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Trainingshandbuch Recherche : Informationsbeschaffung

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<strong>Recherche</strong> lernen im Werkstattgespräch<br />

phäen. Als er bei einem öffentlich-rechtlichen Sender, aus dem auch Seminarteilnehmer<br />

kommen sollten, um eine geringfügige finanzielle Beteiligung bat, antwortete<br />

ihm ein stellvertretender Redaktionsleiter: „Wozu? Wir machen doch<br />

praktisch keine Filme mehr, die mit dem Presserecht kollidieren könnten.“<br />

Nur noch Unterhaltung und der schnell gemachte Beitrag zählten – je flapsiger<br />

formuliert, desto besser: „Die jungen Leute sehen, dass sie auch ohne <strong>Recherche</strong><br />

im Journalismus schnellen Erfolg haben“. Für diejenigen, die wirklich Recherchieren<br />

lernen wollen, hat Fröhder einige Ratschläge parat: Zunächst sollten sie<br />

ein <strong>Recherche</strong>-Konzept entwickeln und das mit Kollegen besprechen. Dann nach<br />

dem Konzept arbeiten und alles, was sich dabei als nicht praxisgerecht herausstellt,<br />

präzise notieren, verändern – und das wiederum als Lernvorgang auswerten.<br />

Auf die Frage, ob er beim Recherchieren tatsächlich bestimmte Kniffe und<br />

Tricks anwende – junge Journalisten fragen immer wieder danach –, reagiert<br />

Fröhder zurückhaltend: „Wenn es überhaupt einen Kniff gibt, dann den, dem<br />

potentiellen Informanten klarzumachen, dass ich eine vertrauenswürdige Person<br />

bin.“ Dies bedürfe langer Vorarbeit. Man müsse schon einen guten Ruf haben und<br />

ihn mit Referenzen belegen können. „Irgendwann haben sich Informanten aus<br />

der Vielzahl der Journalisten für mich entschieden. Dann war das Tor in der Regel<br />

offen.“<br />

Fröhder erläutert das an einem Beispiel: Er recherchierte in einem Aufsehen<br />

erregenden Mordfall, von dem seinerzeit nur wenige Details bekannt waren.<br />

Wichtigste potenzielle Informantin war die Ehefrau des mutmaßlichen Mörders,<br />

die auch zeitweilig in Haft saß. Fröhder erzählt: „Ich habe erstmal ihren früheren<br />

Mann aufgesucht und mit ihm ausführlich gesprochen. Der kannte meinen Namen.<br />

Ich habe ihm Telefonnummern von Leuten gegeben, mit denen ich schon<br />

zusammen gearbeitet hatte. Dann habe ich ihre Eltern besucht, so zu sagen eine<br />

Aufwärmrunde hinter mich gebracht. Irgendwann kam dann die Frau aus dem<br />

Gefängnis. Sie war keine vier Stunden zu Hause, da rief ihr Ex-Ehemann bei mir<br />

an und sagte: Ich sitze mit Frau X und ihren Eltern hier zusammen. Vor dem Haus<br />

stehen etwa zehn Fernsehteams. Wir sind zu dem Schluss gekommen, dass wir<br />

diese Leute am besten loswerden, wenn wir Ihnen ein Interview geben und Sie im<br />

Anschluss daran draußen verkünden, dass Sie das Interview exklusiv bekommen<br />

haben.“ So sei er, erzählt Fröhder, zu einem Drei-Stunden-Interview gekommen,<br />

das dann am Abend in einer ARD-Sondersendung ausgestrahlt wurde.<br />

Gerade Politiker und andere Medienprofis befürchteten oft, dass ihnen ungelenke<br />

oder unvorsichtige Aussagen später um die Ohren geschlagen werden.<br />

Deshalb gebe Fröhder seinen Gesprächspartnern immer die Möglichkeit, ihre<br />

Antworten „vier, fünf oder auch sechs Mal“ zu geben – „bis sie davon überzeugt

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