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in folgenden Fällen gerechtfertigt: wenn der Schaden, der abgewendet wurde,<br />
unmittelbar bevorstand; wenn der Schaden, der entstanden ist, nicht unangemessen<br />
war - dahinter steht die Lehre vom »geringen Übel« - und wenn<br />
der Schaden nicht anderweitig hätte abgewendet werden können. Im<br />
Analogieschluß heißt das, daß sich der Staat durch seine Geheimdienstoffiziere<br />
auf die gleiche Abwehr berufen kann wie der einzelne und daß die<br />
Sicherheitsinteressen des Staates und der Schutz der Bevölkerung vor terroristischen<br />
Anschlägen Unrecht rechtfertigen. Die rechtliche Berufung auf<br />
einen Notstand hat nach Meinung der Kommission eine moralische<br />
Grundlage. Im Spannungsverhältnis zwischen dem unter das Strafrecht<br />
fallenden Täter und der ethischen Pflicht, Leben zu schützen, werden die<br />
Sicherheitsinteressen des Staates zu einem ethischen Imperativ, das geringere<br />
von zwei Übeln. Somit gibt es eine höhere moralische Rechtfertigung für die<br />
Maßnahmen des Geheimdienstes. Die Kommission kommt zu folgenden<br />
Schlüssen: Erstens ist die Anwendung von Gewalt internationaler Standard,<br />
zweitens bestand die Notwendigkeit der Verteidigung, die die Anwendung von<br />
Gewalt bei Verhören rechtfertigt, und drittens sind »Geständnisse« dieser Art<br />
vor Gericht zulässig.<br />
Was ist nun nach Ansicht der Kommission zulässige Gewalt? »Die Formen<br />
der Gewalt sollen prinzipiell die Art des gewaltfreien psychologischen<br />
Druckes durch nachhaltige und extensive Verhöre unter Anwendung von List,<br />
die auch den Betrug einschließt, annehmen. Sollte diese Methode nicht zum<br />
Erfolg führen, kann auch moderate physische Gewalt angewandt werden.« Die<br />
Kommission wies gleichzeitig auf die Gefahren einer willkürlichen<br />
Gewaltanwendung durch die Verhörer hin. Ihr war auch bewußt, daß eine<br />
Demokratie, die durch »Terrorismus« bedroht werde, einen Konflikt<br />
zwischen der Sicherheit des Staates und Recht und Moral zu bestehen habe.<br />
Deshalb verwarf die Kommission die Möglichkeit, daß der Geheimdienst in<br />
einer rechtlichen Grauzone arbeiten sollte. Somit ist nach ihrer Ansicht die<br />
Anwendung psychischer und moderater physischer Gewalt nur anhand fester<br />
Richtlinien möglich, die dann auch im geheimen Teil des Berichtes dargelegt<br />
worden sind.<br />
Der Landau-Bericht hat heftige Kritik auf sich gezogen, »aber es ist fair zu<br />
sagen, daß kein ernstzunehmender Kommentator seine Ergebnisse verteidigt<br />
oder sie in Einklang mit nationalem- und Völkerrecht« findet, schreibt<br />
BTselem. Fast alle Kritiker verwarfen die Analogie der »Notwehr« aus dem<br />
Strafrecht für Staatszwecke. Bei diesem Rückgriff auf das Notwehrrecht ist<br />
nicht einsichtig, warum man nur »moderate« Gewalt anwenden sollte, wenn<br />
brutale Gewalt angebrachter und effektiver wäre. Es<br />
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