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Die Verhängung von Ausgangssperren beeinträchtigt in einem erheblichen<br />
Umfang das öffentliche Leben und die Ordnung in den besetzten Gebieten. Sie<br />
fragmentiert das einzelne Dorf oder die Stadt, spaltet aber auch die<br />
palästinensische Gesellschaft im ganzen. Die sozialen und ökonomischen<br />
Beziehungen zwischen der Westbank und dem Gaza-Streifen sind durch<br />
Ausgangssperren und Abriegelung der Gebiete stark in Mitleidenschaft<br />
gezogen. So können z.B. palästinensische Bauern nic ht ihre Ernte einbringen<br />
und sie nicht vermarkten. 35 Prozent der palästinensischen Bevölkerung hängen<br />
direkt von der Landwirtschaft ab. Ihre Ernte verrottete während der wegen des<br />
Golfkrieges verhängten mehrwöchigen Ausgangssperre. Durch<br />
Ausgangssperren sind die Menschen stark beeinträchtigt, ihren täglichen<br />
Lebensunterhalt zu beschaffen, sich medizinisch versorgen zu lassen, ihren<br />
religiösen Neigungen nachzugehen, Schulen und Weiterbildungseinrichtungen<br />
zu besuchen sowie sich frei zwischen der Westbank und dem Gaza-<br />
Streifen zu bewegen. Wie Israel mit dem Vorwurf von Seiten der Palästinenser<br />
umgeht, daß Ausgangssperren das Leben stark zerrütten, zeigt ein Zitat eines<br />
hohen Militärs in der »Jerusalem Post« vom 16. Mai 1989. »Die Bewohner<br />
des Gaza-Streifens sollten wissen, daß wir - und nicht einige Flugblätter -<br />
entscheiden, wenn und wie ihr Leben zerstört wird.«<br />
Seit der Intifada wurden Ausgangssperren aus folgenden Gründen verhängt:<br />
um die Ordnung wiederherzustellen und die Unruhen nach einem<br />
Aufstand abflauen zu lassen; um die Suche nach Personen zu intensivieren,<br />
die Demonstrationen organisieren und Anschläge planen; um Verhaftungen<br />
vorzunehmen und nach Waffen und anderen gefährlichen Gegenständen zu<br />
suchen; um Zwischenfälle mit Menschen während einer Häuserzerstörung zu<br />
vermeiden; um in der Folge von schwerwiegenden Ereignissen wie die<br />
Ermordung von Salah Chalaf alias Abu Jihad 1988 in Tunis oder der Golfkrieg<br />
die Kontrolle nicht zu verlieren. Auch vor wichtigen nationalen oder<br />
religiösen Tagen wie dem »Tag des Bodens« oder dem Festtag »Id al-Fitr«<br />
werden Ausgangssperren verhängt; dies geschieht auch manchmal zum<br />
Zwecke der Steuereintreibung.<br />
Neben der Ausgangssperre steht den Militärbehörden noch als Kollektivstrafe<br />
die Abriegelung der Gebiete zur Verfügung; sie dient dazu, die Bewegungsfreiheit<br />
einzuschränken. Wenn ein Gebiet abgeriegelt wird, können<br />
sich die Menschen zwar in diesem Gebiet frei bewegen, aber dieses nicht<br />
verlassen. Regelmäßig erklären die Israelis eine totale Abriegelung der Gebiete<br />
vor hohen israelischen nationalen und religiösen Festtagen, insbesondere<br />
vor dem Unabhängigkeitstag und dem Yom Kippur. Seit 1990 wird die totale<br />
Abriegelung oft infolge von Anschlägen auf Israelis verhängt. Die Er-<br />
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