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"Langfassung der Studie zur Lebenssituation von Frauen mit ...

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Seite 33<br />

Kapitel II<br />

Interviewpartnerinnen nicht kannten, konnten die Interviewerinnen den zu befragenden<br />

<strong>Frauen</strong> aufgrund ihrer herausgehobenen Rolle in <strong>der</strong> Gehörlosengemeinschaft bekannt sein.<br />

Um zumindest für die Befragten eine größtmögliche Anony<strong>mit</strong>ät und vertrauensvolle<br />

Atmosphäre herzustellen, wurden Interviewpartnerinnen, die einer Interviewerin bekannt<br />

waren, an an<strong>der</strong>e Interviewerinnen ver<strong>mit</strong>telt. Um eine möglichst hohe Fallzahl an Interviews<br />

zu erreichen, wurden abgesagte Interviews durch neue ersetzt. Die Interviewerinnen<br />

unternahmen weitere Aktivitäten, um Befragte zu gewinnen, und konnten schließlich 76<br />

Interviews in Deutscher Gebärdensprache realisieren.<br />

Durchführung <strong>der</strong> Interviews<br />

Die meisten Interviews fanden in privaten Haushalten statt, in einigen Fällen bevorzugten die<br />

Interviewpartnerinnen einen an<strong>der</strong>en neutralen Ort, zum Beispiel ein Café o<strong>der</strong> einen Park<br />

für das Interview. In <strong>der</strong> Regel waren es Gespräche unter vier Augen; in sehr seltenen Fällen<br />

gab es Schwierigkeiten, die Lebenspartnerin bzw. den Lebenspartner o<strong>der</strong> Dritte aus <strong>der</strong><br />

Interviewsituation vollständig herauszuhalten. Meistens gaben die Interviewerinnen an, dass<br />

sich Interviewpartnerinnen ihnen gegenüber sehr offen gezeigt und bereitwillig die Fragen<br />

beantwortet haben. Interviews, in denen <strong>von</strong> Gewalterfahrungen berichtet wurde, wurden<br />

teilweise als „belastend“ bis „sehr schwer zu verarbeiten“ empfunden. Es gibt kaum<br />

geeignete Anlaufstellen für gehörlose, <strong>von</strong> Gewalt betroffene <strong>Frauen</strong> und die<br />

Interviewerinnen fühlten sich zum Teil „nicht gut“, hier nur auf Broschüren (Selbsthilfegruppe<br />

gehörloser <strong>Frauen</strong> in Münster 2006) o<strong>der</strong> die DVD „Häusliche Gewalt ist nie in Ordnung“<br />

(BIG Koordinierung 2010) verweisen zu können. Dass es ausschließlich gehörlose <strong>Frauen</strong><br />

waren, welche die Interviews durchgeführt haben, wurde <strong>von</strong> den Interviewpartnerinnen als<br />

großes Plus gewertet.<br />

Die Interviewerinnen hatten nach Beendigung <strong>der</strong> Feldphase Gelegenheit, ihre Erfahrungen<br />

und Rückmeldungen anhand eines schriftlichen Evaluationsbogens <strong>mit</strong>zuteilen. Insgesamt<br />

überwog die Meinung, dass es sich um ein wichtiges Projekt gehandelt hat. Gehörlose<br />

Menschen sind als Gegenstand <strong>der</strong> Forschung in <strong>der</strong> Regel in Zusammenhang <strong>mit</strong> <strong>der</strong><br />

Erfassung gebärdensprachlicher Daten für sprachwissenschaftliche Analysen interessant.<br />

Befragungen o<strong>der</strong> Datenerhebungen, die sich <strong>mit</strong> konkreten <strong>Lebenssituation</strong>en, Gesundheit<br />

und Belastungen Gehörloser auseinan<strong>der</strong>setzen, sind auch in internationalen <strong>Studie</strong>n<br />

vergleichsweise selten. In Deutschland hat es zwei detaillierte und intensive, allerdings<br />

schriftliche Befragungen, in <strong>der</strong>en Mittelpunkt gehörlose <strong>Frauen</strong> 37 stehen, zuletzt 1991 und<br />

1995 gegeben (Deutscher Gehörlosen-Bund 1996; Gotthardt-Pfeiff 1991). Die<br />

Befragungsmodalität durch geschulte gehörlose Interviewerinnen in einer Face-to-Face-<br />

Gesprächssituation in Deutscher Gebärdensprache hat es allerdings vor dieser aktuellen<br />

<strong>Studie</strong> in Deutschland nicht gegeben. Auch in internationalen Befragungen Gehörloser stellt<br />

die Aufbereitung und Übersetzung des Fragebogens in die Gebärdensprache sowie die<br />

zweisprachige Form <strong>der</strong> Befragung offensichtlich ein Novum dar (An<strong>der</strong>son et al. 2011). Die<br />

Methode selbst wurde <strong>von</strong> den Interviewerinnen überwiegend <strong>mit</strong> „eher gut“ eingeschätzt.<br />

37<br />

Interessanterweise haben sich im Lauf <strong>der</strong> Feldphase auch gehörlose Männer interessiert gezeigt und<br />

angemerkt, dass sie für sich auch eine ähnliche Befragung brauchen, weil sie ebenfalls häufig<br />

Diskriminierungen, vor allem am Arbeitsplatz, ausgesetzt sind.<br />

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