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"Langfassung der Studie zur Lebenssituation von Frauen mit ...

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Kapitel II<br />

Eine 1:1-Übersetzung des Hauptfragebogens im Sinne einer einfachen Wie<strong>der</strong>gabe in<br />

Deutscher Gebärdensprache war <strong>von</strong> vorneherein ausgeschlossen, da neben den<br />

sprachlichen auch die beson<strong>der</strong>en kulturellen Voraussetzungen <strong>der</strong><br />

Gehörlosengemeinschaft zu beachten waren. Im Laufe des Übersetzungsprozesses wurde<br />

deutlich, dass Modifikationen im schriftsprachlichen Fragebogen vorgenommen werden<br />

mussten. Diese Modifikationen, die sich aufgrund <strong>der</strong> beson<strong>der</strong>en visuellen Modalität <strong>von</strong><br />

Gebärdensprachen ergeben haben, sind jedoch nicht als Simplifizierung, Trivialisierung o<strong>der</strong><br />

inhaltliche Ausdünnung des schriftsprachlichen Fragebogens zu verstehen, son<strong>der</strong>n dienten<br />

<strong>der</strong> qualitativen bzw. quantitativen Anpassung <strong>der</strong> Fragen an die Zielgruppe gehörloser<br />

<strong>Frauen</strong>, um den Sinn <strong>der</strong> Frage bestmöglich in Deutscher Gebärdensprache zu übersetzen.<br />

Modifikationen waren zum einen notwendig wegen <strong>der</strong> beson<strong>der</strong>en sprachlichen Modalität<br />

<strong>von</strong> Gebärdensprachen. An<strong>der</strong>s als in lautsprachlichen Interviews können hier Fragen nicht<br />

einfach aufeinan<strong>der</strong> folgen und Antworten simultan dazu <strong>von</strong> <strong>der</strong> Interviewerin eingegeben<br />

bzw. angekreuzt werden. Gebärdensprachen sind visuelle Sprachen, die einen ständigen<br />

Blickkontakt während <strong>der</strong> Interaktion zwischen den Gesprächspartnerinnen erfor<strong>der</strong>n. Für die<br />

Eingabe <strong>der</strong> Antworten müssen die Interviewerinnen diesen Blickkontakt nach je<strong>der</strong> Frage<br />

unterbrechen, d.h., <strong>der</strong> Gesprächsfluss stockt hier ein wenig, es entsteht eine kleine, in<br />

gebärdensprachlichen Interaktionen durchaus natürliche, keineswegs störende Pause. Ein<br />

erstes Testinterview, welches zunächst exakt an den inhaltlichen Vorgaben des<br />

Hauptfragebogens orientiert war, ergab eine Befragungszeit <strong>von</strong> über fünf Stunden und lag<br />

da<strong>mit</strong> etwa doppelt so hoch wie die in gesprochener Sprache geführten Interviews bei<br />

an<strong>der</strong>en Zielgruppen. Diese Zeit zu kürzen, um die Befragung gehörloser <strong>Frauen</strong> auf das<br />

übliche zumutbare Maß <strong>von</strong> zwei bis drei Stunden zu reduzieren, machte Kürzungen und<br />

Streichungen im Hauptfragebogen erfor<strong>der</strong>lich.<br />

Eine erste Modifikation erfolgte durch die Umformulierung bzw. Kürzung <strong>von</strong> Fragen durch:<br />

• Verzicht auf das Vorlesen <strong>von</strong> Antwortvorgaben,<br />

• Entfrachtung bzw. Anpassung <strong>von</strong> Itemlisten an die Zielgruppe,<br />

• offenere Formulierungen, die es den Interviewerinnen erlaubten, die Antworten selbst<br />

zuzuordnen,<br />

• leichte Kürzungen komplexer Fragestellungen,<br />

• Streichung <strong>von</strong> Fragen, die für die Zielgruppe <strong>der</strong> selbstständig lebenden gehörlosen<br />

<strong>Frauen</strong> nicht relevant waren, und <strong>der</strong> ausführlichen Fragen zu an<strong>der</strong>en körperlichen<br />

Beeinträchtigungen o<strong>der</strong> Behin<strong>der</strong>ungen,<br />

• Verzicht auf differenzierende Nachfragen zu vor/nach Eintreten <strong>der</strong> Behin<strong>der</strong>ung, da<br />

die Mehrheit <strong>der</strong> <strong>Frauen</strong> ab <strong>der</strong> frühen Kindheit/Geburt gehörlos ist.<br />

Auf diese Weise gelang es, den Hauptfragebogen um ca. ein Drittel zu kürzen, ohne dabei<br />

einen erheblichen Verlust o<strong>der</strong> ein Defizit an wichtigen vergleichbaren Daten in Kauf nehmen<br />

zu müssen.<br />

In <strong>der</strong> Regel jedoch orientierte sich die gebärdensprachliche Übersetzung stark an <strong>der</strong><br />

Ausdrucksweise des Hauptfragebogens und folgte ihm in Inhalt, Sprachstil und<br />

Sprachniveau. Dennoch ergaben sich auch hier beson<strong>der</strong>e Übersetzungsfragen. Zum<br />

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