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Vom Wesen der menschlichen Freiheit. Einleitung ... - gesamtausgabe

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106 Die Leitfrage <strong>der</strong> Philosophie und ihre Fraglichkeit<br />

richtig, falsch aufgefaßt vom Redaktor, o<strong>der</strong> aber es handelt<br />

sich auch bei ÖLuvmu um etwas an<strong>der</strong>es. Dieses uAlliteuHv fällt<br />

nicht aus, weil es Eigenschaft eines subjektiven Zustandes ist,<br />

son<strong>der</strong>n weil hier ein Wahrsein und Verstelltsein vorliegt, das in<br />

sich umschlagen kann. Es ist mit dem eigentlichen Seienden gar<br />

nicht verhaftet. Gerade wenn diese Entborgenheit geschieht,<br />

kann und muß sie umschlagen. Dagegen ist jene uA~iteLu <strong>der</strong><br />

vOllm~ mit ihr selbst schlechthin, wenn sie ist. Der Ausschaltungsgrund<br />

ist nicht die Subjektzugehörigkeit, son<strong>der</strong>n die nicht vom<br />

Seienden selbst her bestimmte Seinsart des betreffenden UAlliteueLv.<br />

Die Wahrheit <strong>der</strong> ÖLuvmu offenbart grundsätzlich nicht,<br />

auch wo sie als uAlliteuew das Seiende meint, etwas schlechthin<br />

Eigenständiges am eigentlichen Seienden selbst: uAlliteuew OUX EV<br />

Toi~ lt(luYI-LUOLV(EV ÖLUVO[~). Das uAllitE~ geht aber doch EltL Tiöv<br />

lt(luYI-LUTWV (ltE(lL Ta UltAii ... ouö' EV ÖLUVO(~).41 Wir deuteten aber<br />

schon an, daß in <strong>der</strong> Kopula immer zugleich das Wahrsein mit<br />

enthalten ist. Wie ist dieser Zusammenhang von Sein und<br />

Wahrsein möglich? Jetzt erst haben wir einen Hinweis auf die<br />

Dimension des Problems gefunden. Die spätere Verunstaltung<br />

des Problems: Subjekt - Objekt, Akt und Sein und all <strong>der</strong>gleichen<br />

bleibt grundsätzlich unzureichend.<br />

e) Die Frage nach dem Wahrsein des eigentlichen Seienden<br />

als höchste und tiefste Frage <strong>der</strong> aristotelischen<br />

Auslegung des Seins.<br />

Das Kapitel 8 10 als Schlußstein des Buches 8 und <strong>der</strong><br />

aristotelischen Metaphysik überhaupt<br />

Wenn man diesen thematischen Gehalt des Kapitels 810 durch<br />

eine eindringliche und an dem antiken Seins- und Wahrheitsverständnis<br />

von vornherein und ständig orientierte Interpretation<br />

ans Licht gebracht hat, dann wird man das XU(lLOOTULOV als Charakter<br />

des uAllitE~ OV nicht mehr befremdlich finden. Man müßte<br />

41 Vgl. a.a.ü., 1027 b 25 ff.<br />

§ 9. Sein, Wahrheit, Anwesenheit 107<br />

sich umgekehrt wun<strong>der</strong>n, wenn das XU(lL0:J1:a1:0V nicht dastände.<br />

Zugleich dürfte deutlich geworden sein, daß die Art, wie Aristoteles<br />

hier das Problem des Wahrseins aufrollt, mit Logik und<br />

Erkenntnistheorie nichts zu tun hat. Die Frage nach dem Wahrsein<br />

des Seienden als Seienden entfaltet sich als die Grundfrage<br />

nach dem eigentlichen Sein des Seienden selbst. Als diese Frage<br />

steht sie im innersten Zusammenhang mit dem, was im ganzen<br />

Buch 8, in den vorausgehenden Kapiteln behandelt wird. Nur<br />

noch ein Hinweis auf den positiv eindeutigen Zusammenhang<br />

von 8 10 mit 8, um nicht die Meinung aufkommen zu lassen,<br />

als sei zwar 810 mit 8 nicht ganz zusammenhanglos, aber doch<br />

eben nicht eigentlich zusammengehörig. Im Buch 8 sind I\UVUI-U~<br />

und EVE(lyeLu Thema, Möglichkeit und Wirklichkeit als Grundweisen<br />

des Seins. Es wird gezeigt, daß das eigentliche Sein die<br />

EVE(lynu ist. Dasjenige Seiende ist eigentlich Seiendes, was jede<br />

Möglichkeit, jedes erst noch Eintreffende und jedes Ausbleibende<br />

von sich aus ausschließt, überhaupt jede Möglichkeit des An<strong>der</strong>swerdens.<br />

Wir pflegen zu sagen, damit etwas wirklich soll sein<br />

können, muß es überhaupt möglich sein. Die Möglichkeit ist also<br />

das Erste und früher, vor <strong>der</strong> Wirklichkeit. Aristoteles behauptet<br />

dagegen: lt(lOTe(lOV EVE(lyeLu öuvul-Leoo~ Eonv. 42 Früher und ursprünglicher<br />

als die Möglichkeit ist die Wirklichkeit. Das ist freilich<br />

nur zu behaupten aus dem spezifisch antiken Ansatz des<br />

Seinsproblems und <strong>der</strong> antiken Grundauffassung <strong>der</strong> Wahrheit<br />

als Entborgenheit. Dies ist jetzt nicht zu erörtern. Nur das eine<br />

sei noch gesagt: Wir sehen in 810, daß dort ein Grundstück <strong>der</strong><br />

ganzen thematischen Behandlung erörtert wird, die wachsende<br />

Ausschaltung <strong>der</strong> Möglichkeit <strong>der</strong> Unwahrheit von <strong>der</strong> Wahrheit,<br />

um so diese im eigentlichsten Sinne zu fassen. In 810 konzentriert<br />

sich die radikale und radikalste Fassung des Grundproblems<br />

von 8. Mit einem Wort: Das Kapitel 8 10 ist kein<br />

nicht dazugehöriges Anhängsel, son<strong>der</strong>n <strong>der</strong> innerlich notwendige<br />

Schlußstein des ganzen Buches 8, das selbst das zentralste<br />

<strong>der</strong> ganzen »Metaphysik« ausmacht.<br />

42 a.a.ü., 8 8, 1049 b 5.

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