br />

§ 23. Die zwei Arten <strong>der</strong> Kausalität und die Antithetik 227<br />

Ideen genannt und gemeint ist, Kosmos, Natur, ist an<strong>der</strong>erseits<br />

gerade <strong>der</strong> mögliche Gegenstand <strong>der</strong> Erfahrung. Bei diesen<br />

Ideen muß <strong>der</strong> Gegenstand als gegeben vorausgesetzt werden,<br />

und die Fragen, die diese Ideen auslösen, betreffen eben<br />

nichts an<strong>der</strong>es als die Vollständigkeit <strong>der</strong> Synthesis <strong>der</strong> Erfahrung.<br />

Der Gegenstand ist an ihm selbst bekannt. Was hier als<br />

bekannt gegeben ist, muß auch das Richtmaß abgeben für die<br />

Beurteilung <strong>der</strong> Ideen und die Art, wie uns <strong>der</strong> Gegenstand<br />

dieser Ideen gegeben wird. Die kosmologischen Ideen sind<br />

zwar nicht ausführbar, d. h. die Totalität ist als solche nicht<br />

anschaulich darstellbar und zu geben, aber das Vorstellen <strong>der</strong>selben<br />

ist doch je<strong>der</strong>zeit von einem Gegebenen her und für dieses<br />

zu befolgen. Es könnte sein, daß diese Ideen in <strong>der</strong> Art,<br />

wie sie selbst entspringen und einan<strong>der</strong> wi<strong>der</strong>streitende Behauptungen<br />

aus sich heraussetzen, sich nicht an das halten, worauf<br />

sie als kosmologische Ideen bezogen sind, die Erscheinungen,<br />

und vor allem nicht an das, wie uns <strong>der</strong> Gegenstand dieser<br />

Ideen gegeben wird. Wenn wir uns aber darauf besinnen, dann<br />

finden wir am Ende den Schlüssel zur Auflösung und den Ursprung<br />

ihres Wi<strong>der</strong>streits. Sollte er auf einem Schein beruhen,<br />

dann müßte er sich auflösen und es wäre ein Weg gegeben,<br />

den Streit beizulegen und das in den Ideen Vorgestellte positiv<br />

einzubeziehen in die Möglichkeit <strong>der</strong> Erfahrung. Sollte aber<br />

<strong>der</strong> Streit trotzdem fortdauern, dann müßte doch irgendein<br />

Weg gesucht werden, denselben beizulegen. Mit Bezug auf das<br />

<strong>Freiheit</strong>sproblem heißt das: <strong>Freiheit</strong> als kosmologische Idee<br />

bleibt nicht einfach stehen als Gegenbegriff zur Naturkausalität,<br />

son<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Wi<strong>der</strong>streit bei <strong>der</strong> erfährt eine Auflösung, so<br />

daß die Möglichkeit <strong>der</strong> Einheit bei<strong>der</strong> - Kausalität aus <strong>Freiheit</strong><br />

und Kausalität nach <strong>der</strong> Natur - zum mindesten nicht<br />

undenkbar ist.<br />

Aber selbst von <strong>der</strong> Aussicht auf eine mögliche Auflösung<br />

des Wi<strong>der</strong>streits noch ganz abgesehen, liegt schon darin etwas<br />

<strong>Wesen</strong>tliches, daß man in <strong>der</strong> Antithetik die Argumente <strong>der</strong><br />

Vernunft für ihre Sätze gegeneinan<strong>der</strong> auftreten läßt. Kant

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