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"Langfassung der Studie zur Lebenssituation von Frauen mit ...

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Seite 414<br />

Kapitel IV<br />

7. Subjektiv wahrgenommene und durch strukturelle Rahmenbedingungen<br />

beför<strong>der</strong>te Diskriminierungen spielen bei den <strong>Frauen</strong> <strong>der</strong> Zusatzbefragung eine<br />

beson<strong>der</strong>s große Rolle. Sie waren da<strong>von</strong> noch deutlich häufiger und auch<br />

an<strong>der</strong>s betroffen als die <strong>Frauen</strong> <strong>der</strong> repräsentativen Haushalts- und<br />

Einrichtungsbefragung.<br />

Die <strong>Frauen</strong> <strong>der</strong> Zusatzbefragung beschrieben deutlich häufiger als die <strong>Frauen</strong> <strong>der</strong><br />

Haushaltsbefragung benachteiligende und diskriminierende Erfahrungen in Institutionen und<br />

durch Menschen in ihrem sozialen Umfeld, im Berufsleben und in <strong>der</strong> Öffentlichkeit. Sie<br />

waren zudem einem breiteren Spektrum einschränken<strong>der</strong> Benachteiligungen und<br />

diskriminieren<strong>der</strong> Situationen ausgesetzt. Sie fühlten sich doppelt so häufig durch Regeln<br />

o<strong>der</strong> Bedingungen in ihrer Freiheit eingeschränkt, gaben sehr viel häufiger an, ihnen sei Hilfe<br />

vorenthalten o<strong>der</strong> ein Zuviel an Hilfe entgegengebracht worden, und sie nannten darüber<br />

hinaus signifikant häufiger diskriminierende Verhaltensweisen im Alltag wie angestarrt,<br />

ungefragt geduzt o<strong>der</strong> nicht ernst genommen zu werden. Darüber hinaus wurden sie<br />

häufiger ungewollt angefasst, erfuhren in erhöhtem Maße verbale Aggressionen o<strong>der</strong> wurden<br />

aufgrund <strong>der</strong> Behin<strong>der</strong>ung in ihren Umfel<strong>der</strong>n sowohl durch nahestehende Personen als<br />

auch durch wenig o<strong>der</strong> kaum bekannte Menschen belästigt, lächerlich gemacht o<strong>der</strong><br />

diskriminiert. In erheblich höherem Ausmaß als die <strong>Frauen</strong> <strong>der</strong> repräsentativen<br />

Haushaltsbefragung nahmen sie – zusätzlich <strong>zur</strong> Benachteiligung aufgrund des Geschlechts<br />

– eine Benachteiligung aufgrund <strong>der</strong> Behin<strong>der</strong>ung wahr. So stimmten 57–69% <strong>der</strong> <strong>Frauen</strong><br />

<strong>der</strong> Zusatzbefragung, aber nur 15% <strong>der</strong> <strong>Frauen</strong> <strong>der</strong> repräsentativen Haushaltsbefragung <strong>der</strong><br />

Aussage zu, sie seien benachteiligt o<strong>der</strong> schlecht behandelt worden o<strong>der</strong> ihnen seien<br />

Fähigkeiten abgesprochen worden, weil sie behin<strong>der</strong>t o<strong>der</strong> beeinträchtigt sind.<br />

Das Fehlen barrierefreier Umwelten, sei es aufgrund <strong>der</strong> un<strong>zur</strong>eichenden räumlichen und<br />

infrastrukturellen Bedingungen, sei es aufgrund mangeln<strong>der</strong> Unterstützung durch Hilfs<strong>mit</strong>tel<br />

und Gebärdensprachdolmetscherinnen bzw. Gebärdensprachdolmetscher <strong>zur</strong> Gewährleistung<br />

<strong>der</strong> Kommunikation <strong>mit</strong> Hörenden, sei es aber auch aufgrund <strong>der</strong> strukturellen Rücksichtslosigkeit<br />

<strong>von</strong> Ämtern und Behörden im Umgang <strong>mit</strong> und <strong>der</strong> För<strong>der</strong>ung <strong>von</strong> Menschen<br />

<strong>mit</strong> Behin<strong>der</strong>ungen, war ein großes Thema in <strong>der</strong> Befragung gehörloser, blin<strong>der</strong> und körperbehin<strong>der</strong>ter<br />

<strong>Frauen</strong>. Viele <strong>Frauen</strong> beschrieben diskriminierende Verhaltensweisen, Grenzverletzungen,<br />

un<strong>zur</strong>eichende Unterstützung sowie Bevormundung <strong>von</strong>seiten <strong>der</strong> Ämter und<br />

Behörden o<strong>der</strong> im Bereich <strong>der</strong> pflegerischen und medizinischen Versorgung. Darüber hinaus<br />

wurden fehlende Akzeptanz, Berührungsängste, mangeln<strong>der</strong> Respekt und mangelnde<br />

Rücksichtnahme sowie ein ausschließendes und distanziertes, teilweise aber auch<br />

distanzloses Verhalten durch Menschen aus dem sozialen Umfeld und im öffentlichen Raum<br />

beschrieben. Einige Befragte fühlten sich als Behin<strong>der</strong>te abgelehnt und entwertet, gemieden<br />

o<strong>der</strong> übersehen. Auch Benachteiligungen im beruflichen Bereich und das Absprechen <strong>von</strong><br />

Kompetenzen aufgrund <strong>der</strong> Behin<strong>der</strong>ung wurden in den Interviews thematisiert. Weitere<br />

Formen struktureller Gewalt und Diskriminierung wurden in <strong>der</strong> geringeren beruflichen<br />

Einbindung <strong>von</strong> <strong>Frauen</strong> selbst bei hohen Bildungsgraden und in den erheblichen<br />

existenziellen Ängsten vor finanzieller Not und zunehmen<strong>der</strong> Abhängigkeit <strong>von</strong> an<strong>der</strong>en<br />

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