Vom Wesen der menschlichen Freiheit. Einleitung ... - gesamtausgabe
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136 Die Ausarbeitung <strong>der</strong> Leitfrage <strong>der</strong> Metaphysik<br />
schen, kurz gesagt, metaphysisch sehen, dann bewegen wir uns,<br />
sobald wir je uns selbst verstehen, längst nicht mehr in <strong>der</strong> Bahn<br />
einer kleinen und kurzen egoistischen Reflexion auf unser Ich.<br />
Wir stehen jetzt in uns selbst, in unserem <strong>Wesen</strong>, wo alle Psychologie<br />
und <strong>der</strong>gleichen zerbröckelt. Es wäre unfruchtbar, wollten<br />
wir länger über diese metaphysische Grun<strong>der</strong>fahrung des Menschen<br />
Erörterungen und Vermutungen anstellen. Was sie ist,<br />
d. h. wie sie sich als Philosophie ins Werk setzt, ist nur im<br />
konkreten Fragen erfahr- und wißbar. Nur das eine ist klar:<br />
Der Mensch, gründend in <strong>der</strong> <strong>Freiheit</strong> seines Daseins, hat die<br />
Möglichkeit, diesen seinen Grund zu ergründen, um sich so an<br />
die wahrhafte innere metaphysische Größe seines <strong>Wesen</strong>s zu<br />
verlieren und sich gerade dort in seiner existenziellen Einzelheit<br />
zu gewinnen. Die Größe <strong>der</strong> Endlichkeit ist längst im<br />
Lichte einer falschen und verlogenen Unendlichkeit klein und<br />
schal geworden, so daß wir Endlichkeit und Größe nicht mehr<br />
zusammenzudenken vermögen. Der Mensch ist nicht das Ebenbild<br />
Gottes als des absoluten Spießbürgers, son<strong>der</strong>n dieser Gott<br />
ist das unechte Gemächte des Menschen.<br />
Allein, jetzt erhebt sich für die konkrete Entfaltl~ng und<br />
Durcharbeitung des <strong>Freiheit</strong>sproblems die Frage: WIe sollen<br />
wir dorthin gelangen, wohin uns <strong>der</strong> <strong>Wesen</strong>sblick in die <strong>Freiheit</strong><br />
leitet? Was heißt: <strong>Freiheit</strong> ist <strong>der</strong> Grund <strong>der</strong> Möglichkeit<br />
des Daseins des Menschen? Die <strong>Freiheit</strong> wird uns als dieser<br />
Grund nur offenbar, wenn es gelingt, im Ansatz und in <strong>der</strong><br />
Art des Fragens und <strong>der</strong> Richtung und Schärfe <strong>der</strong> begrifflichen<br />
Erhellung die <strong>Freiheit</strong> als solchen Grund Grund sein<br />
zu lassen. Wir fragen daher: Was heißt Dasein des Menschen,<br />
was heißt Grund? Was heißt Grund des Daseins? Inwiefern<br />
stoßen wir da auf <strong>Freiheit</strong>? Auf solchem Wege könnten wir<br />
das metaphysische <strong>Freiheit</strong>sproblem philosophierend uns vertraut<br />
machen.<br />
Ich habe aber einen an<strong>der</strong>en Weg, <strong>der</strong> zum selben Ziel führt,<br />
gewählt, einen Weg, <strong>der</strong> uns ständig zwingt zum Zwiegespräch<br />
mit den Philosophen und insbeson<strong>der</strong>e mit Kant. Schon aus<br />
§ 14. Die Umstellung <strong>der</strong> Frageperspektive 137<br />
Früherem ist erinnerlich, daß er das <strong>Freiheit</strong>sproblem zum erstenmal<br />
am radikalsten in seiner philosophischen Tragweite gesehen<br />
hat. Wenn wir das <strong>Freiheit</strong>sproblem nicht in einer monologisch<br />
freien Reflexion entfalten, son<strong>der</strong>n im auseinan<strong>der</strong>setzenden<br />
Zwiegespräch, dann soll das nicht dazu dienen, uns frühere<br />
Meinungen über das Problem historisch zur Kenntnis zu<br />
geben, son<strong>der</strong>n es soll uns verstehen lassen, daß die Probleme<br />
vom Charakter des unsrigen überhaupt nur ihre eigentliche<br />
Lebendigkeit in dieser geschichtlichen Auseinan<strong>der</strong>setzung haben,<br />
einer Geschichte, <strong>der</strong>en Geschehen außerhalb des Ablaufes<br />
von Begebenheiten liegt.<br />
Wenn wir eine Auseinan<strong>der</strong>setzung mit Kaut erzwingen,<br />
dann bringen wir das <strong>Freiheit</strong>sproblem zunächst wie<strong>der</strong> in die<br />
Perspektive des Problems <strong>der</strong> Kausalität, des Ursacheseins. Die<br />
Notwendigkeit einer Auseinan<strong>der</strong>setzung ist umso aufdringlicher,<br />
als wir selbst <strong>Freiheit</strong> fassen als Grund <strong>der</strong> Möglichkeit<br />
des Daseins. In welchem Zusammenhang Ursache und Grund<br />
stehen, das ist fraglich.<br />
Wir stellen unsere folgenden Betrachtungen unter den ganz<br />
allgemeinen Titel: Kausalität und <strong>Freiheit</strong>. Ich verzichte darauf,<br />
weitläufig ein Programm <strong>der</strong> Fragen zu entwickeln, die<br />
unter diesem Titel verborgen liegen. Es liegt mir daran, daß<br />
Sie ein Stück wirklichen Weges <strong>der</strong> >Forschung< mitgehen, auf<br />
die Gefahr, daß Sie unterwegs zuweilen den Blick auf das<br />
Ganze verlieren. Eine kurze Anzeige <strong>der</strong> Problematik, wie ich<br />
sie im Titel verborgen liegen sehe, mag jedoch gegeben sein,<br />
und zwar ganz formelhaft und scheinbar gewalttätig.<br />
In <strong>der</strong> Zusammenstellung von Kausalität und <strong>Freiheit</strong> liegt<br />
zunächst die Frage: Ist <strong>Freiheit</strong> ein Problem <strong>der</strong> Kausalität,<br />
o<strong>der</strong> ist Kausalität ein Problem <strong>der</strong> <strong>Freiheit</strong>? Ist das letztere<br />
<strong>der</strong> Fall, wird also die <strong>Freiheit</strong> Problemgrund, wie muß <strong>Freiheit</strong><br />
dann begriffen werden? Kann sie so begriffen werden, daß<br />
wir aus ihrem <strong>Wesen</strong> ersehen, inwiefern <strong>Freiheit</strong> negativ und<br />
positiv gefaßt werden kann und muß? Läßt sich zeigen, inwiefern<br />
<strong>Freiheit</strong> aus ihrem <strong>Wesen</strong> ist <strong>Freiheit</strong> von ... und <strong>Freiheit</strong>