Beilagen â Ständerat - Schweizer Parlament
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Ständerat<br />
Conseil des Etats<br />
Consiglio degli Stati<br />
Cussegl dals stadis<br />
10.311 s Kt.Iv. GE. Revision des Strafgesetzbuches<br />
français<br />
10.320 s Kt.Iv. VS. Prostitutionsverbot für Minderjährige<br />
10.435 n Pa.Iv. Galladé. Verbot der Prostitution Minderjähriger<br />
10.439 n Pa.Iv. Barthassat. Verbot der Prostitution Minderjähriger<br />
Bericht der Kommission für Rechtsfragen vom 18. Juni 2012<br />
Die Kommission für Rechtsfragen befasste sich an ihrer Sitzung vom 18. Juni 2012 mit den Differenzen der Vorprüfung der von den Kantonen Genf und Wallis am 3.<br />
Februar 2010 bzw. 19. Mai 2010 eingereichten Standesinitiativen und der von Nationalrätin Chantal Galladé und Nationalrat Luc Barthassat am 19. März 2010<br />
eingereichten parlamentarischen Initiativen.<br />
Alle vier Initiativen fordern, dass die Inanspruchnahme von Diensten von unter 18jährigen Prostituierten unter Strafe gestellt wird. Die beiden parlamentarischen<br />
Initiativen verlangen zusätzlich, dass das Übereinkommen des Europarates zum Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch ratifiziert<br />
wird. Des Weiteren verlangt die Standesinitiative des Kantons Wallis, dass die minderjährigen Prostituierten durch erfahrene Spezialisten unterstützt werden.<br />
Antrag der Kommission<br />
Die Kommission beantragt ihrem Rat mit 6 zu 5 Stimmen bei 1 Enthaltung, den beiden Standesinitiativen keine Folge zu geben und dem Beschluss des<br />
Nationalrates, den zwei parlamentarischen Initiativen Folge zu geben, nicht zuzustimmen.<br />
Berichterstattung: SeydouxChriste<br />
Im Namen der Kommission<br />
Die Präsidentin: Anne SeydouxChriste<br />
1. Texte und Begründungen<br />
1. 1. Texte<br />
1. 2. Begründungen<br />
2. Stand der Vorprüfung<br />
3. Erwägungen der Kommission<br />
1. Texte und Begründungen<br />
1. 1. Texte<br />
[10.311]<br />
Gestützt auf Artikel 160 Absatz 1 der Bundesverfassung reicht der Kanton Genf folgende Standesinitiative ein:<br />
Die Bundesversammlung wird aufgefordert, den Verkehr mit unter 18jährigen Prostituierten als strafbare Handlung einzustufen.<br />
[10.320]<br />
Gestützt auf Artikel 160 Absatz 1 der Bundesverfassung reicht der Kanton Wallis folgende Standesinitiative ein:<br />
Die Bundesversammlung wird eingeladen, die Gesetzgebung dahingehend zu ändern, dass:<br />
die Prostitution der Minderjährigen, welche das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, verboten wird;<br />
die Personen, welche die Dienste von Prostituierten unter 18 Jahren in Anspruch nehmen, strafrechtlich verfolgt werden;<br />
die Minderjährigen, welche der Prostitution nachgehen, nicht bestraft, sondern durch erfahrene Spezialisten selbst im Falle von gelegentlicher Prostitution <br />
unterstützt werden.<br />
[gleiche Texte: 10.435; 10.439]<br />
Gestützt auf Artikel 160 Absatz 1 der Bundesverfassung und auf Artikel 107 des <strong>Parlament</strong>sgesetzes reiche ich folgende parlamentarische Initiative ein:<br />
Die Prostitution Minderjähriger wird verboten.<br />
Gegen Kundinnen und Kunden minderjähriger Prostituierter werden Strafen vorgesehen.<br />
Das von der Schweiz unterzeichnete Übereinkommen des Europarates vom 25. Oktober 2007 zum Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung und sexuellem<br />
Missbrauch soll ratifiziert werden.<br />
1. 2. Begründungen<br />
[gleiche Texte: 10.435; 10.439]<br />
Wie der Bundesrat in seiner Antwort auf die Motion Barthassat 08.3824 mit Recht erwähnt, ist die Prostitution in jugendlichem Alter "geeignet, die Betroffenen in ihrer<br />
sexuellen Entwicklung zu beeinträchtigen, sie zu traumatisieren sowie psychisch und sozial zu destabilisieren".<br />
Dennoch ist die Prostitution Minderjähriger zwischen 16 und 18 Jahren heutzutage erlaubt. Das Strafrecht kann zu ihrem Schutz und zur Verfolgung ihrer Kundinnen<br />
und Kunden nur eingeschränkt angewandt werden. So macht sich nur strafbar, wer eine unmündige Person der Prostitution zuführt (Art. 195 StGB) oder mit einer<br />
unmündigen Person von mehr als 16 Jahren, die von ihm oder ihr durch ein Erziehungs, Betreuungs oder Arbeitsverhältnis oder auf andere Weise abhängig ist, eine<br />
sexuelle Handlung vornimmt, indem er oder sie diese Abhängigkeit ausnützt (Art. 188 StGB). Verschiedene Motionen, die ein striktes Verbot der Prostitution<br />
Minderjähriger forderten, wurden im Juni 2009 mit knapper Mehrheit abgelehnt.<br />
Die Situation ist unbefriedigend. Zunächst ist die Annahme verfehlt, dass sich Minderjährige freiwillig prostituieren. Sie verfügen oft über keine Ausbildung und greifen<br />
in ihrer Not zu dieser einfachen Verdienstmöglichkeit. Ein zusätzliches besorgniserregendes Phänomen, das verschiedene Kinderschutzorganisationen anprangern,<br />
ist die Tatsache, dass es Minderjährige gibt, die sich prostituieren, um mehr Geld zu verdienen und sich damit Luxusprodukte leisten zu können. Die Banalisierung<br />
der Pornografie hat diese Tendenz noch verschärft, die sich langfristig destruktiv auf die Persönlichkeit auswirken kann. Indem Kundinnen und Kunden minderjähriger<br />
Prostituierter bestraft werden und die Prostitution Minderjähriger grundsätzlich verboten wird, können einerseits die Kinder vor den Kundinnen und Kunden und<br />
andererseits die Kinder vor sich selbst geschützt werden.<br />
Schliesslich geht es darum, dass sich die Schweiz der internationalen Rechtssituation anpasst. Das von der Schweiz unterzeichnete Übereinkommen des<br />
Europarates vom 25. Oktober 2007 zum Schutz von Kindern vor sexueller Ausbeutung und sexuellem Missbrauch wurde immer noch nicht ratifiziert. Danach müssen<br />
die teilnehmenden Staaten die Prostitution Minderjähriger nämlich verbieten.<br />
Die Schweiz ist bald das einzige europäische Land, das die Prostitution Minderjähriger erlaubt. Dieser Umstand macht unser Land zu einem bevorzugten Ziel von<br />
Sextouristinnen und touristen. Die Presse und verschiedene Kinderschutzorganisationen haben mit Besorgnis festgestellt, dass sich bestimmte Begleitagenturen<br />
(vor allem in Zürich und Genf) auf das Angebot Minderjähriger spezialisiert haben. Es ist höchste Zeit zu handeln.<br />
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