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Beilagen — Ständerat - Schweizer Parlament

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Neben Gesprächen mit Mitgliedern des vietnamesischen <strong>Parlament</strong>s hatte die EFTA­Delegation auch die Gelegenheit, Vertreter der vietnamesischen Regierung zu<br />

treffen. So wurde sie im Industrie und Handelsministerium von Vizeminister Quoc Khanh Tran und einer Delegation hochrangiger Beamter empfangen. Die<br />

vietnamesischen Vertreter zeigten sich sehr zufrieden über die Ergebnisse der Machbarkeitsstudie und signalisierten, dass sie zügig Verhandlungen aufnehmen<br />

wollen. Darüber hinaus betonten auch sie, dass Vietnam dem Umweltschutz, der Sozialpolitik und der nachhaltigen Entwicklung grosse Bedeutung beimisst. Sie<br />

äusserten die Hoffnung, im Verhandlungs und Ratifizierungsprozess auf die Unterstützung der <strong>Parlament</strong>e der EFTA­Mitglieder zählen zu können.<br />

Schliesslich trafen sich die Mitglieder des <strong>Parlament</strong>arierkomitees auch mit vietnamesischen Wirtschaftsvertretern, darunter dem Generalsekretär der Industrie und<br />

Handelskammer, Tran Huu Huynh. Dieser betonte, dass die EFTA, obwohl es sich bei ihren Mitgliedern um relativ kleine Staaten handelt, eine wichtige<br />

wirtschaftliche Rolle spielt und die Mitglieder der Handelskammer vom Wissen ihrer westlichen Kollegen profitieren können. Der Vizepräsident des EFTA­<br />

Konsultativkomitees Thomas Angell, der an dieser Reise ebenfalls teilnahm, zeigte sich überzeugt von der Qualität der vietnamesischen Exporte und erklärte, dass<br />

sich die im Konsultativkomitee vertretenen Berufsverbände ebenfalls für ein Freihandelsabkommen aussprechen. Es ist vorgesehen, dass die Industrie und<br />

Handelskammer vom Premierminister zum Abkommen konsultiert wird; Tran Huu Huynh sagte aber auch, die Kammer habe bereits Vorschläge unterbreitet, um auf<br />

die Aufnahme von Verhandlungen hinzuwirken.<br />

Die <strong>Schweizer</strong> Delegation zeigt sich sehr zufrieden mit dem Vietnambesuch, der es beiden Seiten ermöglicht hat, sich besser kennen und verstehen zu lernen. Sie<br />

war insbesondere beeindruckt von der pragmatischen und entspannten Herangehensweise eines Landes, das in gewisser Weise noch der kommunistischen Ideologie<br />

anhängt, aber konsequent auf dem Weg zur Marktwirtschaft ist. Das mehr als ein Jahrhundert von bewaffneten Konflikten gebeutelte Vietnam erfährt derzeit einen<br />

enormen Wirtschaftsaufschwung. Es ist sich bewusst, wie wichtig Handels und Kulturbeziehungen mit dem Ausland insbesondere im Hinblick auf die<br />

Armutsbekämpfung sind. Auch wenn das Land kulturell immer noch stark vom kommunistischen Regime Ho Chi Minhs geprägt ist und über die institutionellen<br />

Strukturen eines kommunistischen Staates verfügt (Einheitspartei, Einkammerparlament, Ho­Chi­Minh­Kult), so hat es sich doch die Anerkennung als Marktwirtschaft<br />

zum Ziel gesetzt, ein Ziel, das mit dem Abschluss des Freihandelsabkommen erreicht werden sollte. Alle beteiligten Länder befürworten die Aufnahme von<br />

Verhandlungen, da sich in ihren Augen die Wirtschaften der EFTA­Staaten und Vietnams ergänzen und ein Abkommen die wirtschaftliche Zusammenarbeit deutlich<br />

verbessern würde.<br />

Die von Nationalrat Ignazio Cassis (FDP/TI) angeführte <strong>Schweizer</strong> Delegation setzte sich im Weiteren zusammen aus deren Vizepräsidenten Ständerat Didier<br />

Berberat (SP/NE) sowie<br />

den Nationalrätinnen Kathy Riklin (CVP/ZH) und Marlies Bänziger (Grüne/ZH). Während des gesamten Vietnambesuchs wurde die Delegation aktiv vom <strong>Schweizer</strong><br />

