Trainingshandbuch Recherche : Informationsbeschaffung
Trainingshandbuch Recherche : Informationsbeschaffung
Trainingshandbuch Recherche : Informationsbeschaffung
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
<strong>Recherche</strong> lernen im Werkstattgespräch<br />
147<br />
dann Chefreporter des ZDF, bis er im Frühjahr 2001 als Redaktionsleiter Frontal<br />
21 ins Leben rief. Das ZDF-Magazin bestimmt seitdem Richters journalistischen<br />
Alltag. Das erklärt vielleicht, warum Richter im Werkstattgespräch mit Kollegen<br />
vor allem über sein Magazin und weniger über seine persönlichen Erfahrungen<br />
redet.<br />
Beim Magazin Monitor sei er groß geworden, sagt Richter, in der „Vor-Bednarz-Zeit“<br />
habe er als Redakteur unter Claus Hinrich Casdorff das <strong>Recherche</strong>-<br />
Handwerk erlernt. Danach habe er 20 Jahre als Auslandskorrespondent in Amerika,<br />
Russland, Asien und Polen verbracht. Nun will Richter mit seinem Team<br />
Frontal 21 zu einem „einheitlichen, zeitkritischen, investigativen Magazin“ im<br />
ZDF machen.<br />
Nur 15 Autoren füllen dazu einmal in der Woche eine Sendung mit fünf<br />
Beiträgen. Darunter leide nicht selten die Qualität. Gerade bei Stücken, die aus<br />
Aktualitätsdruck entstünden, würde schon mal versucht, „noch irgendetwas rauszuquetschen“.<br />
Wenn in einer Sendung zwei oder drei gute Beiträge gespielt<br />
würden, könne die Redaktion zufrieden sein. Vor allem für längere <strong>Recherche</strong>n<br />
habe die Redaktion zu wenig Geld. Deshalb stünden alle unter dem Druck aus<br />
möglichst vielen begonnen <strong>Recherche</strong>n Beiträge zu machen. Darunter leide die<br />
Qualität.<br />
Neben der Finanzierung habe Richter als Redaktionsleiter mit der Fülle an<br />
Sendungen zu kämpfen. Nach bis zu zwölf Sendungen hintereinander seien seine<br />
Autoren ausgelaugt. Dann frage er schon mal beim Chefredakteur an, ob dieser<br />
nicht eine Sendung ausfallen lassen könne.<br />
Bestimmt werde die Gestaltung von Frontal 21 nicht zuletzt von der Quote.<br />
„Sie können alles machen – unter der Bedingung, dass die Quote stimmt“. Vor<br />
jeder Sendung setze sich Richter mit den beiden Chefs vom Dienst an den<br />
Schreibtisch und plane die Sendung nach den möglichen Umschaltepunkten, das<br />
heißt, welcher Beitrag kann Zuschauer zu welchem Zeitpunkt einfangen, welcher<br />
verhindern, dass sie umschalten.<br />
Viele Politiker drücken sich nach Richters Erfahrung vor Interviews mit kritischen<br />
Magazinen. Sie stellten sich lieber in Talkshows dar. Diese „Christiansenierung“<br />
der Politik würde auch im eigenen Haus diskutiert – nicht zuletzt weil<br />
die Johannes B. Kerner-Show im ZDF eine der Plattformen für Öffentlichkeit<br />
liebende Politiker sei. Seit die Redaktion in einem Beitrag die Verweigerungshaltung<br />
eines Politikers „brutal öffentlich gemacht“ habe, sei „der Ton der Politiker<br />
milder geworden“.<br />
Statt auf parteipolitische Themen konzentrieren sich nach Richters Erfahrung<br />
die Fernseh-Politmagazine immer mehr auf gesellschaftliche und wissenschaftliche<br />
Entwicklungen.