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Vom Wesen der menschlichen Freiheit. Einleitung ... - gesamtausgabe

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186 Kausalität und <strong>Freiheit</strong> als kosmologisches Problem<br />

für dieses Erfahren eine Anweisung geben, <strong>der</strong>gemäß so etwas<br />

wie Wahrnehmung einer objektiven, d. h. für das Nacheinan<strong>der</strong><br />

<strong>der</strong> Apprehension verbindlichen Folge überhaupt möglich<br />

ist. Kann die Zeit selbst eine solche Anweisung geben bzw. zu<br />

einer solchen beitragen? Liegt in ihr selbst hinsichtlich des Folgens<br />

eine Gesetzlichkeit und Verbindlichkeit? Gewiß, sofern ich<br />

zu einer folgenden Zeit, zu einem Nachher nicht an<strong>der</strong>s gelangen<br />

kann als im Durchgang durch ein Vorher. Etwas Nachheriges,<br />

Späteres kann ich zwar an ihm selbst ohne Rücksicht auf<br />

seine Nachherigkeit erfassen, ohne Durchgang durch ein Früheres,<br />

aber nie das Nachherige als ein solches ohne Durchgang<br />

durch Vorheriges. Die vorige Zeit bestimmt die folgende Zeit<br />

notwendig. Die folgende Zeit kann ohne die vorige nicht sein,<br />

aber die vorige ohne eine folgende? Die Zeit ist eine nicht umkehrbare,<br />

in einer bestimmten Richtung gerichtete Folge. Wenn<br />

demnach im Erfahren ein innerzeitiges Geschehen als solches<br />

bestimmt werden soll, so muß sich dieses Bestimmen an die<br />

Richtung <strong>der</strong> Zeitfolge halten. Alle Bestimmung <strong>der</strong> je beson<strong>der</strong>en<br />

faktischen Zusammenhänge vollzieht sich auf dem<br />

Grunde jener Gesetzlichkeit. Daher sagt Kant sinngemäß im<br />

Grundsatz des Kausalverhältnisses: Es muß jeglicher Erscheinung<br />

als zeitlicher Begebenheit, d. h. solchem, was anhebt zu<br />

einer bestimmten Zeit vorhanden zu sein, zuerkannt werden<br />

ein Vorangehendes in <strong>der</strong> Zeit, was das sich Begebende als das<br />

Nachfolgende bestimmt. 1B Alles Erfolgen als Fortgang in einem<br />

Vorgang ist nur erfahrbar, wenn es überhaupt und im vorhinein<br />

bezogen ist auf den Vorhergang von solchem, was es in seinem<br />

Folgen notwendig bestimmt. Es ist mithin die Regel notwendig,<br />

die besagt: In dem, was vorhergeht, ist anzutreffen die<br />

Bedingung, unter welcher die Begebenheit notwendig erfolgt.<br />

Das ist <strong>der</strong> »Grundsatz des Kausalverhältnisses in <strong>der</strong> Folge<br />

<strong>der</strong> Erscheinungen«.19 Es ist selbst <strong>der</strong> Grund <strong>der</strong> Möglichkeit<br />

<strong>der</strong> Erfahrung von sich folgenden Erscheinungen und dem da-<br />

18 V gl. a.a.O., A 198 ff., B 243 ff.<br />

I. a a.O., A 202, B 247.<br />

§ 19. Die zweite Analogie 187<br />

durch bestimmten Zusammenhang ihres Vorhandenseins. Hieraus<br />

wird klar, daß das Kausalgesetz, wie Kant es hier entwikkelt,<br />

nicht ein Gesetz ist, das wir erst auf die begegnenden Begebenheiten<br />

und ihre Abfolge anwenden, etwa um uns darüber<br />

zurecht zu finden, son<strong>der</strong>n das vorgängige transzendentale<br />

Vorstellen dieses Gesetzes ist schon die Bedingung <strong>der</strong> Möglichkeit<br />

dafür, daß uns überhaupt so etwas wie Begebenheiten als<br />

solche begegnen können. Schon damit uns Begebenheiten begegnen,<br />

in denen wir uns zunächst nicht zurechtfinden, <strong>der</strong>en<br />

Zusammenhang also noch unbestimmt ist, müssen wir das Begegnende<br />

im Lichte <strong>der</strong> Kausalität verstehen.<br />

Auch im Beweis <strong>der</strong> zweiten Analogie tritt <strong>der</strong> Analogiecharakter<br />

des Grundsatzes nicht mit Deutlichkeit heraus, was von<br />

vornherein die innere Schwierigkeit <strong>der</strong> kantischen Position<br />

deutlich macht. Aus dem ganzen Zusammenhang aber ist zu<br />

entnehmen, daß ebenso wie in <strong>der</strong> ersten Analogie hier eine<br />

Entsprechung zwischen zwei Verhältnissen vorliegt. Dabei<br />

wird hier ebenso wie dort ein Verhältnis maßgebend, das nach<br />

Kants Behauptung ein Grundverhältnis ist, das zur Natur des<br />

Verstandes gehört und sich ausdrückt als das logische Verhältnis<br />

von Grund und Folge, Konsequenz. So wie mit einer Folge<br />

notwendig gesetzt ist ein Grund, entsprechend ist mit dem in<br />

<strong>der</strong> Zeit erfolgenden Nachherigen gesetzt das Verhältnis des<br />

Erfolgenden als Wirkung zu einem Vorangehenden. Vorherigen,<br />

als Ursache. Der Grundsatz <strong>der</strong> Kausalität kann aber nicht<br />

logisch aus dem logischen Satz vom Grunde abgeleitet werden,<br />

son<strong>der</strong>n seine Notwendigkeit gründet darin, daß es ein notwendiges<br />

Bestandstück in dem Ganzen ausmacht, was Zur Ermöglichung<br />

<strong>der</strong> Erfahrung überhaupt gehört, welche Erfahrung<br />

we<strong>der</strong> ist bloßes logisches Bestimmen von Gegenständen,<br />

noch bloßes Apprehendieren von Vorstellungen als subjektiven<br />

Geschehnissen in <strong>der</strong> Zeit, son<strong>der</strong>n eine bestimmte Einheit<br />

<strong>der</strong> durch die Zeit geleiteten Anschauung und des Denkens,<br />

das das so Angeschaute bestimmt. 2o<br />

20 >Einheits

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