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Nach der Unterzeichnung des »Gaza-Jericho-Abkommens« erklärte die<br />
Fatah innerhalb der PLO, daß sie ihre militärischen Operationen gegen Israel<br />
und gegen Kollaborateure einstelle. Die Reaktion vor Ort war nicht<br />
einheitlich. Einige sind diesem Aufruf gefolgt und ins normale Leben<br />
zurückgekehrt, andere kämpfen weiter gegen die Kollaborateure. Israel hat<br />
aber nur denen die Freiheit vor Strafverfolgung zugesagt, die kein »jüdisches<br />
Blut an ihren Händen haben«. Da diese Personen jetzt der Aufforderung der<br />
PLO gefolgt sind, stellt sich die Frage, ob die Aktivitäten nicht hätten früher<br />
beendet werden können und die PLO doch eine gewisse Macht über diese<br />
Killerkommandos besessen hatte. Hätte die PLO diesen Gruppen nicht den<br />
Geldhahn zudrehen, sie organisatorisch isolieren, sie aus der PLO<br />
ausschließen oder mit Strafe bedrohen können? Wenn sich bewahrheiten<br />
sollte und die Morde angeordnet waren, dann macht sich die PLO oder<br />
irgendeine der anderen palästinensischen Gruppierungen der<br />
Menschenrechtsverletzung an eigenen Landsleuten schuldig. Somit würde<br />
sich BTselems These als richtig herausstellen.<br />
Menschenrechtsverletzungen von nicht staatlichen Akteuren können nur in<br />
einem bewaffneten Konflikt gegenüber der anderen Partei begangen werden.<br />
Als das Problem 1988/89 virulent wurde, hatte man von Seiten der PLO noch<br />
versucht, eine Art formalisierten Prozeß zu installieren. So gab es einige<br />
öffentliche Schuldbekenntnisse vor Moscheen. Dieses Verfahren wurde als<br />
nicht effektiv angesehen, und so haben sich die Todeskommandos<br />
verselbständigt und agieren nun völlig außerhalb jeglicher Kontrolle. Auch<br />
Frauen fallen diesen Banden zum Opfer. Sie werden wegen »unmoralischen<br />
Verhaltens« auf grausame Weise liquidiert. Auch Drogenabhängige trifft dieses<br />
Verdikt. Was gibt diesen Killerkommandos überhaupt das Recht, von höherer<br />
Moral zu sprechen und alles, was davon abweicht, zu vernichten? Die<br />
palästinensische Gesellschaft sollte schon im eigenen Interesse versuchen,<br />
diese Gruppen zu isolieren und zur Verantwortung zu ziehen.<br />
Daß dieses Phänomen die palästinensische Gesellschaft nicht unberührt<br />
läßt, zeigt die Reaktion der Direktorin von PHRIC, Jan Abu Shakrah, auf die<br />
Frage eines israelischen Journalisten auf der Mitte Juni in Tel Aviv abgehaltenen<br />
»Folterkonferenz«. Warum wurde nicht auch über diese palästinensischen<br />
Menschenrechtsverletzungen gesprochen, so der Journalist. An der<br />
emotionalen Antwort kann man erkennen, wie delikat dieses Problem ist. »Ich<br />
bin verletzt und erschrocken, lieber Journalist, daß Sie eine solch<br />
selbstgefällige Freude über den Horror dieser verstümmelten Körper an den<br />
Tag legen. Ich fühle mich angewidert, daß nicht nur offizielle israelische<br />
Stellen, die täglich eine entmenschlichende Folter und Erniedrigung über<br />
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