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Vom Wesen der menschlichen Freiheit. Einleitung ... - gesamtausgabe

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80 Die Leitfrage <strong>der</strong> Philosophie und ihre Fraglichkeit<br />

c) Die thematische Erörterung des OV w~ UI..'ll{}E~<br />

als XUQLWTUTOV ov in »Metaphysik« 8 10 und die Frage <strong>der</strong> Zugehörigkeit<br />

des Kapitels zum Buch 8. Der Zusammenhang von<br />

Textfrage und Sachfrage als Frage nach <strong>der</strong> Zusammengehörigkeit<br />

des Seins qua Wahrsein mit dem Sein qua Wirklichsein<br />

(EVEQyd~ ov)<br />

Nun schließt dieses Buch mit einem Kapitel 10, das folgen<strong>der</strong>maßen<br />

beginnt. Ich zitiere zunächst ganz und dann verkürzt. 'End<br />

öl:: TO OV I..EYETU.L XUL TO !!1] ov TO !!EV MTU TU OX~!!UtU TWV XUT'llYOQlWV,<br />

TO ÖE MTU IlUVU!!LV ft EVEQyetUV Tovnov ft tUVUVtLU, TO llE XUQLonUTU<br />

OV UI..'ll{}E~ ft 'l\JEVÖO~, TOVTO ö' EnL TWV nQuY!!(lTWV EOTL Teil OUYXELottm<br />

ft ÖlTIQ~o{}m, WOt' UI..'ll{}EVEL !!EV 6 TO ÖLTIQ'll!!EVOV OtO!!EVO~ ÖLTIQ~o{}m<br />

XUL tO OUYXEL!!EVOV OUyxELo{}m, E'l\JEuOTm ÖE 6 EVUVTLW~ EXWV ft TU<br />

n()(xy!!UtU, nOT' EO'tLV ft OUX EO'tL TO w~ UI..'ll{}E~<br />

l..eyO!!EVOV ft 'l\JEVÖO~;<br />

TOU'tO YUQ oxenTEov TL "AEYO!!EV. 6 ••. TO llE XUQlWTU.tU OV UI.. 'll{}E~<br />

'l\JEVÖO~. Was zeigt sich hier? Es wird ausdrücklich das OV (w~)<br />

al..rJ{}E~ ins Thema genommen. Am Ende des eigentlichen und<br />

zentralen thematischen Buches <strong>der</strong> »Metaphysik« wird ein Thema<br />

<strong>der</strong> Logik behandelt, das doch von Aristoteles selbst ausdrücklich<br />

in E 4 aus dem Bereich <strong>der</strong> Ersten Philosophie ausgeschieden<br />

wurde. Es ist ohne weiteres klar, daß dieses Kapitel<br />

nicht hierher gehört. Das äußere Zeichen ist überdies, daß es<br />

am Schluß des Buches steht, d. h. es ist irgendwie später von<br />

an<strong>der</strong>en angefügt worden, wenngleich <strong>der</strong> Inhalt des ganzen<br />

ohne Zweifel aristotelisch ist. Das anzunehmen hat in <strong>der</strong> Tat<br />

keine Schwierigkeit, da ja die ganze »Metaphysik« des Aristoteles<br />

kein von ihm durchkomponiertes Werk und System ist,<br />

son<strong>der</strong>n eine Sammlung verschiedener, in sich freilich abgeschlossener<br />

Abhandlungen, die dem Inhalt, aber nicht <strong>der</strong> literarischen<br />

Komposition nach zusammengehören. Daß dieses<br />

Kapitel über das Wahrsein nicht zur Abhandlung über die<br />

Wirklichkeit als solche gehören kann, wird vollends klar dar-<br />

6 a.a.O., 8 10, 1051 a 34 - b 6.<br />

ft<br />

§ 9. Sein, Wahrheit, Anwe~enheit 81<br />

aus, daß hier sogar das OV UI..'ll1}E~, das Wahrseiende, als das<br />

eigentlichste Seiende eingeführt wird, also als das Seiende, das<br />

noch eigentlicher seiend ist als das EVEQyd~ ov, was allem Bisherigen<br />

und von Aristoteles Bekannten wi<strong>der</strong>spricht.<br />

Wir sehen, wie anhand <strong>der</strong> Textfrage <strong>der</strong> Zugehörigkeit dieses<br />

Schlußkapitels über das Wahrsein zum Buch 8 zugleich das sachliche<br />

Problem, d. h. die Frage nach <strong>der</strong> Bedeutung des Wahrseins<br />

selbst, heraustritt, näherhin die Frage <strong>der</strong> Zusammengehörigkeit<br />

des Seins qua Wahrsein mit dem Sein qua Wirklichsein.<br />

Allein, für die traditionelle und gerade auch die jüngste Auslegung<br />

und Behandlung dieses Kapitels 10 liegt hier überhaupt<br />

kein Problem vor, weil keines vorliegen kann. Denn, das weiß<br />

doch je<strong>der</strong> Anfänger in <strong>der</strong> Philosophie, das Problem <strong>der</strong> Wahrheit<br />

gehört in die Logik und nicht in die Metaphysik und vollends<br />

gar in die Abhandlung, die das Grundproblem <strong>der</strong> Metaphysik<br />

zum Thema hat. Aus solchen überlegungen heraus<br />

schreibt Schwegler, dem wir einen philosophisch wertvollen, von<br />

Hegel her geschulten Kommentar zur aristotelischen »Metaphysik«<br />

verdanken, ganz spontan: »Dieses Capitel gehört nicht hieher«.7<br />

Werner Jaeger, dem wir eine sehr verdienstvolle Untersuchung<br />

über die Komposition <strong>der</strong> aristotelischen »Metaphysik«<br />

verdanken 8 , hält diese Auffassung Schweglers für überzeugend.<br />

»Mithin bleibt es dabei, daß das Kapitel zusammenhanglos dasteht.<br />

«9 J aeger meint allerdings trotzdem im Unterschied von<br />

Schwegler, Aristoteles selbst habe, unbeschadet <strong>der</strong> Zusammenhanglosigkeit<br />

mit dem ganzen Buch, dieses »Anhängsel« angefügt.<br />

7 A. Schwegler: Aristoteles, Metaphysik. 4 Bde., 1846-47. Unverän<strong>der</strong>ter<br />

Nachdruck, Frankfurt am Main (Minerva) 1960. Bd. IV, S. 186.<br />

8 W. Jaeger, Studien zur Entwicklungsgeschichte <strong>der</strong> Metaphysik des<br />

~ristoteles. Berlin 1912. Vgl. auch W. Jaeger, Aristoteles. Grundlegung<br />

emer Geschichte seiner Entwicklung. Berlin 1923. Dort auf frühere Untersuchungen<br />

verwiesen. S. 211 ff.<br />

9 W. Jaeger, Studien zur Entwicklungsgeschichte <strong>der</strong> Metaphysik des<br />

Aristoteles. S. 53.

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