Trainingshandbuch Recherche : Informationsbeschaffung
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Die Affäre Telekom<br />
Die Papiere brachten uns einen ganzen Schritt weiter. Es handelte sich um<br />
zwei interne Papiere der DeTe-Immobilien und ein internes Telekom-Schreiben<br />
an den Finanzvorstand des Konzerns, Joachim Kröske. All diese Belege enthielten<br />
Hinweise auf eine mögliche Überbewertung des Immobilienvermögens.<br />
Zunächst also stellte sich die Frage: Sind diese Papiere echt? Welche Funktionen<br />
haben die Absender der Schreiben im Telekom-Konzern? Hinweise darauf<br />
versprachen wir uns von diversen Verbraucheranwälten, die damit begannen,<br />
Kleinaktionäre zu werben. Doch die Juristen kannten weder die Papiere noch die<br />
in den Papieren angesprochenen Personen.<br />
Man muss sich das so vorstellen: Wir telefonierten tagelang mit Verbraucheranwälten,<br />
die Geschädigte, neue Mandanten und das große Geld witterten. Ein<br />
fundiertes Fachwissen hatten auch sie damals nicht.<br />
Es war lange kein Durchbruch in Sicht. Es gab keine <strong>Recherche</strong>-Erfolge, die<br />
man in den Redaktionssitzungen hätte vortragen können. Die Materie war zäh<br />
und zudem kompliziert. Wir standen häufig kurz davor die <strong>Recherche</strong> abzubrechen.<br />
Währenddessen wurden täglich Berichte über die Telekom in Zeitungen, Radio,<br />
Funk und Fernsehen präsentiert. Das waren vorwiegend unkritische Ron<br />
Sommer-Portraits und -Interviews. Die Immobilienaffäre wurde nur sanft gestreift.<br />
Kaum ein Journalist hatte sich damals schon mit den bilanzrechtlichen<br />
Folgen auseinandergesetzt. Wir horchten auf, als sich einer der Anlegeranwälte<br />
meldete. Er erzählte uns von einem Mann, der sehr informiert zu sein schien und<br />
der sich bei ihm gemeldet habe. Er habe ihn zwar nicht ganz verstanden, aber<br />
vielleicht könne dieser Mann uns weiterhelfen.<br />
Basis- und Hauptrecherche<br />
Nach diesen kryptischen Worten nahmen wir Kontakt mit dem Anrufer auf. Er<br />
stellte sofort Bedingungen und wünschte keinen weiteren Kontakt über das Telefon.<br />
Wenn überhaupt, dann sei nur ein persönliches Treffen möglich. Für dieses<br />
Hintergrundgespräch aber solle ich mich erst einmal bei ihm bewerben. Er kenne<br />
mich schließlich nicht und es ginge um streng vertrauliche Details. Er forderte<br />
meinen Lebenslauf an und überprüfte ihn in allen Einzelheiten. Als er auch einige<br />
meiner Arbeitsproben im Internet nachgelesen hatte, gab er sein Okay und wir<br />
verabredeten uns in einem Kölner Hotel.<br />
Es stellte sich heraus, dass er der Telekom tatsächlich sehr nahe stand. Der<br />
Informant hatte Zugang zu einem immens wichtigen Dokument. Im März 1998<br />
wurde im Auftrag der Telekom-Tochter DeTe-Immobilien ein Gutachten erstellt,<br />
an dem unter anderem auch Arthur Andersen, eine international agierende und in<br />
Deutschland eine der größten Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaf-