Trainingshandbuch Recherche : Informationsbeschaffung
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Investigativer Journalismus und Recht<br />
dadurch geschehen, dass eine Frage gestellt, eine Schlussfolgerung nahe gelegt<br />
oder ein Verdacht geäußert wird. „Verbreiten“ ist Weitergeben einer fremden<br />
Äußerung. Bei der Verbreitung einer diffamierenden Tatsachenbehauptung durch<br />
Schriften gehört zum Begriff der Verbreitung das körperliche Zugänglichmachen<br />
eines Exemplars der Schrift für Dritte. Im Gegensatz zum „Behaupten“ bedeutet<br />
„Verbreiten“ das Weitergeben einer Mitteilung nicht als Gegenstand eigener<br />
Überzeugung, sondern als von dritter Seite erfahren. Auch die Verbreitung eines<br />
Gerüchts kann den Tatbestand der üblen Nachrede erfüllen. Es sei denn, der IJ<br />
(Verbreiter) distanziert sich eindeutig von einer solchen Mitteilung (beziehungsweise<br />
tritt ihr ernsthaft entgegen) und es besteht ein öffentliches Interesse an der<br />
Verbreitung. Ein IJ darf Äußerungen Dritter mit einem Eingriffscharakter nur<br />
verbreiten, wenn er sich hinreichend von deren Inhalt distanziert.<br />
Das Tatbestandsmerkmal „in Beziehung auf einen anderen“ erfordert, dass<br />
„Empfänger“ der Kundgabe und Betroffener verschiedene Personen sind. Zudem<br />
muss erkennbar sein, dass hinter der Äußerung ein anderer als der Betroffene als<br />
(angeblicher oder wirklicher) Urheber steht. Wer den Drittbezug verbirgt und<br />
lediglich eine den Betroffenen kompromittierende Sachlage schafft, wird nicht<br />
erfasst.<br />
„Ehrenrührig“ im Sinne des § 186 StGB sind Tatsachen, die geeignet sind<br />
den Betroffenen verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen.<br />
„Verächtlichmachung“ bedeutet, dass etwas durch Werturteil<br />
oder Tatsachenbehauptung als der Achtung unwert oder unwürdig dargestellt<br />
wird. „Herabwürdigen“ ist weniger gravierend und bedeutet die Schmälerung<br />
des Rufs. Es genügt die Eignung, ein Diffamierungserfolg muss nicht nachgewiesen<br />
werden.<br />
Weiterhin muss die Tatsache „nicht erweislich wahr sein“. Die Strafbarkeit<br />
entfällt, falls die Tatsache als wahr erwiesen wird. Der IJ (Täter) trägt das volle<br />
„Beweisrisiko“. Erforderlich ist im Streitfall vor dem Strafgericht der tatsächliche<br />
Beweis. So genannte objektive Beweisregeln für die Berichterstattung über<br />
eine Straftat stellt nur § 190 StGB auf: Demnach ist der Wahrheitsbeweis<br />
erbracht, wenn jemand, der von einer entsprechenden Berichterstattung betroffen<br />
ist, rechtskräftig verurteilt worden ist. Wurde er dagegen rechtskräftig<br />
freigesprochen, ist die Tatsachenbehauptung dem Wahrheitsbeweis nicht mehr<br />
zugänglich.<br />
Für die Presse im Allgemeinen wirkt sich dies erschwerend aus, da sie praktisch<br />
tagtäglich Meldungen über Dritte publiziert und schon aus Gründen der<br />
Aktualität kaum die Richtigkeit jeder einzelnen Mitteilung überprüfen kann. Für<br />
den IJ heißt dies jedoch, dass er erst recht jedes belastende Detail über den<br />
Betroffenen seiner Berichterstattung prüfen und es sich nötigenfalls von mehre-