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Beilagen — Ständerat - Schweizer Parlament

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Wirtschaftszusammenarbeit abbilden.<br />

Ferner wies die <strong>Schweizer</strong> Delegation darauf hin, dass es bei den bilateralen Gesprächen über die institutionellen Fragen Probleme geben könnte, falls die<br />

Bevölkerung ihres Landes das Gefühl habe, die EU mische sich in ihre staatspolitischen Angelegenheiten ein. Die Schweiz wolle ihre Souveränität wahren und mit<br />

der EU gemäss dem in der Schweiz vorherrschenden Subsidiaritätsprinzip zusammenarbeiten.<br />

Abschliessend begrüssten beide Delegationen den Ausbau der Kontakte zwischen ihren <strong>Parlament</strong>en.<br />

4. 1. 2. Personenfreizügigkeit: Probleme beim freien Dienstleistungsverkehr<br />

Die Personenfreizügigkeit stand ebenfalls auf dem Programm. Als Einleitung zu diesem Thema wurden die bestehenden Probleme dargelegt. Die <strong>Schweizer</strong><br />

Delegation wies darauf hin, dass die vollständige Umsetzung der flankierenden Massnahmen zur Personenfreizügigkeit die Schweiz wie auch ihre Nachbarländer vor<br />

eine schwierige Aufgabe stellt, insbesondere was die Sozialversicherungen und die Lohnverhältnisse anbelangt. Besonders besorgt sei die Schweiz über das<br />

Lohndumping als Folge des freien Dienstleistungsverkehrs. Zahlreiche in der Schweiz tätige Unternehmen würden die arbeitsrechtlichen Bestimmungen nämlich nicht<br />

einhalten. Um hier Abhilfe zu schaffen, überwache die Schweiz gemäss dem Entsendegesetz verstärkt den Arbeitsmarkt. Dabei sei die Voranmeldefrist für<br />

europäische Dienstleistungserbringer unabdingbar zur Bekämpfung des Lohndumpings und zur Sicherstellung der Kontrollverfahren. Die <strong>Schweizer</strong> Delegation räumte<br />

ein, dass sich das Voranmeldeverfahren für die Dienstleister aus der EU als kompliziert erwiesen hat, betonte aber auch, dass dieses mittlerweile stark vereinfacht<br />

und u. a. eine Internetseite eingerichtet worden ist, mit welcher der administrative Aufwand empfindlich abgenommen hat.<br />

Zudem kam die <strong>Schweizer</strong> Delegation auf die Problematik zu sprechen, dass entsandten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern die Ferien doppelt bezahlt werden,<br />

nämlich vom <strong>Schweizer</strong> wie auch vom ausländischen Betrieb. Ausserdem sagte sie, dass die Kautionspflicht, welche die Schweiz gewissen ausländischen<br />

Unternehmen auferlegt, abgeschafft werden kann, wenn die Bussen, die für Verstösse gegen arbeitsrechtliche Bestimmungen vorgesehen sind, gegenseitig anerkannt<br />

und eingehalten werden.<br />

Die EU­Delegation wies auf die vollständige Integration des EU­Binnenmarktes, die von allen Mitgliedstaaten einheitlich angewendeten Regeln und die klar definierten<br />

Rechtsverfahren hin, mit denen Handelshemmnisse vermieden werden könnten. Auf diese Weise würde Rechtssicherheit für die europäischen Wirtschaftsakteure<br />

geschaffen. Eines der wichtigsten Probleme, dass es hinsichtlich der Wirtschaftsbeziehungen zwischen der EU und der Schweiz zu lösen gilt, ist in den Augen der<br />

EU­Delegation eben gerade die Rechtsunsicherheit. Diese schrecke gewisse europäische Investoren ab. Die <strong>Schweizer</strong> Delegation entgegnete darauf, dass die<br />

Zahlen eine andere Sprache sprechen und vom Vertrauen der in der Schweiz tätigen europäischen Wirtschaftsakteure in die Rechtssicherheit zeugen. Die Zahl der<br />

entsandten Arbeitnhemende von 90'000 im Jahr 2005 auf 150'000 im Jahr 2010 gestiegen.<br />

