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Vom Wesen der menschlichen Freiheit. Einleitung ... - gesamtausgabe

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44 Die Leitfrage <strong>der</strong> Philosophie und ihre Fraglichkeit<br />

dem, als was wir es da verstehen, was wir damit im Grunde<br />

meinen. Wir bewegen uns in einem vorbegrifflichen Seinsverständnis.<br />

Damit ist <strong>der</strong> Hinweis gegeben auf das gleichwohl noch<br />

rätselhafte Faktum, daß wir schon und gerade im alltäglichen<br />

Dahinexistieren Sein des Seienden verstehen. Nicht nur dies,<br />

wir haben dabei schon eine ganze Reihe von Charakteren dieses<br />

Seinsverständnisses kennen gelernt, die wir jetzt aufzählend zusammennehmen:<br />

1. Weite des Seins, (alle Bereiche des Seienden,<br />

d. h. irgendwie Ganzheit des Seienden) worin wir uns halten;<br />

2. Durchdringung je<strong>der</strong> Art <strong>menschlichen</strong> Verhaltens; 3. Unausgesprochenheit;<br />

4. Vergessenheit; 5. Unterschiedslosigkeit; 6.<br />

Vorbegrifflichkeit; 7. Täuschungsfreiheit; 8. Anfängliche Geglie<strong>der</strong>theit.<br />

Wenn nun das Philosophieren als solches damit überhaupt<br />

aufbricht und anhebt, sich selbst auszubilden damit, daß menschliches<br />

Fragen dem Seienden selbst sich gegenüberstellt und an es<br />

die Frage stellt, was es, das Seiende, als solches sei, dann muß<br />

offenbar im Verlauf solchen Fragens und Versuchens von Antworten<br />

- es mag alles scheinbar noch so unbeholfen ausfallen<br />

- eigens an den Tag kommen, als was dabei nicht nur das<br />

Seiende als solches, son<strong>der</strong>n das Sein des Seienden verstanden<br />

wird.<br />

Dieses in <strong>der</strong> Philosophie sich aussprechende Seinsverständnis<br />

kann von <strong>der</strong> Philosophie nicht erfunden und erdacht sein, son<strong>der</strong>n<br />

weil das Philosophieren als Urhandlung des Menschen in<br />

diesem selbst erwacht, mithin aus dem entspringt, was er vor<br />

aller ausdrücklichen Philosophie schon war, und weil in dieser<br />

vorphilosophischen Existenz des Menschen bereits ein Verstehen<br />

des Seins liegen muß - denn an<strong>der</strong>s könnte er sich überhaupt<br />

nicht zu Seiendem verhalten - deshalb ist das Seinsverständnis,<br />

das in <strong>der</strong> Philosophie sich ausspricht, dasjenige, was <strong>der</strong> Mensch<br />

als solcher schon aus seiner vorphilosophischen Existenz mitbringt.<br />

Das Erwachen des Seinsverständnisses, das Vorfinden<br />

für es selbst, ist die Geburt <strong>der</strong> Philosophie aus dem Dasein im<br />

Menschen. Wir können hier jetzt diese Geburt <strong>der</strong> Philosophie<br />

§ 7. Das vorbegriffliche Seinsverständnis 45<br />

als Erwachen des Seinsverständnisses in <strong>der</strong> abendländischen<br />

Geschichte nicht verfolgen. Wir müssen uns mit einem schematischen<br />

Hinweis begnügen.<br />

b) Die Vieldeutigkeit von ouaLa als Zeichen des<br />

Reichtums und <strong>der</strong> Not <strong>der</strong> unbewältigten Probleme<br />

im Erwachen des Seinsverständnisses<br />

Erwachen des Seinsverständnisses besagt, das Seiende als Seiendes<br />

erfahren, d. h. hinsichtlich seines Seins mitverstehen. Das Sein<br />

kommt dabei in die Sicht und in den Blick eines sich selbst noch<br />

ganz verborgenen Verstehens. Die Verborgenheit dieses Seinsverständnisses<br />

aber schließt gleichwohl in sich, daß, wenn es ein<br />

Verstehen des Seins ist, dabei das Sein von irgendwoher als das<br />

und das erhellt sein muß. Wenn und wo Seiendes als Seiendes<br />

erfahren wird, steht das Sein des Seienden in <strong>der</strong>, wenn auch noch<br />

so verborgenen Helle eines Verständnisses. Wenn und wo aber<br />

Seiendes so erfahren wird und nun ausdrücklich und absichtlich<br />

befragt wird, was es sei, ist vom Seienden in seinem Sein irgendwie<br />

die Rede. Erfahrung von Seiendem als Seiendem, und d. h.<br />

jetzt Seinsverständnis, muß sich dann eigens irgendwie aussprechen,<br />

zu Wort kommen. Wo philosophiert wird, kommt das<br />

Seinsverständnis zu Wort, Sein wird verstanden und irgendwü'<br />

gegriffen und begriffen, gesehen im Lichte von ... - wovon?<br />

In welchem Lichte die antike Philosophie - die abendländische<br />

Philosophie in ihrem entscheidenden Anfang - das Sein versteht,<br />

das muß sich daher auffinden lassen, indem wir fragen und<br />

antworten: In welchem Grundwort spricht sich die Antike über<br />

das Sein aus, welches Wort gebraucht die Philosophie als terminologische,<br />

d. h. ausdrücklich umgrenzte und dafür ernannte<br />

Bezeidmung des Seins? Wir fragen nach dem antiken Wort für<br />

das Sein, nicht etwa für das Seiende, obwohl die jeweiligen<br />

Wortbedeutungen für beides, damals wie heute noch, außerhalb<br />

und innerhalb <strong>der</strong> Philosophie durcheinan<strong>der</strong>laufen. Wenn wir<br />

in unserer heutigen und früheren philosophischen Literatur le-

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