Botschafter in Hanoi, Jean­Hubert Lebet, unterstützt.<br />

3. 3. Wirtschafts und Finanzkrise<br />

Das ganze Jahr über wurde an verschiedenen Treffen des EFTA­<strong>Parlament</strong>arierkomitees über die weltweite Wirtschafts und Finanzkrise diskutiert. Beim Treffen vom<br />

16. November 2011 in Brüssel zwischen dem <strong>Parlament</strong>arierkomitee und dem aus Vertretern der Sozialpartner der EFTA­Mitgliedstaaten zusammensetzten<br />

Konsultativkomitee der EFTA stand dieses Thema jedoch im Mittelpunkt.<br />

An dieser gemeinsamen Konferenz wurden verschiedene Referate über die Wirtschafts und Finanzkrise in Europa gehalten. Während im ersten Teil des Anlasses die<br />

EU­Krisenpolitik im Zentrum stand, befasste sich der zweite Teil mit den Lehren, welche die kleinen Wirtschaftsmächte Europas aus dieser Krise haben ziehen<br />

können.<br />

Ein Politikkoordinator der Europäischen Kommission referierte über die Politik der EU im Bankensektor. Er informierte über die vierte Richtlinie über<br />

Eigenkapitalanforderungen, welche den Umgang mit Einlagen und die Aktivitäten von Kreditinstitutionen und Investmentfirmen regelt. Ein Forscher bei Bruegel, einem<br />

Think­Tank mit Sitz in Brüssel, gab einen Überblick über die Hauptursachen der Krise. Er zeigte auf, wie die EU politisch reagiert hat. Zudem hob er hervor, dass der<br />

Zusammenhalt Europas mittelfristig nur über eine stärkere Einbindung der EZB und längerfristig einzig über eine einheitlichere Steuerpolitik gewährleistet werden<br />

könne.<br />

Im zweiten Teil der Konferenz, welcher den Massnahmen der kleinen Wirtschaftsmärkte gegen die Krise gewidmet war, wurden Island, Norwegen und die Schweiz als<br />

Beispiele herangezogen. Der Vorsitzende der Isländischen Zentralbank im Jahr 2009 berichtete über die Bankenkrise in seinem Land. Er verglich diese mit der<br />

skandinavischen Bankenkrise in den 90er Jahren, denn auch den isländischen Entscheidungsträgern und Aufsichtsbehörden war es gelungen, die Situation mit<br />

verschiedenen Massnahmen rasch und effizient zu stabilisieren. Er betonte jedoch auch, dass das Wirtschaftswachstum trotz der wirtschaftlichen Grundlagen, der<br />

Ressourcen und der sozialen Kompetenzen auf wackligen Beinen stehe, weshalb einen Wachstumsplan notwendig sei.<br />

Der Chefökonom der Nordea Bank zeigte auf, wieso Norwegen bis anhin von der Krise kaum betroffen war. Die norwegische Wirtschaft sei zwar aufgrund gewisser<br />

Eigenheiten weniger anfällig, doch habe die Regierung auch rasch Massnahmen zur Ankurbelung der Wirtschaft getroffen und die Zinsen herabgesetzt, um die<br />

Auswirkungen der Krise zu begrenzen. Zudem betonte er, dass Lehren aus der Vergangenheit gezogen werden sollten, um rasch und angemessen auf neue Krisen<br />

reagieren zu können.<br />

Ein Vertreter von Avenir Suisse hob schliesslich hervor, dass der Bundesrat und die <strong>Schweizer</strong>ische Nationalbank rasch und effizient auf die Bankenkrise reagiert<br />

hätten. Sie hätten u. a. die Eigenmittel der UBS gestärkt und die Zinsen gesenkt, womit der Bankensektor habe stabilisiert werden können. Er kam auch auf die<br />

Schuldenkrise zu sprechen und betonte, dass der <strong>Schweizer</strong> Franken dadurch zur Fluchtwährung geworden sei. Den EFTA­Partnerländern der Schweiz erläuterte er,<br />

dass die SNB einen Mindestkurs von 1,00 EUR = 1,20 CHF festgelegt hat.<br />

In der darauffolgenden Diskussion nannte eine isländische Vertreterin im Konsultativkomitee jene drei Faktoren, die zur Eindämmung der Wirtschaftskrise in Island<br />

beigetragen haben und eine erneute Krise abwenden sollten: Good Governance, vorsichtige Steuerpolitik und starke Institutionen. Der Vorsitzende des<br />