Beide Seiten waren sich einig, dass für die angesprochenen Probleme Lösungen gefunden werden müssen. Grundsätzlich seien die bestehenden Differenzen jedoch<br />

eher geringfügig und die Beziehungen zwischen der Schweiz und der EU sehr eng und für beide Seiten profitabel. Kleinere Spannungen zwischen den beiden Parteien<br />

zeugten lediglich von der Intensität der Beziehungen.<br />

4. 1. 3. Europäische Energiepolitik<br />

Einleitend erinnerten die Delegationen daran, dass die laufenden Verhandlungen für ein Stromabkommen zwischen der Schweiz und der EU 2007 begonnen haben<br />

und sich der Bereich der Energieversorgung seither rasant entwickelt hat. Die EU­Mitgliedstaaten hätten sich verpflichtet, den Primärenergieverbrauch bis 2020 um 20<br />

Prozent zu senken (Ziel 20/20/20), und das Verhandlungsmandat sei entsprechend angepasst worden.<br />

Die <strong>Schweizer</strong> Delegation hielt fest, dass ein umfassendes Stromabkommen im Interesse der Schweiz und der EU liegt. Aufgrund ihrer geografischen Lage sei die<br />

Schweiz Stromdrehscheibe Europas, weshalb es zwischen der EU und der Schweiz einen regen Handel gebe.<br />

Die Delegation des EU­<strong>Parlament</strong>s erklärte, die EU strebe ein Europa ohne Fossilenergie an, auch wenn noch nicht klar sei, wann dieses Ziel erreicht werden könne.<br />

Nationale Aktionspläne würden ausgearbeitet, um über den Wettbewerb den Differenzierungsprozess voranzutreiben. Wichtige Fragen seien die Besteuerung und die<br />

sinnvolle Verwendung der Einnahmen aus dem EU­Emissionshandel (European Union Emission Trading System); Letzteres solle gut überlegt sein.<br />

Die EU­Delegation kam zudem auf das Unglück in Fukushima zu sprechen. Wie vorherige Nuklearunfälle habe auch diese Katastrophe gezeigt, dass sich die<br />

Nationalstaaten nicht dreinreden lassen möchten. Die Notstromversorgung bei Naturkatastrophen oder anderen Gefahren müsse jedoch sichergestellt werden. Es<br />

stelle sich zumindest die Frage nach Regulierungen. Klar sei, dass ein transparentes System mit verbindlichen Sicherheits und Sicherungsstandards benötigt werde.<br />

Fragen seien die Besteuerung und die sinnvolle Verwendung der Einnahmen aus dem EU­Emissionshandel (European Union Emission Trading System); Letzteres<br />

solle gut überlegt sein.<br />

Die EU­Delegation kam zudem auf das Unglück in Fukushima zu sprechen. Wie vorherige Nuklearunfälle habe auch diese Katastrophe gezeigt, dass sich die<br />

Nationalstaaten nicht dreinreden lassen möchten. Die Notstromversorgung bei Naturkatastrophen oder anderen Gefahren müsse jedoch sichergestellt werden. Es<br />

stelle sich zumindest die Frage nach Regulierungen. Klar sei, dass ein transparentes System mit verbindlichen Sicherheits und Sicherungsstandards benötigt werde.<br />

4. 1. 4. Verkehrspolitik der Schweiz und der EU<br />

Die beiden Delegationen diskutierten eingehend über die Verkehrspolitik in Europa. Im Mittelpunkt dieser Gespräche stand der Nord­Süd­Korridor, wobei vorwiegend<br />

über die Neue Alpentransversale (NEAT) und ihre Nord bzw. Südanschlüsse gesprochen wurde.<br />

Die europäische Delegation betonte, wie wichtig es ist, im Bereich der Verkehrspolitik effizient mit der Schweiz zusammenzuarbeiten. Dazu würden zahlreiche<br />

bestehende Abkommen und der ständige Dialog beitragen. Die Infrastruktur sei für die Entwicklung des Verkehrswesens von zentraler Bedeutung. Zudem sei es<br />

wichtig, dass das Verursacherprinzip angewendet werde, wonach die sozialen Kosten einer wirtschaftlichen Aktivität vom Verursacher zu tragen sind. Der<br />

Entwicklungsstand und die Ziele der einzelnen Länder seien unterschiedlich: Während die Infrastruktur mancherorts gut ausgebaut sei, bestehe in anderen Ländern<br />

ein hoher Investitionsbedarf. Demensprechend würden hier auch die Meinungen im EU­<strong>Parlament</strong> stark auseinandergehen. Die EU­Delegation hielt fest, dass die<br />

