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Vom Wesen der menschlichen Freiheit. Einleitung ... - gesamtausgabe

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238 Kausalität und <strong>Freiheit</strong> als kosmologisches Problem<br />

gehört, dann auch diese eigentümliche von Kant selbst als notwendig<br />

behauptete Verkehrung. Was ist es in <strong>der</strong> Menschennatur,<br />

das diese Verkehrung ermöglicht? Wir deuteten es bereits<br />

an: die Art des Seinsverständnisses, d. h. dessen Indifferenz.<br />

Woher kommt und warum geschieht diese? Ist aus dem<br />

Seinsverständnis selbst noch die Notwendigkeit dafür zu ersehen?<br />

Inwiefern ist sie notwendig und wird doch nicht mehr<br />

durch ein weiteres Warum hinterfragt? Was heißt das? Es gilt,<br />

die Endlichkeit des Menschen über die bloße Endlichkeit seiner<br />

Erkenntnis hinaus ans Licht zu bringen. Diese Endlichkeit gilt<br />

es sich zeigen zu lassen, nicht um festzustellen, daß und wo<br />

Grenzen sind, wo es zu Ende ist, wo es aufhört, wo das Nichtmehr-weiter<br />

sich auftut, son<strong>der</strong>n um die innere Gefaßtheit und<br />

Sammlung zu erwecken, womit und worin das <strong>Wesen</strong>tliche anfängt<br />

und von woher es allein zu seiner Zeit besteht.<br />

Wenn das Grundproblem einer Grundlegung <strong>der</strong> Metaphysik,<br />

wie es die »Kritik <strong>der</strong> reinen Vernunft« ist, im Problem<br />

<strong>der</strong> Endlichkeit des Menschen besteht, dann muß die umfassende<br />

und totale Durchdringung <strong>der</strong> »Kritik <strong>der</strong> reinen Vernunft«<br />

erst recht und immer unausweichlicher auf das Problem<br />

<strong>der</strong> Endlichkeit dringen. Aber, werden wir sagen, dieses Problem<br />

mag zentrale Bedeutung haben, für uns geht es um das<br />

Problem <strong>der</strong> <strong>Freiheit</strong>. Was haben wir für dieses aus <strong>der</strong> jetzigen<br />

Erörterung <strong>der</strong> Auflösung <strong>der</strong> Antinomien gewonnen? Ist<br />

dadurch irgendwie das, was wir suchen, deutlicher geworden,<br />

die systematische Stellung des <strong>Freiheit</strong>sproblems im Rahmen<br />

<strong>der</strong> Grundlegung <strong>der</strong> Metaphysik? Wenn in <strong>der</strong> angezeigten<br />

Weise <strong>der</strong> Wi<strong>der</strong>streit aufgelöst wird, so betrifft diese Auflösung<br />

nur negativ seine innere Unrechtmäßigkeit und Nichtigkeit.<br />

Dann aber wäre das in den Antinomien erörterte <strong>Freiheit</strong>sproblem<br />

selbst ein nichtiges. Kommt es so mit <strong>der</strong> aufgelösten<br />

Antinomie selbst zum verschwinden?<br />

Wir kommen über die vielleicht entscheidende Erkenntnis<br />

nicht hinaus: Die <strong>Freiheit</strong> ist im Sinne eines transzendentalen<br />

Naturbegriffes angesetzt. Allerdings, das ist das nackte Resul-<br />

§ 25. Die positive Auflösung <strong>der</strong> dritten Antinomie 239<br />

tat und doch nicht das eigentliche Ergebnis, jenes, was aus dem<br />

eigentlichen Verständnis des Problems erwächst. Das Problem<br />

war die Auflösung des Wi<strong>der</strong>streits zwischen Kausalität nach<br />

<strong>der</strong> Natur und Kausalität aus <strong>Freiheit</strong>. Auflösung des Wi<strong>der</strong>streits<br />

sagt gewiß zunächst: Beseitigung <strong>der</strong> Veruneinigung,<br />

dafür sorgen, daß sie nicht und nicht mehr besteht, also in gewissem<br />

Sinne etwas Negatives. Die eigentliche Auflösung des<br />

Wi<strong>der</strong>streites muß aber zu etwas Positivem führen, zur Möglichkeit<br />

<strong>der</strong> Einheit <strong>der</strong> beiden Streitenden. Man wird fragen,<br />

warum. Kant würde antworten: Einmal weil die Vernlmft<br />

überhaupt, auch als endliche menschliche, zum Grundprinzip<br />

die Einheit hat, sodann aber, weil gerade die kosmologischen<br />

Ideen eigentümlich auf die Erfahrung bezogen sind, die selbst<br />

eine Einheit <strong>der</strong> Gesetzlichkeit darstellt. Erst wenn also eine<br />

positive Einigung erreicht ist, werden wir den metaphysischen<br />

Kern des Antinomienproblems und damit des <strong>Freiheit</strong>sproblems<br />

fassen können. Um diesem Ziel nahe zu kommen, dazu<br />

dienten die letzten Erörterungen, nicht etwa nur einer äußerlichen<br />

Vervollständigung des historischen Berichts über dieses<br />

Lehrwerk <strong>der</strong> »Kritik <strong>der</strong> reinen Vernunft«.<br />

Was bisher in Kants Durchdringung <strong>der</strong> Antinomien negativen<br />

Charakter hatte, verlangt eine Wendung ins Positive.<br />

Das bedeutet, daß die bloße Kritik des Grundsatzes und seines<br />

Gebrauches von seiten <strong>der</strong> gemeinen Vernunft mit ihren vernünftelnden<br />

Schlüssen dazu übergehen muß auszumachen, was<br />

er nun selbst in <strong>der</strong> berichtigten Form sein kann, ja sein muß,<br />

wenn an<strong>der</strong>s gerade die kosmologischen Ideen gemäß ihrer ausgezeichneten<br />

Bezogenheit auf die Einheit des Erfahrbaren auch<br />

eine positive Funktion innerhalb des Gesamtproblems <strong>der</strong><br />

Möglichkeit <strong>der</strong> Erfahrung beanspruchen kann.<br />

Es zeigt sich, daß die gemeine Vernunft den Charakter des<br />

Grundsatzes verkennt, sofern sie diesen als einen Satz nahm, in<br />

dem etwas über die Dinge an sich ausgesagt werde. Dagegen<br />

wurde klar, daß <strong>der</strong> Grundsatz nur den Fortgang des Rückganges<br />

von <strong>der</strong> Gegebenheit des Bedingten zur Gegebenheit

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