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16. Kollaborateure und palästinensische Gesellschaft<br />
Die Frage der palästinensischen Kollaborateure und wie man in der palästinensischen<br />
Gesellschaft damit umgeht, beschäftigt insbesondere die Palästinenser.<br />
Jede Art von Besetzung bringt dieses Phänomen hervor. Ohne eine<br />
Zusammenarbeit zwischen Besatzer und lokaler Bevölkerung wäre eine langandauernde<br />
Kontrolle nicht möglich, insbesondere für einen demokratischen<br />
Staat. Diese Kollaborateure füngieren auf vielfältige Weise als Agenten Israels,<br />
das sie in den letzten Jahren zunehmend bewaffnet hat, weil immer mehr von<br />
ihnen von eigenen Landsleuten getötet worden sind. BTselem geht in seiner<br />
im Januar 1994 veröffentlichten Untersuchung über »Collaborators in die<br />
Occupied Territories: Human Rights Abuses and Vio-lations« von zirka 4000<br />
Kollaborateuren aus, wohingegen Palästinenser von »mehreren Zehntausend«<br />
sprechen.<br />
Der Begriff »Kollaborateur« ist in sich schon problematisch. Wo beginnt<br />
Kollaboration, die den eigenen Landsleuten schadet, und wo ist sie zum<br />
Nutzen anderer berechtigt, ja notwendig? Da die israelische Besetzung alle<br />
Bereiche des täglichen Lebens erfaßt, sind auch palästinensiche Einrichtungen<br />
- ob sie es wollen oder nicht - auf eine Zusammenarbeit mit israelischen<br />
Behörden angewiesen. Personen wie Lehrer, Ärzte und Krankenhauspersonal,<br />
Rechtsanwälte, Bürgermeister - früher auch Polizisten -können nicht als<br />
Kollaborateure bezeichnet werden. Was in der palästinensischen Gesellschaft<br />
als Kollaboration angesehen wird, sind die Taten solcher Landsleute, die<br />
Israel mit Informationen versorgen oder sogenannte »sicherheitsrelevante«<br />
Dienste leisten wie zum Beispiel die Denunziation von »gesuchten Personen«.<br />
Das Phänomen des Kollaborateurs läßt sich in vier Kategorien einteilen:<br />
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1. Informanten innerhalb und außerhalb des Gefängnissystems. In der<br />
Bevölkerung sind diese Personen meistens nicht bekannt. Ihre<br />
Loyalität gegenüber den israelischen Behörden beruht mehr auf<br />
Druck und Erpressung als auf freier Entscheidung. Zu dieser Personengruppe<br />
gehören auch palästinensische Häftlinge, die vom<br />
Geheimdienst Shin Bet zu Folterungen an Palästinensern eingesetzt<br />
werden.<br />
2. Palästinenser, die sich als Vermittler zwischen ihren Landsleuten<br />
und den israelischen Behörden anbieten, um jede Art von Genehmigung<br />
zu erhalten, da die Palästinenser total von den israelischen<br />
Behörden abhängig sind.