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Vom Wesen der menschlichen Freiheit. Einleitung ... - gesamtausgabe

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60 Die Leitfrage <strong>der</strong> Philosophie und ihre Fraglichkeit<br />

mitgezählt sind, sofern unter Gegensatz die Zweiheit <strong>der</strong> Gegensatzglie<strong>der</strong><br />

mitbegriffen ist. Es müssen mindestens diese<br />

drei (zwei) uQXaL gegeben sein für die Möglichkeit <strong>der</strong> Bewegung;<br />

es brauchen nicht mehr zu sein. TQonov BE TLva lfAAOV olJX.<br />

uvayxaLov. 4 Auf eine gewisse an<strong>der</strong>e Weise ist die Dreiheit <strong>der</strong><br />

Prinzipien nicht notwendig für die Möglichkeit <strong>der</strong> !-lETaßOA~.<br />

Lxavov yaQ /faTal TO lhEQov Tiiiv EvanLWv nOLELv TU unouaL~ xai naQouaL~<br />

T~V !-lETaßoA~v5, denn es kann zureichen für die Möglichkeit<br />

eines Umschlages, daß das eine <strong>der</strong> Gegeneinan<strong>der</strong>liegenden,<br />

d. h. unouaLa o<strong>der</strong> naQouaLa das Umschlagen ausmache.<br />

Diese Stelle ist für uns nach ihrem ganzen Zusammenhang in<br />

mehrfacher Hinsicht von Bedeutung. Zunächst gibt sie zwei<br />

sprachliche Prägungen des schon bekannten Wortes ouaLa. Diese<br />

Prägungen sind charakteristisch. Sie bringen zwei mögliche Bedeutungen<br />

von ouaLa zum Ausdruck: Ab-wesenheit und An-wesenheit.<br />

Sie weisen unmißverständlich darauf hin, daß es sich in<br />

dem Begriff ouaLa um Gegenwart und Ungegenwart handelt.<br />

Zugleich kann man jetzt aber auch sagen: Wenn unouaLa -<br />

nUQouo(u Abwesenheit - Anwesenheit heißt, dann heißt ouaLU<br />

bloß <strong>Wesen</strong>heit, etwas was über beiden schwebt, we<strong>der</strong> das eine<br />

noch das an<strong>der</strong>e ist. Es heißt nicht, wie wir behaupteten, Anwesenheit.<br />

Diese drückt <strong>der</strong> Grieche durch nUQouaLu aus. Dieser<br />

formal sprachliche Einwand scheint unwi<strong>der</strong>leglich zu sein. In<br />

<strong>der</strong> Tat, er kann und darf formal sprachlich nicht wi<strong>der</strong>legt werden,<br />

nicht durch Berufung auf das direkt und ausdrücklich im<br />

Wortgebrauch Gemeinte, weil ja die These, ouaLu ist gleich beständige<br />

Anwesenheit, sich nicht beruft auf das, was im alltäglichen<br />

Wort gebrauch direkt und ausdrücklich gemeint ist.<br />

Was mit <strong>der</strong> von uns behaupteten Grundbedeutung gemeint<br />

ist und wie sie gemeint ist, wird nachher zu erörtern sein. Wir<br />

halten jetzt lediglich fest: ovaLU hat eine solche Bedeutung, daß<br />

sie abwandelbar ist in die Bedeutung von Ab-wesenheit und<br />

4 a.a.O., I 7, 191 a 5 f.<br />

5 a.a.O., I 7, 191 a 6 f.<br />

§ 8. Aufweis <strong>der</strong> verborgenen Grundbedeutung 61<br />

An-wesenheit, Ungegenwart und Gegenwart in gewissem Sinne.<br />

(nuQ)oua(u<br />

;( ~,<br />

3ta(lOUOLIl CtltOU(HU<br />

Die eigens gemeinte, ausgesprochene und gegen die unoua(a<br />

gesetzte nUQouaLu ist nur auf Grund <strong>der</strong> ursprünglichen naQouaLa.<br />

Wie dies möglich ist und was es heißt, bleibt Problem, und zwar<br />

nicht nur ein literarisches <strong>der</strong> Interpretation antiker Grundbegriffe,<br />

son<strong>der</strong>n ein grundsätzliches, rein sachliches Problem.<br />

Bevor wir diesem Problem näher kommen wollen, gilt es zu<br />

beachten, was die angeführte Stelle uns weiterhin sagt für unsere<br />

Aufgabe <strong>der</strong> Interpretation des philosophischen Grundwortes<br />

ouaLa. Daß die Auslegung und schon Beschreibung <strong>der</strong> !-lE'taßo),~<br />

orientiert ist auf Ab- und Anwesenheit - und zwar in gewisser<br />

Weise schon bei Platon, denn dort finden wir: Übergang von Nicht<br />

zu Sein und umgekehrt -, das ausdrücklich zu sehen und zu verstehen,<br />

ist von <strong>der</strong> größten Tragweite. Die Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Farbigkeit<br />

zum Beispiel wird gefaßt als Verschwinden des einen und<br />

zum Vorschein-kommen des an<strong>der</strong>en: Bleiben und Nichtbleiben.<br />

Falls nicht nur von einer Än<strong>der</strong>ung (Wechsel) die Rede ist, son<strong>der</strong>n<br />

von dem Vor gang, den wir im engeren Sinne> Werden< nennen<br />

- die weiße Kreide wird zur roten -, da geschieht dieses Umschlagen<br />

von Nichtbleiben in Bleiben <strong>der</strong>art, daß darunter noch:<br />

uno, etwas bleibt: !-lEVOV. Die Interpretation des <strong>Wesen</strong>s <strong>der</strong> Bewegung<br />

iiberhaupt erfolgt durch und durch in Bestimmungen<br />

des Bleibens und Nichtbleibens, Dabeibleibens und Ausbleibens.<br />

Beachten wir nun, daß Werden und Entstehen im Grunde besagt:<br />

das Sein gewinnen, zum Sein, zum So- und So-sein kommen,<br />

daß Än<strong>der</strong>ung, Wechsel das An<strong>der</strong>ssein betrifft, dann<br />

springt <strong>der</strong> Zusammenhang zwischen Sein und Bleiben und dessen<br />

Abwandlungen in die Augen. Bleiben heißt: ständige Anwesenheit<br />

durchhalten; Seiendheit, ouaLa, ist verstanden als beständige<br />

Anwesenheit.<br />

Allein, wir sahen doch schon: Was wir <strong>der</strong> ovaLa zusprechen,

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