Vom Wesen der menschlichen Freiheit. Einleitung ... - gesamtausgabe
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54 Die Leitfrage <strong>der</strong> Philosophie und ihre Fraglichkeit<br />
brauch und Irrtümeru ausgesetzt ist, aber eben deshalb auch,<br />
wenn am rechten Ort und in <strong>der</strong> rechten Weise und Grenze betrieben,<br />
fruchtbar sein kann. Wir haben auch das Wort ouaLa.<br />
nicht einfach aufgegriffen und seine Bedeutung lediglich zerglie<strong>der</strong>t,<br />
son<strong>der</strong>n wir sind eingegangen auf das in dieser Wortbedeutung<br />
genannte Seiende selbst, und zwar im Hinblick darauf, wie<br />
es in dem Wortgebrauch gemeint ist. Wir haben das Wort genommen<br />
als Ausspruch, in dem sich ein wesentliches Verhalten<br />
des Menschen zu Seiendem seiner ständigen und nächsten U mgebung<br />
ausspricht. Wir haben die Sprache im Ganzen genommen<br />
als die ursprüngliche Offenbarung des Seienden, inmitten dessen<br />
<strong>der</strong> Mensch existiert, <strong>der</strong> Mensch, dessen <strong>Wesen</strong>sauszeichnung es<br />
ist, in <strong>der</strong> Sprache, in dieser Offenbarung zu existieren. Gerade<br />
diese <strong>Wesen</strong>sauszeichnung haben die Griechen wie niemand vor<br />
und nach ihnen erfahren und ausgesprochen. Die Auszeichnung,<br />
in <strong>der</strong> Sprache zu existieren, haben die Griechen sogar direkt als<br />
das entscheidende Moment <strong>der</strong> <strong>Wesen</strong>sdefinition des Menschen<br />
festgelegt, indem sie sagen: aV{}QwJto:; ~0ov A6yov EXOV, ein Lebewesen,<br />
das die Sprache hat, d. h. sich hält in <strong>der</strong> Offenbarung<br />
des Seienden in <strong>der</strong> Sprache und durch sie.<br />
Unsere Interpretation ist kein äußerliches Feststellen einer<br />
Wortbedeutung anhand des Wörterbuches. Vor allem aber ist<br />
mit dem bisher über ouaLa Gesagten nicht das letzte Wort gesprochen,<br />
son<strong>der</strong>u es war nur die Vorbereitung für die Interpretation<br />
<strong>der</strong> philosophischen Bedeutung des Wortes. Diese Interpretation<br />
besteht nicht darin, die Bedeutungen zu sammeln, die<br />
das Wort an verschiedenen Stellen <strong>der</strong> philosophischen Schriften<br />
hat, son<strong>der</strong>n darin, es als Grund- und Problemwort nachzuweisen,<br />
um so die innerste Problematik <strong>der</strong> antiken Metaphysik ans<br />
Licht zu bringen, in welcher ouaLa als Problemwort aus und in<br />
<strong>der</strong> Leitfrage <strong>der</strong> Philosophie zu verstehen ist. Das wäre freilich<br />
Sache einer eigenen Vorlesung.<br />
Wir geben jetzt nur Hinweise, und zwar im Zusammenhang<br />
und in den Grenzen unseres eigenen Fragens. Der Zusammenhang<br />
und die Perspektive für das <strong>Freiheit</strong>sproblem ist die Frage:<br />
§ 8. Aufweis <strong>der</strong> verborgenen Grundbedeutung 55<br />
Was ist das Seiende? Inwieferuliegt in dem so gerichteten Fragen<br />
ein Angriffscharakter ? Zur Entscheidung des Problems ist<br />
gefor<strong>der</strong>t, die Leitfrage wirklich zu fragen, gerade das Fragwürdige<br />
in die Frage zu stellen! Gefragt ist nach dem Seienden<br />
als solchem - dem Sein! Und wie muß danach gefragt werden,<br />
daß eine Antwort möglich ist? Was heißt Sein? Von wo aus ist es<br />
verstanden? Es ist verstanden im Seins,erständnis, und zwar<br />
nicht erst in <strong>der</strong> Philosophie, son<strong>der</strong>u umgekehrt, diese entspringt<br />
jenem Erwachen des Seinsverständnisses. In solchem Erwachen<br />
geschieht ein Sichaussprechen. Also dort, im Erwachen<br />
<strong>der</strong> Philosophie, im entscheidenden Ereignis <strong>der</strong> Antike, kommt<br />
das Seinsverständnis zu Wort. Das Wort für Sein ist, und zwar<br />
schon in <strong>der</strong> alltäglichen Rede, ouaLa: Haus und Hof, Anwesen.<br />
Unsere Interpretation zeigte, daß und wie das in dieser alltäglichen<br />
Bedeutung von ouaLa beschlossene vorbegriffliche Seinsverständnis<br />
die Seiendheit des Seienden als ständige Anwesenheit<br />
zu verstehen gibt.<br />
Wenn das Sein als beständige Anwesenheit verstanden wird:<br />
Von woher empfängt solches Verstehen das erhellende Licht? In<br />
welchem Horizont bewegt sich das Seinsverständnis? Bevor wir<br />
ausdrücklich auf diese entscheidende Frage antworten, müssen<br />
wir zeigen, daß überhaupt und wie nun auch gerade in <strong>der</strong> Philosophie,<br />
soferu sie von <strong>der</strong> Frage ·d Ta ov geleitet ist, Sein als<br />
beständige Anwesenheit verstanden und im Lichte dieses Verstehens<br />
begriffen wird. Wir müssen uns hier mit dürftigen Hinweisen<br />
auf Aristoteles und Platon begnügen.<br />
§ 8. Aufweis <strong>der</strong> verborgenen Grundbedeutung von ouaLa<br />
(beständige Anwesenheit) an <strong>der</strong> griechischen Interpretation<br />
von Bewegung, Wassein und Wirklichsein (Vorhandensein)<br />
Wir sind ausgegangen von <strong>der</strong> alltäglichen Bedeutung des Wortes<br />
ouaLa, gen au er von dem, was es in vor- und außerphilosophischem<br />
Gebrauch beson<strong>der</strong>s meint: das Seiende qua Haus und