Beilagen â Ständerat - Schweizer Parlament
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Ständerat<br />
Conseil des Etats<br />
Consiglio degli Stati<br />
Cussegl dals stadis<br />
11.3909 n Mo. Nationalrat (Barthassat). Artikel 404 OR. Anpassung an die Erfordernisse des 21.<br />
Jahrhunderts<br />
français<br />
Bericht der Kommission für Rechtsfragen vom 18. Juni 2012<br />
Die Kommission für Rechtsfragen hat an ihrer Sitzung vom 18. Juni 2012 die von Nationalrat Luc Barthassat am 29. September 2011 eingereichte Motion vorberaten.<br />
Die Motion verlangt eine Änderung von Artikel 404 des Obligationenrechts (OR), damit der Artikel wieder den wirtschaftlichen und rechtlichen Gegebenheiten der<br />
heutigen Zeit entspricht. Diese Änderung soll es den Parteien ermöglichen, ein wahrhaft dauerhaftes Auftragsverhältnis einzugehen.<br />
Antrag der Kommission<br />
Die Kommission beantragt einstimmig, die Motion anzunehmen.<br />
Berichterstattung: Seydoux<br />
Im Namen der Kommission<br />
Die Präsidentin: Anne SeydouxChriste<br />
1. Text und Begründung<br />
1. 1. Text<br />
1. 2. Begründung<br />
2. Stellungnahme des Bundesrats vom 23. November 2011<br />
3. Verhandlungen und Beschluss des Erstrats<br />
4. Erwägungen der Kommission<br />
1. Text und Begründung<br />
1. 1. Text<br />
Der Bundesrat wird beauftragt, dem <strong>Parlament</strong> eine Änderung von Artikel 404 des Obligationenrechts (OR) zu unterbreiten, damit dieser Artikel wieder den<br />
wirtschaftlichen und rechtlichen Gegebenheiten unserer Zeit entspricht. Diese Änderung soll es den Parteien ermöglichen, ein wahrhaft dauerhaftes Auftragsverhältnis<br />
einzugehen.<br />
1. 2. Begründung<br />
In der Schweiz ist der Auftrag dasjenige Vertragsverhältnis, das bei allen Dienstleistungen zur Anwendung gelangt, für die das Gesetz keine sonstige Regelung<br />
vorsieht. Die Bestimmungen zum Auftrag sind überholt, weil sie aus einer Zeit stammen, als mit dem Auftrag nur die Regelung der Vertretung bezweckt war.<br />
Dementsprechend restriktiv legt das Bundesgericht Artikel 404 aus. Das Bundesgericht liest Absatz 1 dieses Artikels dahingehend, dass der Auftrag von jeder Partei<br />
jederzeit bedingungslos aufgelöst werden kann (BGE II 305). Ferner vertritt das Bundesgericht die Haltung, dass die Bestimmungen nach Absatz 2 zwingendes Recht<br />
sind (BGE 117 II 466), dass also vom Grundsatz der jederzeitigen Auflösbarkeit des Auftrags nicht abgewichen werden kann. Folglich können die Parteien auf<br />
rechtsgültige Weise weder einen dauerhaften Auftrag abschliessen noch eine Konventionalstrafe vorsehen, deren Höhe einen allfällig entgangenen Gewinn<br />
ausgleichen würde.<br />
Seit Langem stösst diese Auslegung in der Lehre überwiegend auf Kritik, ohne dass dies oder die Tatsache, dass wir in diesem Bereich eine komplizierte und<br />
uneinheitliche Rechtsprechung haben, auf unser höchstes Gericht einen Einfluss hätte (zur Rechtsprechung vgl. Gauch, Der Werkvertrag, 2011, S. 25ff.).<br />
Die heutige Praxis zeigt, wie notwendig es ist, dass die beteiligten Parteien einem Auftrag eine gewisse Stabilität verleihen und seine zeitliche Dauer festlegen<br />
können (beispielsweise zur Verwaltung einer Immobilie). Der überwiegende Teil der Lehrmeinung (zitiert in: Werro, Commentaire romand, Code des obligations, 2003,<br />
n. 4 und 16 zu Art. 404 OR; Gauch, Der Werkvertrag, S. 25ff., mit individuellen Gewichtungen) geht dahin, dass der zwingende Charakter von Artikel 404 OR einer<br />
Prüfung unterzogen werden sollte, da dieser innerhalb Europas einen Sonderfall darstellt und Investoren von der Schweiz und ihrer Rechtsordnung fernhält. Schliessen<br />
die Parteien einen Auftrag ab, so sollten sie einerseits vertraglich die Befugnis des Beauftragten zur Auflösung des Auftrags einschränken können; andererseits<br />
sollten sie in rechtsgültiger Form auf ihr Recht, vom Auftrag zurückzutreten, verzichten können, indem sie insbesondere die Dauer des Auftrags sowie eine<br />
Konventionalstrafe für den Fall vereinbaren können, dass eine Partei vor Ablauf des Auftrags von diesem zurücktritt. Dies würde es den Parteien erlauben, für die<br />
Dauer ihres Vertragsverhältnisses zu planen; die Unsicherheiten, die sich aus der Möglichkeit eines Rücktritts vom Auftrag ergeben können, würden auf diese Weise<br />
begrenzt.<br />
Der Schutz der individuellen Freiheit der Parteien würde durch die grundlegenden Bestimmungen des Privatrechts (Art. 27 ZGB, Art. 19 OR) gewährleistet.<br />
2. Stellungnahme des Bundesrats vom 23. November 2011<br />
Der Bundesrat beantragt die Annahme der Motion.<br />
3. Verhandlungen und Beschluss des Erstrats<br />
Der Nationalrat nahm die Motion am 23. Dezember 2011 stillschweigend an.<br />
4. Erwägungen der Kommission<br />
In den Augen der Kommission ist Artikel 404 des Obligationenrechts (OR) eine veraltete Regelung, welche schon längst hätte abgeschafft werden müssen. Sie teilt<br />
die Ansicht des Motionärs, dass das Bundesgericht in Bezug auf Artikel 404 OR eine zu restriktive Auslegung pflegt, welche den Abschluss eines dauerhaften<br />
Auftrags verunmöglicht. Sie unterstützt das Anliegen der Motion und fordert eine Änderung von Artikel 404 OR, damit zukünftig Aufträge mit Dauercharakter<br />
eingegangen werden können.<br />
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