23.11.2013 Aufrufe

Vom Wesen der menschlichen Freiheit. Einleitung ... - gesamtausgabe

Vom Wesen der menschlichen Freiheit. Einleitung ... - gesamtausgabe

Vom Wesen der menschlichen Freiheit. Einleitung ... - gesamtausgabe

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

116 Die Ausarbeitung <strong>der</strong> Leitfrage <strong>der</strong> Metaphysik<br />

doch: Nach dem Sein und auch nach <strong>der</strong> Zeit fragen, heißt noch<br />

nicht das Problem >Sein und Zeit< verstehen. Beides, Sein und<br />

Zeit, blieben in ihrem innersten Verwandtsein verborgen und<br />

wurden nicht, auch künftig nicht, als Problem erfahren. Sein<br />

wohl, Zeit wohl; aber Sein und Zeit? Das >UndUnd< von Sein und Zeit und so nach dem Grunde<br />

bei<strong>der</strong> fragt. Die Grundfrage lautet : Was ist das <strong>Wesen</strong> <strong>der</strong> Zeit,<br />

daß Sein in ihr gründet und in diesem Horizont die Seinsfrage<br />

als Leitproblem <strong>der</strong> Metaphysik entfaltet werden kann und<br />

muß?<br />

Von <strong>der</strong> Leitfrage sind wir zur Grundfrage vorgedrungen, indem<br />

wir die Fraglichkeit <strong>der</strong> Leitfrage aufdeckten. Das geschah<br />

durch die zwei Fragen: Was ist Thema in <strong>der</strong> Frage nach dem<br />

Seienden? Antwort: das Sein. Als was wird Sein verstanden?<br />

Antwort: als beständige Anwesenheit. Wir gaben zugleich Antworten<br />

auf diese Fragen, welche Antworten uns aber erst recht in<br />

die Problematik von Sein und Zeit hineintreiben. Jetzt sehen<br />

wir, daß diese Problematik auch auf die beiden genannten Fragen<br />

und ihre Antworten zurückschlägt. Denn erst aus <strong>der</strong> Problematik<br />

von Sein und Zeit heraus können wir fragen: Warum<br />

wird das Sein zunächst und zumeist von dem beson<strong>der</strong>en Zeitcharakter<br />

<strong>der</strong> Gegenwart (Anwesenheit) her verstanden? Und<br />

bezüglich <strong>der</strong> ersten Frage gilt es zu fragen: Wodurch wird überhaupt<br />

eine Unterscheidung des Seins vom Seienden möglich, mit<br />

Hilfe welcher Unterscheidung wird das Thema <strong>der</strong> Leitfrage<br />

schärfer bestimmt? Inwiefern zeigt die Problematik von Sein und<br />

Zeit einen Weg zur Erhellung des <strong>Wesen</strong>s dieser Unterscheidung<br />

von Seiendem und Sein, auf <strong>der</strong>en Grund wir im Verhalten zu<br />

Seiendem immer schon Sein verstehen, das heißt, in dem charakterisierten<br />

Seinsverständnis existieren?<br />

So breitet erst die Grundfrage die ganze Fraglichkeit <strong>der</strong> Leitfrage<br />

aus. Es öffnet sich eine ganze Welt in sich verklammerter,<br />

gleichwesentlicher Fragen, von denen aus gesehen die Leitfrage<br />

§ 11. Die Grundfrage <strong>der</strong> Philosophie 117<br />

sich roh und unbeholfen ausnimmt, aber nicht als überflüssig. Im<br />

Gegenteil. Jetzt erst, vom Einblick in das Seinsverständnis her<br />

und aus dem Zusammenhang mit <strong>der</strong> Zeit empfängt die anfänglich<br />

nur irgendwie aufgelesene und irgendwoher hereingebrochene<br />

Leitfrage ihre innere Notwendigkeit. Jetzt erst hat die<br />

Frage nach dem Seienden ihre volle Perspektive und ganze Weite<br />

gewonnen in <strong>der</strong> Grundfrage: Sein und Zeit, und damit aber<br />

auch die völlige Fraglichkeit aller in ihr beschlossenen Fragen.<br />

Zeigt sich nunmehr auch <strong>der</strong> gesuchte Angriffscharakter <strong>der</strong><br />

wirklich gefragten Leitfrage? Denn das ist jene dritte <strong>der</strong> drei<br />

Fragen, von denen wir ausgingen, um durch <strong>der</strong>en Beantwortung<br />

zu zeigen, daß das <strong>Freiheit</strong>sproblem ein wahrhaftes philosophisches<br />

Problem ist, auf das Ganze gehend und zugleich uns an die<br />

Wurzel gehend. Wir fragten 1 : 1. Ist in <strong>der</strong> positiven <strong>Freiheit</strong><br />

überhaupt eine grundsätzliche Erweiterung des Problems sichtbar?<br />

Unsere Antwort lautete: In <strong>der</strong> Autonomie, <strong>der</strong> absoluten<br />

Spontaneität. 2. Welche Perspektive öffnet sich mit dieser Erweiterung?<br />

Antwort: absolute Spontaneität, Kausalität, Bewegung,<br />

Seiendes, Leitfrage. 3. Ist die Perspektive <strong>der</strong>art, daß wir<br />

daraus die Möglichkeit erfahren: Das philosophische Aufs­<br />

Ganze-Gehen ist ein Uns-an-die-Wurzel-Gehen? Jetzt erfassen<br />

wir die Art <strong>der</strong> Perspektive <strong>der</strong> Leitfrage durch die Ausarbeitung<br />

<strong>der</strong> sie tragenden und führenden Grundfrage (Sein und<br />

Zeit). Als Schema dieser Perspektive ergab sich: Sein und Zeit­<br />

Zeit - beständige Anwesenheit - Sein - Seiendes als solches -<br />

positive <strong>Freiheit</strong>.<br />

Aber vergeblich schauen wir aus nach dem gesuchten Angriffscharakter<br />

des Fragens <strong>der</strong> Grundfrage. Vielleicht werden wir<br />

den Angriffscharakter überhaupt nicht erfahren, solange wir nur<br />

so Ausschau halten und alsbald vergessen haben, daß wir ihn erstens<br />

nur erfahren im wirklichen Fragen, und zweitens, daß wir<br />

im wirklichen Fragen auch nur die Möglichkeit erfahren, angegriffen<br />

zu werden - eine Möglichkeit allerdings ganz eigener<br />

1 Vgl. oben S. 26.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!