Konsultativkomitees erinnerte daran, dass die Sozialpartner und die <strong>Parlament</strong>arierinnen und <strong>Parlament</strong>arier bei der Suche nach Rezepten gegen die Krise eine<br />

wichtige Rolle spielen und den gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Schaden begrenzen können.<br />

4. Europapolitik der Schweiz<br />

Die bilateralen Beziehungen zwischen der Bundesversammlung und dem Europäischen <strong>Parlament</strong> wurden 2011 merklich ausgebaut. So fanden zwei und nicht wie<br />

bisher ein bilaterales Treffen mit der Delegation des EU­<strong>Parlament</strong>s für die Beziehungen zur Schweiz statt, nämlich am 16. und 17. Mai 2011 in Lugano und vom 27.<br />

bis 30. November 2011 in Brüssel. Ausserdem war die Delegation stark eingebunden beim offiziellen Besuch vom ehemaligen EU­<strong>Parlament</strong>spräsidenten Jerzy<br />

Buzek in der Schweiz.<br />

4. 1. Formelles bilaterales Treffen in Lugano vom 16. und 17. Mai 2011 mit der Delegation des EU­<strong>Parlament</strong>s für die Beziehungen zur Schweiz<br />

Die <strong>Schweizer</strong> Delegation kam in Lugano am 16. und 17. Mai 2011 mit der Delegation des Europäischen <strong>Parlament</strong>s zu einem ihrer jährlichen Treffen zusammen.<br />

Dies bot Gelegenheit, über zahlreiche Themen zu diskutieren, u. a. über die Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU, die Personenfreizügigkeit und die<br />

Energiepolitik. Im Mittelpunkt des Treffens standen jedoch verkehrspolitische Fragen und dabei insbesondere die Nord­Süd­Achse. Aus diesem Anlass hielt Dr. Ing.<br />

Giovanni Lombardi ein Referat über die Verkehrswege am Gotthard. Zudem stand der Besuch der Alptransit­Baustelle in Pollegio auf dem Programm.<br />

Die <strong>Schweizer</strong> Delegation unter der Leitung von Nationalrat Ignazio Cassis setzte sich im Weiteren aus den Ständeräten Didier Berberat, Raphaël Comte, Eugen<br />

David und den Nationalrätinnen Marlies Bänziger, Brigitta M. Gadient und Kathy Riklin zusammen.<br />

4. 1. 1. Bilaterale Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU<br />

Die Diskussion über die bilateralen Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU wurde durch Christine Kadousse, Professorin für Europarecht an der Universität<br />

Genf, eingeleitet. In ihren Ausführungen ging sie auf die abgeschlossenen bilateralen Verträge, die für beide Seiten wichtigen wirtschaftlichen Beziehungen sowie auf<br />

die institutionelle Ebene ein.<br />

Zu Beginn der Diskussion hielt die Delegation des EU­<strong>Parlament</strong>s für die Beziehungen zur Schweiz fest, dass die bilateralen Abkommen gut funktionieren und<br />

ausserordentlich wichtig sind. Trotzdem gebe es Regelungen, die den hohen Ansprüchen beider Parteien nicht genügten. Beide Delegationen waren sich einig, dass<br />

für eine dynamischere Entwicklung gesorgt werden sollte. Die EU­Delegation war der Meinung, dass langfristig die Öffnung des Binnenmarktes anzustreben ist und<br />

die Regelungen deshalb auf beiden Seiten gleiche Geltung haben sollten. Hierfür sei ein koordiniertes Vorgehen nötig.<br />

Die <strong>Schweizer</strong> Delegation liess ihrerseits verlauten, die Mehrheit der Bundesversammlung sei überzeugt, dass die EU Sicherheit und Frieden in Europa gewährleiste<br />

und der Euro ein wichtiges Instrument zur Förderung des Wohlstands auf diesem Kontinent sei. Sie wies jedoch auch darauf hin, dass es in der Schweiz wie<br />

anderswo in Europa eine Minderheit gibt, die die EU als Feindbild sieht. Einer der Gründe hierfür sei die starke Bürokratisierung der EU und die damit einhergehende<br />

Richtlinienflut. Ferner betonte die <strong>Schweizer</strong> Delegation, die Interdependenzen und das Ineinanderwirken der EU und der Schweiz seien gross und würden die enge<br />

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