Vom Wesen der menschlichen Freiheit. Einleitung ... - gesamtausgabe
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264 Der zweite Weg zur <strong>Freiheit</strong> im kantischen System<br />
tik und nicht auf die bloßen Gehalte dessen, was zur Sprache<br />
kommt. Dieses letztere ist <strong>der</strong> Fall, wenn wir uns etwa begnügen<br />
mit <strong>der</strong> Feststellung o<strong>der</strong> auch weitläufigen Erörterung des<br />
Unterschiedes <strong>der</strong> beiden Wege in <strong>der</strong> folgenden Weise. Auf<br />
dem ersten Wege stoßen wir auf die <strong>Freiheit</strong> im Zusammenhang<br />
einer theoretischen Betrachtung <strong>der</strong> vorhandenen Dinge,<br />
<strong>der</strong> Natur in ihrer Totalität: <strong>Freiheit</strong> im Begriff <strong>der</strong> theoretischen<br />
(spekulativen) Philosophie. Auf dem zweiten Wege, wo<br />
das beson<strong>der</strong>e Weltwesen Mensch, und zwar als Person, d. h.<br />
als verantwortliches selbständig handelndes praktisches <strong>Wesen</strong>,<br />
ins Auge gefaßt wird, auf die <strong>Freiheit</strong> als Begriff <strong>der</strong> praktischen<br />
Philosophie.<br />
Auf dem ersten Wege erwächst <strong>der</strong> Begriff <strong>der</strong> <strong>Freiheit</strong> im<br />
Zusammenhang <strong>der</strong> Frage: Was gehört überhaupt dazu, damit<br />
die Totalität <strong>der</strong> Erscheinungen als solche bestimmt werden<br />
kann? Eine solche Frage ist eine >transzendentaletranszendental<<br />
nennt Kant alles Fragen und Erkennen, das gerichtet<br />
ist auf das, was im vorhinein die Erkenntnis des Gegenstandes<br />
als solche möglich macht. Der auf dem ersten Weg<br />
erwachsende Begriff ist <strong>der</strong> <strong>der</strong> transzendentalen <strong>Freiheit</strong>. Der<br />
Begriff <strong>der</strong> <strong>Freiheit</strong>, zu dem <strong>der</strong> zweite Weg, <strong>der</strong> auf die sittliche<br />
Praxis orientiert ist, führen soll, wird dann von Kant passend<br />
genannt die >praktische <strong>Freiheit</strong>praktische <strong>Freiheit</strong>< versteckt liegt. Solange uns dieses Verständnis<br />
fehlt, ist im Grunde auch die Problematik des ersten<br />
Weges nicht voll begriffen, obwohl dieser gerade vom zweiten<br />
Weg unabhängig zu sein scheint, was umgekehrt vom zweiten<br />
scheinbar nicht gesagt werden kann. So betont Kant selbst einmal<br />
in <strong>der</strong> »Grundlegung zur Metaphysik <strong>der</strong> Sitten«, daß die<br />
§ 27. Die Wirklichkeit <strong>der</strong> <strong>menschlichen</strong> <strong>Freiheit</strong> 265<br />
»spekulative Philosophie«, d. h. die Behandlung des Antinomienproblems,<br />
»<strong>der</strong> praktischen freie Bahn schaffe«. 4<br />
Wie kommen wir nun <strong>der</strong> spezifischen Problematik des zweiten<br />
Weges näher? Kann uns hierzu nicht doch auch <strong>der</strong> erste<br />
Weg einen Leitfaden des Verständnisses geben, vorausgesetzt,<br />
daß wir nicht einfach das Ergebnis des ersten Weges, son<strong>der</strong>n<br />
seine Problematik ins Auge fassen? Wie fragte noch <strong>der</strong> erste<br />
Weg nach <strong>der</strong> <strong>Freiheit</strong>? Nach <strong>der</strong> Möglichkeit ihrer Vereinigung<br />
mit <strong>der</strong> Kausalität <strong>der</strong> Natur. Mithin handelt es sich hier überhaupt<br />
nur um eine Möglichkeit bezüglich <strong>der</strong> <strong>Freiheit</strong>, d. h.<br />
nicht um die wirkliche <strong>Freiheit</strong> o<strong>der</strong> gar um die ganz bestimmte<br />
im Menschen wirkliche <strong>Freiheit</strong>. Demgemäß wird das Problem<br />
des zweiten Weges sein, die wirkliche <strong>Freiheit</strong>, und zwar des<br />
handelnden Menschen als sittlich handelnden, zu erörtern und<br />
zu erweisen. Der erste Weg handelt von <strong>der</strong> möglichen <strong>Freiheit</strong><br />
eines vorhandenen Seienden überhaupt, <strong>der</strong> zweite von<br />
<strong>der</strong> wirklichen <strong>Freiheit</strong> eines bestimmten vorhandenen Seienden,<br />
des Menschen als Person.<br />
§ 27. Die Wirklichkeit <strong>der</strong> <strong>menschlichen</strong><br />
(praktischen) <strong>Freiheit</strong><br />
a) <strong>Freiheit</strong> als Tatsache.<br />
Die Tatsächlichkeit (Wirklichkeit) <strong>der</strong> praktischen <strong>Freiheit</strong> in<br />
<strong>der</strong> sittlichen Praxis und das Problem ihrer >Erfahrung