06.06.2015 Aufrufe

"Langfassung der Studie zur Lebenssituation von Frauen mit ...

"Langfassung der Studie zur Lebenssituation von Frauen mit ...

"Langfassung der Studie zur Lebenssituation von Frauen mit ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Seite 316<br />

Kapitel IV<br />

Während in <strong>der</strong> repräsentativen Haushaltsbefragung die Mehrheit <strong>der</strong> <strong>von</strong> psychischen<br />

Problemen betroffenen <strong>Frauen</strong> (58%) wegen <strong>der</strong> psychischen Probleme schon einmal<br />

ärztlich verschriebene Medikamente eingenommen hat, trifft dies nur auf 21% <strong>der</strong><br />

hörbehin<strong>der</strong>ten, 35% <strong>der</strong> sehbehin<strong>der</strong>ten und auf 45% <strong>der</strong> körperbehin<strong>der</strong>ten <strong>Frauen</strong> zu.<br />

Über die Qualität <strong>der</strong> in Anspruch genommenen psychotherapeutischen Angebote liegen aus<br />

<strong>der</strong> vorliegenden <strong>Studie</strong> keine weiteren Informationen vor. Es konnte auch nicht eruiert<br />

werden, ob und in welchem Maße insbeson<strong>der</strong>e die gehörlosen <strong>Frauen</strong> <strong>der</strong> <strong>Studie</strong> fachlich<br />

versierte Angebote in Deutscher Gebärdensprache und <strong>mit</strong> kultureller Sensibilität für <strong>der</strong>en<br />

spezifische <strong>Lebenssituation</strong>, Kommunikation und Probleme wahrnehmen konnten. 162<br />

Beeinträchtigungen beim Lernen und Begreifen<br />

34% <strong>der</strong> hörbehin<strong>der</strong>ten, 13% <strong>der</strong> sehbehin<strong>der</strong>ten und 25% <strong>der</strong> körperbehin<strong>der</strong>ten <strong>Frauen</strong><br />

gaben Lernbeeinträchtigungen an. Die offenen Nennungen zeigen, dass darunter<br />

Unterschiedliches verstanden wurde. Die betroffenen hörbehin<strong>der</strong>ten <strong>Frauen</strong> nannten z.B. zu<br />

einem großen Teil Schwierigkeiten, Behördensprache, Fremdwörter o<strong>der</strong> Politisches zu<br />

verstehen, was eher auf Kommunikationsprobleme verweist. Weiterhin wurden<br />

Schwierigkeiten beim Lesen und bei <strong>der</strong> Grammatik <strong>der</strong> Lautsprache genannt. Einige <strong>Frauen</strong><br />

nannten hier auch Konzentrationsprobleme o<strong>der</strong> eine eingeschränkte Merkfähigkeit sowie<br />

Schwierigkeiten in <strong>der</strong> Kommunikation <strong>mit</strong> Hörenden. Die betroffenen sehbehin<strong>der</strong>ten<br />

<strong>Frauen</strong> gaben vor allem Konzentrationsprobleme an, Einzelne aber auch<br />

sehbehin<strong>der</strong>ungsbedingte Schwierigkeiten wie Informationsmangel o<strong>der</strong> Schwierigkeiten in<br />

<strong>der</strong> Schule sowie Probleme beim Lesen o<strong>der</strong> <strong>mit</strong> <strong>der</strong> Rechtschreibung.<br />

Konzentrationsprobleme standen auch bei den körperbehin<strong>der</strong>ten <strong>Frauen</strong> im Vor<strong>der</strong>grund.<br />

Außerdem wurden seltener Probleme beim Begreifen o<strong>der</strong> Verstehen <strong>mit</strong> <strong>der</strong> Merkfähigkeit<br />

o<strong>der</strong> <strong>mit</strong> dem Lernen in Verbindung gebracht. Einzelne <strong>Frauen</strong> haben Probleme durch eine<br />

eingeschränkte Sehkraft, Erschöpfung und Müdigkeit, ständige Schmerzen o<strong>der</strong><br />

stressbedingte Probleme geäußert.<br />

Die vergleichende Auswertung <strong>der</strong> psychischen Probleme in den fünf Befragungsgruppen<br />

<strong>der</strong> <strong>Studie</strong> in allgemeiner Sprache zeigt, dass die hörbehin<strong>der</strong>ten <strong>Frauen</strong> in hohem Maße<br />

<strong>von</strong> psychischen Problemen betroffen waren. Sie nannten diese noch häufiger, die<br />

körperbehin<strong>der</strong>ten <strong>Frauen</strong> in etwa so häufig und die sehbehin<strong>der</strong>ten <strong>Frauen</strong> weniger häufig<br />

als die ebenfalls psychisch hoch belasteten <strong>Frauen</strong> <strong>der</strong> repräsentativen Haushaltsbefragung.<br />

Hohe Belastungen zeigen sich vor allem im Bereich <strong>der</strong> depressionstypischen Probleme und<br />

162 Sabine Fries hat <strong>mit</strong> Verweis auf Levens <strong>Studie</strong> (2003) darauf aufmerksam gemacht, dass erhebliche Defizite<br />

in <strong>der</strong> psychotherapeutischen Versorgung gehörloser Menschen bestehen, vor allem im Hinblick auf ein<br />

gehörlosenkultursensibles Therapieangebot, das die kommunikativen und sozialen Bedingungen Gehörloser<br />

berücksichtige. Leven (2003) betont, dass es zwar Therapeutinnen bzw. Therapeuten und Einrichtungen gebe, an<br />

die gehörlose Betroffene sich wenden könnten, dass aber die meisten keine ausreichende sprachliche und vor<br />

allem ,interkulturelle Kompetenz‘ hätten, um erfolgreich zu therapieren. Leven spricht hier <strong>von</strong> einem<br />

„Pseudoversorgungsangebot“ (ebd.: 135). „Es darf angenommen werden, dass <strong>der</strong> auffällig hohe Anteil an<br />

chronifizierten Störungen <strong>mit</strong> Beginn in <strong>der</strong> Kindheit o<strong>der</strong> im frühen Erwachsenenalter auch den Mangel an<br />

adäquaten ambulanten psychotherapeutischen Angeboten für Schwerhörige und beson<strong>der</strong>s für Gehörlose<br />

wi<strong>der</strong>spiegelt“ (ebd.: 135).<br />

316

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!