Schweiz in dieser Sache sehr weit ist. Dazu gratuliere die Europäische Kommission wie auch der EU­Ministerrat.<br />

Giovanni Lombardi, renommierter Bauingenieur für Tunnel und Talsperrenprojekte, hielt ein Referat über die NEAT. Zu seinen Projekten gehören zahlreiche Tunnel, so<br />

der Gotthard­Strassentunnel, der Gotthard­Basistunnel und die NEAT wie auch viele weitere Projekte im In und Ausland. Lombardi erläuterte in seinem Referat, wie<br />

bedeutend der Gotthardtunnel und der Gotthardpass im Allgemeinen sind. Seit vielen Jahren ist diese Durchgangsstrecke eine wichtige Verbindung zwischen Nord<br />

und Süd. Er zeigte zudem die Schwierigkeiten und Herausforderungen des Tunnelbaus auf, welche dank der neuesten Technik gemeistert werden konnten.<br />

Nach den Ausführungen von Giovanni Lombardi, die einen Überblick über die Bautätigkeit der Schweiz in diesem Bereich vermittelten, wurde über die Nord und<br />

Südanschlüsse der NEAT diskutiert. Die Schweiz hat sowohl mit dem südlichen wie auch mit dem nördlichen Nachbarland ein Abkommen abgeschlossen, welches<br />

die Entwicklung der Bahninfrastruktur zwischen ihr und diesen beiden Staaten regelt. Der Bau der Zufahrtslinien ist jedoch mit gewissen Schwierigkeiten verbunden.<br />

Die <strong>Schweizer</strong> Delegation betonte, wie wichtig diese Infrastruktur für die wirtschaftliche Entwicklung und die Kooperation zwischen den Ländern ist. Ein äusserst<br />

grosser Teil des alpenquerenden Verkehrs erfolge auf der Schiene. Die Einführung der Schwerverkehrsabgabe habe sich positiv ausgewirkt: Mit dieser Abgabe konnte<br />

die NEAT mitfinanziert und der Verkehr durch die Alpen stabilisiert werden. Zudem hob die <strong>Schweizer</strong> Delegation hervor, dass ihr Land der EU diese Tunnel für den<br />

Güter und Personentransport zur Verfügung stellt. Sie wies darauf hin, dass der Güterverkehr in den nächsten zwanzig Jahren voraussichtlich um 70 bis 75 Prozent,<br />

der Personenverkehr um 70 Prozent zunehmen wird und die von der Schweiz finanzierten Infrastrukturen deshalb für den Handel zwischen Nord und Südeuropa<br />

unabdingbar sind.<br />

Die <strong>Schweizer</strong> Delegation hielt auch fest, dass die Schweiz und Italien in der Verkehrspolitik Meinungsverschiedenheiten hätten: Während die Schweiz möglichst<br />

viele Güter von der Strasse auf die Schiene bringen möchte, räumt Italien Hochgeschwindigkeitsstrecken Priorität ein. Doch sei man sich in Anbetracht der<br />

Verkehrszunahme einig, dass der Güterverkehr über die NEAT erfolgen müsse. Zwischen Chiasso und Mailand seien hierfür jedoch noch beträchtliche Investitionen<br />

nötig. Die Finanzierung der Investitionen der Schweiz sei bis 2030 gesichert. Was Deutschland betreffe, so sei zwischen Karlsruhe und Basel ein Ausbau von zwei<br />

auf vier Gleise vorgesehen. Dieser Ausbau gehe aber nur langsam voran. Ein weiteres Problem bestehe bei der Gäubahn, welche Stuttgart und Zürich direkt verbinde.<br />

Die <strong>Schweizer</strong> Delegation bezweifelte, dass die Zufahrtslinien zur NEAT fristgerecht fertiggestellt werden können.<br />

Nach dem bilateralen Treffen besichtigten die beiden Delegationen die Alptransit­Baustelle in Pollegio.<br />

Die EU­Delegation zeigte sich beeindruckt über die Investitionen der Schweiz in die Alpentransversalen. Mit einer gemeinsamen Erklärung, die Gegenstand des<br />

nächsten Kapitels (4.1.5) ist, riefen die beiden Delegationen die Nachbarländer der Schweiz auf, sich verstärkt dafür einzusetzen, dass die Zufahrtslinien zur Neuen<br />

Eisenbahn­Alpentransversale gewährleistet sind.<br />

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