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"Langfassung der Studie zur Lebenssituation von Frauen mit ...

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Seite 228<br />

Kapitel III<br />

3.5 Diskriminierung und strukturelle Gewalt<br />

3.5.1 Einführung<br />

Aus <strong>der</strong> menschenrechtlichen Perspektive wird Diskriminierung definiert als „die<br />

ungerechtfertigte Ungleichbehandlung <strong>von</strong> einzelnen Menschen o<strong>der</strong> Gruppen aufgrund<br />

tatsächlicher o<strong>der</strong> zugeschriebener Merkmale“ (Deutsches Institut für Menschenrechte 2006:<br />

2). Als mehrdimensionale Diskriminierung gilt die „Ungleichbehandlung“, wenn sie sich nicht<br />

nur auf eines, son<strong>der</strong>n auf mehrere Merkmale bezieht, so z.B. auf Geschlecht und<br />

Behin<strong>der</strong>ung. Auch in <strong>der</strong> UN-Behin<strong>der</strong>tenrechtskonvention (UN-BRK) ist in Artikel 6, Absatz<br />

1 festgehalten, dass „die Vertragsstaaten anerkennen, dass <strong>Frauen</strong> und Mädchen <strong>mit</strong><br />

Behin<strong>der</strong>ungen mehrfacher Diskriminierung ausgesetzt sind“. Zinsmeister (2007) geht,<br />

analog zu intersektionalen Ansätzen, <strong>von</strong> Wechselwirkungen <strong>mit</strong> Kumulationen o<strong>der</strong><br />

Relativierungen <strong>von</strong> verschiedenen Merkmalen aus, die über die „bloße Addition <strong>von</strong><br />

Nachteilen“ (2007: 51) hinausgehen.<br />

„Grundlage <strong>von</strong> Diskriminierung sind […] in Diskursen und Ideologien sowie ökonomischen,<br />

politischen, rechtlichen und institutionellen Strukturen verankerte Unterscheidungen <strong>von</strong><br />

Personenkategorien o<strong>der</strong> sozialen Gruppen, denen <strong>der</strong> Status eines gleichberechtigten<br />

Gesellschafts<strong>mit</strong>glieds bestritten wird“ (Scherr 2011: 36). Eine beson<strong>der</strong>e Herausfor<strong>der</strong>ung<br />

stellen Diskriminierungen dar, die durch das Zusammenspiel gesellschaftlicher Regeln<br />

und/o<strong>der</strong> institutioneller Verfahren <strong>zur</strong> Benachteiligung <strong>von</strong> Bevölkerungsgruppen in<br />

zentralen Lebensbereichen führen. Ein solches Zusammenspiel wird als strukturelle o<strong>der</strong><br />

institutionelle Diskriminierung bezeichnet (Deutsches Institut für Menschenrechte). Nach<br />

Galtungs (1975) Begriff <strong>der</strong> „strukturellen Gewalt“ sind Einschränkungen o<strong>der</strong> Defizite bei <strong>der</strong><br />

persönlichen Entfaltung <strong>von</strong> Potenzialen auch strukturell begründet.<br />

Dies entspricht auch dem Verständnis <strong>von</strong> „Behin<strong>der</strong>ung“ <strong>der</strong> Weltgesundheitsorganisation<br />

(WHO) in <strong>der</strong> Internationalen Klassifikation <strong>der</strong> Funktionsfähigkeit, Behin<strong>der</strong>ung und<br />

Gesundheit (ICF) <strong>von</strong> 2005 126 , in dem neben den individuellen körperlichen, geistigen,<br />

seelischen und gesundheitlichen Beeinträchtigungen gerade auch die strukturellen<br />

Dimensionen <strong>von</strong> Beeinträchtigungen und Diskriminierung durch Gesellschaft und Umwelt<br />

einbezogen werden, die auf <strong>der</strong> alltäglichen Handlungsebene vor dem jeweiligen<br />

biografischen Hintergrund als Begrenzungen <strong>von</strong> Handlungsspielräumen erfahren werden.<br />

Rommelspacher (2006) sieht Diskriminierung dann gegeben, „wenn Menschen, die einer<br />

Min<strong>der</strong>heit angehören, im Vergleich zu Mitglie<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Mehrheit weniger Lebenschancen,<br />

das heißt weniger Zugang zu Ressourcen und weniger Chancen <strong>zur</strong> Teilhabe an <strong>der</strong><br />

Gesellschaft haben“.<br />

Diskriminierung bedeutet im Sinne <strong>der</strong> UN-Behin<strong>der</strong>tenrechtskonvention „jede<br />

Unterscheidung, Ausschließung o<strong>der</strong> Beschränkung aufgrund <strong>von</strong> Behin<strong>der</strong>ung, die zum Ziel<br />

o<strong>der</strong> <strong>zur</strong> Folge hat, dass das auf Gleichberechtigung <strong>mit</strong> an<strong>der</strong>en gegründete Anerkennen,<br />

126 Vgl. [online] URL: http://www.dimdi.de/dynamic/de/klassi/downloadcenter/icf/endfassung/icf_endfassung-<br />

2005-10-01.pdf (Stand: 13.08.2012).<br />

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