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Vom Wesen der menschlichen Freiheit. Einleitung ... - gesamtausgabe

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11<br />

216 Kausalität und <strong>Freiheit</strong> als hosmologtsches Problem<br />

sich geltend machen. stehen sie in einem ständigen und notwendigen<br />

·Wettstreit. Das Sehenlassen dieses Wettstreites und damit<br />

des inneren wesenhaften Wettstreites <strong>der</strong> <strong>menschlichen</strong><br />

Vernunft als solcher ist die transzendentale Antithetik. Diese<br />

wi<strong>der</strong>streitenden, aber <strong>der</strong> <strong>menschlichen</strong> Vernunft notwendigen<br />

Lehrsätze nennt Kant »vernünftelnde«3; sie dürfen in <strong>der</strong><br />

Erfahrung we<strong>der</strong> auf Bestätigung hoffen noch Wi<strong>der</strong>legung<br />

fürchten. Die reine menschliche Vernunft aber bleibt ihrem<br />

Wi<strong>der</strong>streit »unausbleiblich unterworfen«.4 Der Satz hat ebenso<br />

gültige und notwendige Gründe <strong>der</strong> Behauptung auf seiner<br />

Seite wie <strong>der</strong> Gegensatz. 5<br />

Die transzendentale Idee <strong>der</strong> <strong>Freiheit</strong> liegt im Ursprung<br />

eines Wi<strong>der</strong>streits <strong>der</strong> reinen Vernunft, den Kant in <strong>der</strong> Anordnung<br />

<strong>der</strong> vier Antinomien als dritte Antinomie behandelt.<br />

Es ist die Antinomie im Vernunftbegriff <strong>der</strong> unbedingten Totalität<br />

<strong>der</strong> Entstehung einer Erscheinung. Es handelt sich also<br />

jetzt um das Vorstellen <strong>der</strong> Vollständigkeit aller Erscheinungen<br />

hinsichtlich ihrer Entstehung, d. h. ihrer kausalen Bedingtheit.<br />

Versteht die reine Vernunft <strong>der</strong>gleichen vorzustellen.<br />

dann kommt sie zu folgenden zwei Sätzen 6 :<br />

1. »Die Kausalität nach Gesetzen <strong>der</strong> Natur ist nicht die einzige,<br />

aus welcher die Erscheinungen <strong>der</strong> Welt insgesanlt abgeleitet<br />

werden können. Es ist noch eine Kausalität durch<br />

<strong>Freiheit</strong> zur Erklärung <strong>der</strong>selben anzunehmen notwendig.«<br />

2. »Es ist keine <strong>Freiheit</strong>, son<strong>der</strong>n alles in <strong>der</strong> Welt geschieht lediglich<br />

nach Gesetzen <strong>der</strong> Natur. «<br />

Dieser zweite Satz setzt das zum ersten Entgegengesetze. Kant<br />

nennt ihn die Antithesis in bezug auf den ersten als Thesis.<br />

Für beide Sätze gibt Kant je einen Beweis; Beweise, die zeigen<br />

sollen , daß in und für die reine Vernunft beide Sätze gleich<br />

wahr und begründbar sind. Auf die Beweise folgt dann je<br />

3 a.a,O., A 421, B 449.<br />

4 Ebd.<br />

5 V gl. a.a.O., A 420 ff., B 448 ff.<br />

6 a.a.O., A 444 ff., B 472 ff.<br />

§ 23. Die zwei Arten <strong>der</strong> Kausalität und die Antithetik 217<br />

eine Anmerkung zur Thesis und Antithesis. Die Beweise <strong>der</strong><br />

Sätze sind indirekt, d. h. sie gehen aus von <strong>der</strong> Annahme des<br />

Gegenteils des im zu beweisenden Satz Gesetzten.<br />

a) Die Thesis <strong>der</strong> dritten Antinomie.<br />

Die Möglichkeit <strong>der</strong> Kausalität durch <strong>Freiheit</strong> (transzendentale<br />

<strong>Freiheit</strong>) neben <strong>der</strong> Kausalität nach <strong>der</strong> Natur in <strong>der</strong> Erklärung<br />

<strong>der</strong> Erscheinungen <strong>der</strong> Welt als allgemein ontologisches<br />

Problem<br />

Angenommen, es gäbe keine an<strong>der</strong>e Kausalität als die nach <strong>der</strong><br />

Natur, dann setzt jegliches, was geschieht, einen vorigen Zustand<br />

voraus, auf den es unausbleiblich llach einer Regel folgt.<br />

Nun muß aber <strong>der</strong> vorige Zustand selbst etwas sein, was geschehen<br />

und in <strong>der</strong> Zeit geworden ist, was vordem nicht war.<br />

Denn wäre das Vorige, als Verursachendes, je<strong>der</strong>zeit gewesen,<br />

dann wäre auch seine Folge nicht aller erst entstanden, son<strong>der</strong>n<br />

immer gewesen. Das Ursachesein eines Geschehens ist immer<br />

selbst etwas Geschehenes und jedes Geschehende weist zurück<br />

auf ein immer noch älteres, je<strong>der</strong> Anfang ist nur »subaltern«7<br />

zu einem früheren, nachgeordnet einem vorigen. Es<br />

gibt also keinen ersten Anfang in <strong>der</strong> Abstammungsreihe <strong>der</strong><br />

Ursachen.<br />

»Nun besteht aber eben darin das Gesetz <strong>der</strong> Natur: daß<br />

ohne hinreichend apriori bestimmte Ursache nichts geschehe«.8<br />

Aber eben dieses Gesetz <strong>der</strong> Natur in <strong>der</strong> Kausalität führt auf<br />

keinen ersten Anfang, auf keine hinreichende bestimmende Ursache.<br />

Das Gesetz von <strong>der</strong> Kausalität wi<strong>der</strong>spricht sich selbst<br />

in dem, was es for<strong>der</strong>t und ergibt. Also kann in Ansehung <strong>der</strong><br />

notwendigen Vorstellung <strong>der</strong> Vollständigkeit des Entstehens<br />

<strong>der</strong> Erscheinungen die Kausalität nach <strong>der</strong> Natur nicht die einzige<br />

sein. Demnach wird die Annahme einer Kausalität notwendig,<br />

bei <strong>der</strong>en Ursachesein die Ursache nicht mehr bestimmt<br />

7 Vgl. a.a.O., A 444. B 472.<br />

B a.a.O., A 41-6, B 474.<br />

1'1<br />

,',<br />

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