Trainingshandbuch Recherche : Informationsbeschaffung
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1.1 Interview: Mehr <strong>Recherche</strong>-Kultur im Journalismus<br />
Thomas Leif, Vorsitzender von Netzwerk <strong>Recherche</strong> e.V.,<br />
über die zunehmende Informationsverdünnung, Bequemlichkeiten<br />
eines Berufsstandes und neue Chancen in der Ausbildung<br />
Woher kommt Ihre Leidenschaft für die <strong>Recherche</strong>?<br />
Ein Trend ist, dass viele Journalisten sich nur noch als Produzenten sehen, die<br />
schnell aus Fremdquellen etwas ,Neues‘ herstellen. Zwei Drittel des journalistischen<br />
Materials kommt aus PR-Quellen oder Interessengruppen. Das ist nur noch<br />
eine Art Ergänzungsjournalismus. Mein Bestreben orientiert sich am Qualitätsjournalismus.<br />
Und der braucht eben <strong>Recherche</strong>.<br />
Investigativen Journalismus also?<br />
Ich spreche von <strong>Recherche</strong>-Journalismus, also der zeitaufwändigen, gründlichen<br />
und nachhaltigen <strong>Recherche</strong> durch Journalisten. Die erste Ebene ist die alltägliche<br />
<strong>Recherche</strong>, bei der vorliegende Informationen kritisch beleuchtet und verglichen<br />
werden. Die zweite Ebene ist für mich der besondere Hintergrundbericht<br />
mit neu gewonnenen Informationen, die über den Abgleich der vorhandenen<br />
Nachrichtenquellen hinausgehen. Und die dritte Qualitätsebene ist die genuine<br />
Enthüllung, die aus eigener Kraft entstanden ist und aufgrund der investierten<br />
<strong>Recherche</strong>-Leistung die Öffentlichkeit bewegt.<br />
Weshalb scheuen Sie das Wort ‚investigativ’?<br />
Weil kaum jemand investigativ arbeitet. Man kann ja froh sein, wenn die erste<br />
Stufe, die ich eben genannt habe, erfüllt ist. Ich glaube, das Ausmaß der Nicht-<br />
<strong>Recherche</strong> in Deutschland ist überhaupt noch gar nicht analysiert worden. Was<br />
investigativ erscheint, ist oft nur von einem Interessenvertreter zugesteckt.<br />
Glauben Sie, dass zeitaufwändige und gründliche <strong>Recherche</strong> überhaupt noch<br />
gefragt ist?<br />
Gefragt schon, aber nicht mehr produziert. Ich glaube auch, dass viele Journalisten<br />
weder die Mentalität noch die Antriebskraft zur intensiven <strong>Recherche</strong> haben,